Duft des Mörders
muss sich schonen.“
„Ich werde darauf achten.“ Vinnie kniff sie sanft in die Nase. „Und mach bitte nicht so eine besorgte Miene. Der Junge ist zäh. Da muss man schon mehr auffahren als zwei Schlägertypen, um ihn in die Knie zu zwingen.“
„Hat er euch erzählt, was passiert ist?“
„Er hat behauptet, jemand habe ihn überfallen“, antwortete Vinnie, fügte aber leiser hinzu: „Das hat er bloß erzählt, um seine Mutter zu beruhigen. Die macht sich sonst nur wieder Sorgen, womit sie mich manchmal in den Wahnsinn treibt.“
Mia, der nichts entging, trat zu ihnen. „Was tuschelt ihr da?“
Vinnie deutete auf das Sofa. „Wir haben über Frank gesprochen.“
„Er sollte im Bett sein“, murrte Mia.
„Bett oder Sofa – wo ist da der Unterschied? Wichtig ist nur, dass er liegt.“
Mia war davon nicht überzeugt. „Er sieht erbärmlich aus.“
„Er ist zusammengeschlagen worden“, betonte Vinnie. „Wie soll er da gut aussehen?“
„Vielleicht sollte er etwas essen“, überlegte Mia laut. „Frankie? Willst du ein paar Manicotti?“
„Jetzt nicht, Ma.“
„Du musst etwas essen. Wie willst du zu Kräften kommen, wenn du nichts isst?“
„Ich esse, wenn ich Hunger habe.“
Einen Moment lang wirkte Mia enttäuscht, dann fiel ihr ein, dass sie einen Gast hatten. „Du isst aber ein paar Manicotti, Jenna, oder? Ich habe sie heute frisch gemacht. Und es sind genug für uns alle da.“
Daran hatte Jenna keinen Zweifel. Sie dachte an Dannys Warnung und nickte: „Ja, gern, Mia. Danke.“
Eine halbe Stunde später saßen sie um das Sofa versammelt und aßen Manicotti. Frank hatte sie gebeten, in der Küche zu Abend zu essen, doch Mia war strikt dagegen gewesen.
„Wir essen hier, damit wir dich im Auge behalten können.“
Kurz nach acht stürmte Franks Schwester Lydia ins Haus.
Vom Erscheinungsbild her hätte sie die Zwillingsschwester von Britney Spears sein können. Sie war klein und kurvig, das blonde Haar reichte ihr bis auf die Schultern, und ihr voller Mund hatte eine kräftige rosa Farbe. Das übermäßig aufgetragene Make-up ließ sie allerdings gut zehn Jahre älter wirken als die vierundzwanzig, die sie in Wirklichkeit war, und ihre typischen blauen Renaldi-Augen strahlten trotz zu viel Mascara Unschuld aus.
Sie trug eine schwarze Lederkappe, eine dazu passende Lederhose, einen Rollkragenpullover, der den Bauch frei ließ, und darüber eine Weste, ebenfalls aus schwarzem Leder. Eine Vielzahl von silbernen Ketten lag um ihren Hals. Dazu trug sie große Silberohrringe.
Sie stemmte die Fäuste in die Hüften und sah ihren Bruder vorwurfsvoll an. „Also, Frankie! Wem hast du diesmal das Leben schwer machen wollen?“
34. KAPITEL
N ach dem Essen bestand Jenna darauf, beim Spülen zu helfen, auch wenn Mia dagegen protestierte. Lydia saß am Küchentisch und aß den Rest des Tiramisus, das Mia ‚heute ganz, ganz frisch‘ gemacht hatte, während sie ununterbrochen redete.
„Es macht mir nichts aus, als Verkäuferin zu arbeiten“, sagte sie zu Jenna. „Banana Republic ist ein großartiger Laden. Mir gefällt die Kleidung, außerdem bekomme ich Personalrabatt. Und ich kann von dem Gehalt auch meinen Schauspielunterricht bezahlen. Wusstest du, dass ich schon in drei Stücken mitgespielt habe?“
Ohne nachfragen zu müssen, erfuhr Jenna von Lydia mehr über die drei Off-Off-Broadway-Stücke – eines wurde nach der ersten Vorstellung von der Sitte abgesetzt, das zweite war so schlecht, dass die Zuschauer nach dem ersten Akt den Saal verließen und ihr Geld zurückverlangten, und im dritten spielte Lydia eine vom Pech verfolgte Prostituierte.
Doch obwohl sie bislang keinen wirklichen Erfolg vorweisen konnte, war Lydia optimistisch. „Diese Woche habe ich zwei Vorsprechtermine“, erzählte sie Jenna. „Einer davon könnte der große Durchbruch werden. Siehst du dir
Die Springfield-Story
an?“
„Das ist eine Soap, richtig?“
„Es ist eine
grandiose
Soap mit fantastischen Geschichten. Und jede Woche spielen bekannte Stars mit. Ich kenne die Frau, die die Marina spielt. Sie war in meiner Schauspielklasse.“
„So, Lydia“, sagte Mia nach einer Weile. „Von deinem Gerede wird mir allmählich schwindlig. Sieh lieber mal nach deinem Bruder. Vielleicht möchte er ja jetzt was essen.“
„Ich möchte nichts essen“, sagte Frank.
Erstaunt drehten sie sich um und sahen, dass er in der Küchentür stand. Er war zwar blass, konnte sich aber allein auf den Beinen halten
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