Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
so mit Liebe überschüttet hast. Völlig bedingungslos, und er gab sie dir genauso zurück.“
Ich musste lächeln, weil er Recht hatte. In dieser Hinsicht war Fly genauso geduldig gewesen wie Van Gogh.
„Pferde zu lieben ist einfacher, als Menschen zu lieben. Sie verletzen einen nicht.“
„Ich habe nicht vor, dir wehzutun, Vera.“
Ich schwieg und dachte über das nach, was er gesagt hatte. Dass er mir nicht absichtlich wehtun würde. Aber auch wenn es nicht seine Absicht war, bereits ihn zu lieben tat mir weh. Ich dachte an all die anderen Mädchen, mit denen er etwas gehabt hatte und an deren Gesichter ich mich nicht mehr erinnern konnte. Dann schob sich ein anderes Bild in meinen Kopf, Selina.
„Wer hat eigentlich wem den Laufpass gegeben?“, fragte ich leichthin. Er verstand sofort, wovon ich sprach. Doch statt zu antworten gab er mir die Frage zurück.
„Was denkst du?“
„Ich weiß es nicht. Gestern in der Küche herrschte eine gewisse erotische Spannung zwischen euch.“ Ich schwieg.
Es dauerte, bis er antwortete, als würde er sich vorsichtig einen Weg durch schwieriges Gelände suchen. „Selina flirtet gerne mit Männern, und da wir mal sehr“, er suchte nach einem Wort, „eng zusammen waren, ist da natürlich eine gewisse“, noch eine Pause, „Verbindung, die Thomas nicht so gerne sieht.“ Ich dachte darüber nach, wie es mir im Fall von Thomas gehen würde, wenn ich merkte, dass meine Frau eine gewisse Anziehung zum ihrem Ex verspürte. Widerwillig konnte ich ihn verstehen, und mir wurde klar, weshalb ich gestern zum Spielball geworden war. Die Eifersucht musste raus, im Zweifelsfalle eben an mir. Ich seufzte tief.
„Also hast du Selina verlassen“, schloss ich daraus.
„Nein. Selina hat mich verlassen, weil sie sehr klug ist.“ Erstaunt drehte ich mich um. Er lächelte mich an und strich mir eine Strähne hinter das Ohr, die sich gelöst hatte.
„Wolltest du nicht den Stall mit mir machen?“, fragte er mich.
„Schon erledigt. Was ist mit deinem Problem in Kanada?“
„Tja, es sieht schlechter aus, als von mir befürchtet.“
Ich nickte verständnisvoll, obwohl ich mich am liebsten an ihn geklammert hätte.
„Sorry, aber ich muss dich noch mal alleine lassen und mich mit Erich und Thomas besprechen.“
„Henning, nur weil wir miteinander geschlafen haben, heißt das nicht…“ Er küsste mich auf den Mund, bevor ich meinen Satz zu Ende bringen konnte. Ich beschloss noch zu warten, bevor ich beendete, was gerade anfing. Etwas, von dem ich nicht wusste, ob ich es aushalten konnte.
„Bist doch noch da, wenn ich wiederkomme?“ Er sah mir tief in die Augen. Mein Kuss schien mehr gesagt zu haben als meine Worte.
„Hier ist mein Zuhause, wo sollte ich sonst sein“, flüsterte ich.
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, bevor er sich umdrehte und sich zu Fuß auf den Weg nach Hause machte. Duke gesellte sich zu mir, zusammen sahen wir ihm nach, bis er sich unseren Blicken entzog.
Ich wollte nicht mehr nachdenken und schon gar nicht meine Zeit damit verbringen, auf die Uhr zu schauen, bis Henning wieder aufkreuzte. Also beschloss ich, ein wenig mit den Pferden zu arbeiten. Als Erstes nahm ich mir Dumont mit einer Massage vor, bis sich seine Hinterhandmuskulatur locker anfühlte. Danach holte ich Duke in den Longierzirkel. Sein verletztes Bein war kräftig und kalt, die Wunde unter dem Verband verheilte rasch. Ich ließ ihn im Schritt seine Runden gehen. Obwohl er so lange gestanden hatte, waren seine Schritte kraftvoll und federnd. Ganz von sich aus brachte er die Hinterhand tief unter seinen Körper. Fasziniert beobachtete ich seine Bewegungen. Sein Rücken schwang elastisch mit, und er begann locker mit einem Trab. Ich spürte eine tiefe Sehnsucht in mir, auf seinen Rücken zu steigen und mich von ihm tragen zu lassen. Er schnaubte entspannt ab, schüttelte den Kopf. Dann verlangsamte er von sich aus das Tempo. Ich beschloss, dass es genug Belastung für das Bein war. Ich arbeitete mich durch die restlichen Pferde, einige von ihnen waren die Bodenarbeit mit mir gewohnt, andere waren schon lange nicht mehr so gearbeitet worden. Am meisten freute ich mich über die Arbeitslust von Lucky, als wir wieder gemeinsam unser Spiel auf dem Springplatz spielten. Er sprang von sich aus über die niedrigen Hindernisse, wobei er sich immer eine ideale Linie suchte. Ein weiteres Springtalent unter unseren Pferden.
„Ist das nicht der Hengst, der so viele Probleme bereitet
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