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Duftspur

Duftspur

Titel: Duftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sinje Beck
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mit dem Mensch befindet. Der Schatten will ihr den Beutel entwinden, sieht mich und haut ab, kullert eine Böschung hinab und wird von der Dunkelheit verschluckt.
    »Wer zum Henker war das?«, brülle ich sie an und versuche den Rauch nicht in mein Gehirn zu lassen und einen klaren Gedanken zu fassen. Gehörte der Schatten zu Michael oder war er zu breit dafür? Alfons? Warum?
    »Niemand«, antwortet sie und ergibt sich einem Hustenreiz.
    »Lass uns abhauen«, sagt sie. Tu es nicht, rät der Advokat und fügt mit der ihm eigenen ruhigen Beharrlichkeit an, dass es Zeit sei, die Polizei zu informieren.
    »Nein, wir warten jetzt gemeinsam auf die Polizei«, gebe ich die Anweisung weiter und halte sie fest am Handgelenk.
    »Sicher, und der werde ich dann erzählen, dass du es warst, der die Hütte angezündet hast«, keift sie zurück. Wann sie sich das wohl überlegt hat? Ein Zeichen emotionaler Intelligenz. Sich schnell auf neue Sachverhalte einlassen und selbstständig Lösungskonzepte erarbeiten, verlangen sie heute bereits von Verkehrszählern.
    »Bis jetzt hast du überhaupt nichts damit zutun, das kann sich schnell ändern und ich schwöre dir, du wirst wünschen mir nie in die Quere gekommen zu sein!« Ganz schön abgebrüht die Kleine, meint Kalle.
    »Ach, und warum sollte dir jemand glauben? Du bist auf Bewährung«, kontere ich.
    »Du hast etwas, woran die Polizei sehr interessiert sein könnte«, dabei grinst sie siegessicher.
    »Was hast du mir untergeschoben?«
    »Wart’s ab.« Das könnte ein Bluff von ihr gewesen sein. Vielleicht hat ihre Art Probleme zu lösen doch nichts mit emotionaler Intelligenz zu tun, sondern mehr mit Gewohnheit? Meine Verblüffung nutzt sie zu ihren Gunsten aus. Sie reißt ihr Handgelenk aus meiner Umklammerung und flüchtet. So eine Scheiße, denke ich und entschließe mich den Weg des kleineren Übels zu gehen, rase hinter ihr her den Berg hinauf, wie Speedy Gonzales, die schnellste Maus von Mexico, schön wär’s. Wahrscheinlich bewege ich mich in Slow Motion, zumindest habe ich das Gefühl nicht voran zu kommen. Zur Polizei kann ich jedenfalls später immer noch. Die Feuerwehr ist endlich zum Brandort vorgedrungen. Ich werfe einen flüchtigen Blick über meine Schulter. Eine Menschenmenge hat sich angesammelt, die Besitzer der umliegenden Häuser stehen in Nachtgewändern um die brennende Ruine herum, einige spritzen die Nachbargebäude mit ihren Gartenschläuchen nass. Jetzt kommt auch ein Polizeiwagen herangeprescht. Beamte steigen aus und sperren die Straße ab. Uns Abseitige verschluckt die Nacht. Im Licht eines Scheinwerfers meine ich Alfons zu erkennen. Nein, das könnte auch jemand anderes mit dunklem Haar gewesen sein. Meine Augen tränen vom beißenden Qualm.
     
    Das brennende Haus sieht von weiter oben aus, als speie ein auf dem Boden liegender Drache wütend und verzweifelt sein letztes Feuer. Billes Worte hallen in mir nach, während meine Lungen zu zerspringen drohen vor Anstrengung. 44 und immer noch kein Sprinter. Doch die Göre entkommt mir nicht! Sie rennt wie vom Teufel gejagt den Berg hinauf, gleich ist sie vor der Burgmauer angekommen. Sie scheint einen Moment zu überlegen, welche Richtung sie einschlagen soll. Das ist meine Chance. Ich krieg sie zu fassen. Gewonnen, ruft Kalle euphorisch. Ich zerre sie nach links durch das Burgtor, vorbei am Café, über die Brücke, wo einst eine Zugvorrichtung die Bewohner vor Schurken schützte, und rechts Richtung Hungerturm, der nicht mehr belagert ist, die Treppe hinauf und hinein in die karge Behausung. Die Tür kracht hinter uns ins Schloss. Unter normalen Bedingungen wäre der Knall aufgefallen, doch die Martinshörner und der dadurch entstehende Aufruhr stellen eine gute Tarnung dar. Völlig erschöpft fallen wir auf mein Bett, hustend und nach Luft schnappend. Aus dem Olympiakader der Läufer scheint Luca auch nicht zu sein. Ihr rasselndes Schnaufen übertönt bisweilen meines. Raucherin.
     

33
     
    Mein eigener Überlebenskampf dröhnt in meinen Ohren, das heiße Blut rauscht, zum Glück, die Lungenflügel klatschen stechend Beifall. Die Blase drückt. Lucas Augen entspringt ein Bach. Sie hat sich die blauen Wimpern angesengt. Jeder leidet für sich allein.
    »Ich hab Durst«, sagt sie. Ich hab aber nichts zu trinken da, denk ich und werde sie nicht alleine hier lassen. Sie deutet meinen bösen Blick richtig und sagt: »Du musst aber was holen.« Ob sie gleich mit dem Fuß aufstampft, wie ein verwöhntes,

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