Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
mit Erich Sander tanzte. Grauenvoll der Gedanke, ich müsste wie Selina an der Seite von Henning durch die Gäste wandern und höflich Konversation betreiben. Größer hätte der Unterschied zwischen uns zwei Frauen nicht sein können. Worüber sprachen sie? Garantiert nicht über die nächste fällige Wurmkur für die Pferde oder ob es bald regnen würde, damit das Gras entsprechend wuchs. Je länger ich darüber nachdachte, desto weiter entfernte sich meine Welt von Hennings. Er mochte sich in meiner Welt bewegen können, aber dort zu leben war etwas anderes. Ich hätte wissen müssen, worauf ich mich einließ.
„Lass das meine Sorge sein.“
„Was ist mit dem Problem in Kanada?“
„Ich kümmere mich darum.“
„Aber du fliegst nicht rüber?“
„Verdammt noch mal, Thomas, wenn ich sage, ich kümmere mich darum, dann tue ich das auch!“
Thomas warf mir einen Blick zu. Ich kehrte ihm den Rücken zu, weil ich nicht wollte, dass mein Gesicht ihm zeigte, was ich fühlte.
„Nun, Vera, was denkst du, wie es weitergehen soll?“
„Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt das Haus verlässt“, mischte sich Henning in einem scharfen Tonfall ein, bevor ich etwas erwidern konnte.
„Keine Sorge, ich hatte auch nicht vor, länger zu bleiben.“
Wir schwiegen, bis wir den Motor seines Autos hörten. Langsam ging ich wieder zu meinem Platz gegenüber von Henning.
„Ganz schön anstrengend, dein Job. Kaum hier, schon musst du wieder nach Kanada.“
„Das ist nur im Moment so, bis die Produktion ordentlich läuft. Danach habe ich wieder mehr Zeit, versprochen.“
Ich betrachtete ihn. Seine Stirn nachdenklich gerunzelte, war er mit seinen Gedanken bereits bei seinem Problem in Übersee. Damit würde ich leben müssen. Genauso wie mit seiner Familie.
19
Die Stimmung war verflogen. Henning zog sich in das Büro von Papa zurück und fuhr den Computer hoch. Gleichzeitig klemmte er sich den Telefonhörer ans Ohr. Ich schloss die Tür zum Büro, so hatte er seine Ruhe. Da ich nicht wusste, was ich mit dem restlichen Tag anfangen sollte, flüchtete ich in den Stall. Die Pferde, der Geruch von Ammoniak, die Arbeit mit der Mistgabel, all das rückte mein Leben wieder in ein anderes Licht. Gestern, ich korrigierte mich, heute Morgen war ich jemand anderes gewesen. Ich ging zu Duke, der draußen auf dem Paddock stand, und lehnte mich an seinen Körper. Mir tat mein Herz weh, richtig weh. Das klang selbst in meinen Ohren kitschig, aber anders konnte ich es nicht beschreiben. Ich liebte Henning, egal, was passieren würde, das war mir klar geworden, und ich konnte es nicht einfach wieder abschalten. Ich hatte aber keine Ahnung, welche Gefühle er mir gegenüber hegte. Das alles war für mich neu, und es verunsicherte mich.
Dukes Körper spannte sich an, Henning stand am Zaun und beobachtete uns. Ich streichelte Duke beruhigend, er wirkte nicht nervös, einfach nur wachsam. Dann ging ich zu Henning, der die Hände in der Tasche hatte.
„Er bedeutet dir sehr viel“, stellte er fest. Ich drehte mich um, betrachtete Duke. Sein kupferfarbenes Fell glänzte in der Sonne. Die Ohren waren aufmerksam auf mich gerichtet. Seine klaren braunen Augen, der rechte Huf entspannt hochgestellt. In diesem Moment ließ ich ihn völlig in mein Herz hinein. Er war nicht so wie sein Bruder Flying High. Sein Charakter war viel sanfter, viel weicher, verletzbarer, verwirrt hielt ich in meinen Gedanken inne. Dachte ich immer noch über das Pferd nach, oder über Henning? „Ja, er bedeutet mir sehr viel“, antwortete ich, und auch da war ich mir nicht sicher, ob ich Duke meinte oder Henning.
„Weißt du eigentlich, dass es eine Zeit gab, wo ich auf Fly richtig eifersüchtig war?“ Wir lehnten uns gemeinsam mit den Armen auf die Stange. Duke verharrte an seinem Platz. Er machte keinerlei Anstalten, Henning anzugreifen. „Er ist heute erstaunlich tolerant zu mir“, stellte prompt auch Henning fest.
„Vielleicht liegt es daran, dass ich dich heute nicht angreifen möchte“, spottete ich. Duke wanderte in den Stall zurück, holte eine Rippe Heu heraus und zerkleinerte es genüssliche mit Blick auf uns. „Wieso warst du eifersüchtig auf Fly?“, hakte ich leise nach. Flying Highs Name ging mir überraschend leicht über die Lippen. Henning musterte mich von der Seite. Die Sonne hatte alle Pferde auf die Paddocks gelockt. Die Tiere dösten und tankten Energie. Auch mich hatte die Arbeit an der frischen Luft entspannt.
„Weil du ihn
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