Duftspur
zwei schlanke Menschen aneinander vorbei. Plötzlich geht hinter mir eine Lampe an. Ich bin in die Kreise eines Bewegungsmelders geraten und fühle mich ertappt. Niemand ist zu sehen. Es ist immer noch sehr still, fast so, als spiele die deutsche Elf gegen die Mannschaft der Türkei um die höchste Ehre auf dem Fußballolymp. Einzig der Cellist übt jetzt wieder mit Ausdauer eine Passage, die ihm hörbar anhaltende Schwierigkeiten bereitet. Nu mach endlich, drängelt Kalle mich. Leise schiebe ich mich Schritt für Schritt an der original Fachwerkwand entlang. Das Licht verlöscht wieder. In meiner Augenhöhe hat sie keine Fenster, erst aus der zweiten Etage glotzen zwei schwarze Augen leer in die Nacht. Aus der Finsternis funkeln mich zwei Augen an. Noch so ein Katzentier. Es macht einen Buckel, sträubt das Fell und schießt mit buschig aufgeplustertem Schwanz an mir vorbei. Die Ruine scheint eine Art Katzenasyl zu sein. Ich mache mich darauf gefasst noch mehreren dieser Kreaturen zu begegnen. ›Wir feiern hier ne Party und du bist nicht dabei‹, presst Herbert Grönemeyer eine Songzeile aus meiner Erinnerung heraus. Als ich um die Ecke biege und hinterm Haus angekommen bin, dringt ein ekliger Gestank in meine Nase. Verwesungsgeruch. Mäuse, schätze ich mal, denn wo Katzen ausgelassen feiern, gibt’s sicherlich Tote. Eine dunkle Wolke scheint sich verzogen zu haben und lässt das fahle Mondlicht durch. Im Gras vor mir schimmert etwas, ich beuge mich hinab, ein Fischauge glotzt mich an, Reste vom Menü. Die Rückseite des Hauses scheint überraschenderweise noch halbwegs in bester Fachwerk-Ordnung, sofern man das bei den Lichtverhältnissen sagen kann. Dunkel glänzend heben sich die Streben vor dem schmutzigen Weiß der Gefache ab. Im kleinen Garten erkenne ich die Umrisse eines Betonmischers, einen Haufen Sand und einen mit Steinen, gegenüber steht eine alte Zinkbadewanne, aus der beim Nähertreten ein Fliegenschwarm aufschreckt. Ich schrecke von deren Anblick ebenfalls auf und ziehe mich schnell wieder zurück. Die Fliegen verschwinden wieder in der Versenkung der Wanne. Eine Taschenlampe wäre jetzt nicht schlecht. Ich glaube nicht, dass du das sehen willst, murmelt der Kinderdetektiv, der befürchtet, dass in der Wanne eine Leiche liegen könnte, die gerade von den Mistfressern auf ökologische Weise im Kreislauf des Lebens behalten wird. Du musst da noch mal hingucken um sicher zu sein, sage ich mir. Vorsichtig und gewarnt schleiche ich wieder zur Wanne und erhasche einen Blick auf deren Inhalt. Sie ist leer, fast. Auf dem Boden und an den Wänden kleben die Fliegen auf etwas ... riecht stark nach Rost ... Eisen ... Blut? In älteren Filmen greifen die Ermittler mit ihrem Finger in solche Spuren, verreiben die Probe mit dem Daumen, schnuppern dran oder probieren es gar. Nee, das lass ich lieber. Das Zeug riecht nach Blut. Noch bevor ich mir über die Tragweite dieses Fundes klar werden kann, dringen Geräusche zu mir herauf. Ich stehe scheinbar in unmittelbarer Nähe eines Kellerlochs. Michael hat davon erzählt. Wie war das noch gleich? Der Besitzer grabe im Keller und das Haus sei genau richtig für seine Zwecke. Ja, so was in der Art hat er gesagt. Bewusst setze ich einen Fuß sacht vor den anderen und nähere mich der Hauswand mit dem Kellerloch halb unter der Erde. Jetzt bloß nicht gegen ein Steinchen treten, das dann dort in den Lichtschacht hinunterkullert und auf mich aufmerksam macht. Ich hocke mich neben die Öffnung und vernehme Schleifgeräusche. Irgendjemand zieht irgendetwas über den Boden. Jetzt kann ich auch ein Keuchen hören. Auf der anderen Seite der Hausrückwand erkenne ich eine niedrige Kellertür. Hier müssen einst Zwerge gewohnt haben. Ob ich es wagen sollte? Noch ehe ich zu Ende gezögert habe, sehe ich eine kleine Gestalt von rechts aus dem schmalen Spalt herausschlüpfen, die sich behände an dieser Tür zu schaffen macht. Tatsächlich, ein Zwerg. Er scheint einen Schlüssel zu haben. Während er sich eilig umschaut, bevor er hineingeht und ich mich eilig in den Schatten der Hauswand drücke, erkenne ich das kleine, weiße Gesichtchen unter der großen, schwarzen Kapuze. Es gehört Luca. Super, endlich habe ich dich wieder erwischt. Jetzt brauche ich nur noch abzuwarten, bis sie da rauskommt und dann stürze ich mich auf sie und liefere sie bei Alfons ab mit den Worten: hier, dein Job, ich pfeif drauf.
Nein, das wirst du nicht tun, tönt Maries Stimme aus mir heraus, als ich
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