Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
Zeit gelassen. Jeden Versuch von mir, alles zu beschleunigen, hatte er im Keim erstickt. Irgendwann war ich in der Lage, zwischen Lust und Genießen mich seinem Tempo anzupassen. Das war ein Fehler gewesen, denn ich hatte ihn so tief in mir aufgenommen, dass ich nicht mehr schlafen konnte. Während Hennings Atem gleichmäßig meine Haare streichelte, lag ich wach und heulte leise. Auf seinem Nachtisch stand das Bild von mir mit Flying High. Es war nicht auf der Kommode bei all den anderen Bildern. Ich wusste nicht, wie ich Henning wieder gehen lassen sollte. Allein die Vorstellung, dass er in ein paar Stunden in einem Flugzeug saß, machte mich völlig fertig. Aber mir fiel auch nicht ein, wie das Ganze weitergehen sollte. Selbst wenn ich den unwahrscheinlichsten Fall annahm, dass Henning mich so sehr liebte, dass wir für immer zusammenbleiben würden, was dann? Ich bei den Sanders am Tisch? Nein, das funktionierte nicht, zwischen uns lagen Welten. Genauso wenig würden die Sanders sich damit wohl fühlen. Ich wollte nicht zwischen ihm und seiner Familie oder gar der Firma stehen. Genauso wenig, wie ich mir nicht mehr vorstellen konnte, wieder ohne meine Pferde zu leben, so wenig konnte ich mir Henning ohne EKTASYS vorstellen. Ihn davon zu trennen, wäre genauso schlimm wie die Strafe, die ich mir zwei Jahre auferlegt hatte, als ich abgehauen war. Irgendwann würde es zwischen uns stehen, da war ich mir sicher. Und was, wenn er mich nicht so sehr liebte? Vielleicht war ich für ihn nur eine Herausforderung gewesen. Etwas, das sein Bruder gehabt hatte und das er nun auch wollte. Duke brauchte mich, genauso wie Papa. Der Hof musste wieder gut funktionieren, das war ich Papa schuldig. Außerdem spürte ich, dass ich endlich angekommen war, nach all der langen Zeit. Der Hof war mein Zuhause, und ich wollte ihn nicht wieder verlieren. Aber konnte ich bleiben, mit der Gefahr, immer wieder Henning über den Weg zu laufen? Andererseits würde er vielleicht gar nicht mehr auf dem Hof erscheinen, sondern einen Bogen darum machen, so wie damals Thomas.
Seine Hand löste sich von mir, er drehte mich auf den Rücken und beugte sich über mich. „Weinst du, Vera?“
„Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken.“ Schnell wischte ich mir die Augen trocken. Er griff über mich, zog seine Schublade auf und holte Papiertaschentücher heraus. Ich schnäuzte mich. Henning strich mir die Haare aus dem Gesicht, küsste mich auf die Stirn. „Ist es wegen dem Bild, soll ich es wegstellen?“
Ich folgte seinem Blick. „Mochtest du ihn?“
„Du meinst bis auf die Tatsache, dass ich wahnsinnig eifersüchtig auf ihn war? Ja, er war ein außergewöhnliches Pferd.“
Ich streckte meine Hand zum Foto, strich mit den Fingern über das Gesicht von Fly.
„Es tut mir leid, dass ich an dem Tag nicht für dich da war.“
„Du bist mit Selina nach Kanada geflogen, das war wichtiger.“
„Nein, ich bin alleine geflogen. Selina hat mir bereits an dem Abend den Laufpass gegeben.“
„Warum hat sie das gemacht? Hatte sie sich in Thomas verliebt?“
„Vielleicht, ich weiß es nicht.“
„Wie konntest du das so einfach akzeptieren?“
Er lachte. „Wer sagt, dass es einfach war?“
Mein Gesicht färbte sich rot. „Bettina meinte das, weil du ja auf der Hochzeit der Trauzeuge von Thomas warst.“
„So, so, Bettina, und ihr glaubst du, wenn es um mich geht?“
„Nein, heute nicht mehr. Hast du Selina geliebt?“
„Selina ist eine intelligente, schöne Frau, die sehr genau weiß, was sie will. Ja, natürlich, ich war verliebt in sie.“
Ich drehte mich auf die Seite und sah das Bild an. Weder war ich schön, noch besonders intelligent.
„Liebst du sie immer noch?“
„Vera, sie hat mir den Laufpass gegeben, weil es ihr nicht gereicht hat, wie ich sie liebte.“
„Du weichst mir aus.“
„Ich mag sie immer noch, und ich wünsche ihr, dass sie mit Thomas glücklich wird. Beantwortet das deine Frage?“
„Ja“, flüsterte ich leise. Ich spürte, dass er mich das Gleiche Fragen wollte, doch ihm schien es schwerer zu fallen.
„Ich weiß nicht, ob ich in Thomas damals verliebt war. Es ist auf der Wohltätigkeitsgala passiert, als deine Mutter mich zwang, dort zu erscheinen. Ich war wütend, fühlte mich hässlich und deplatziert an dem Abend. Thomas dagegen war außergewöhnlich nett, sensibel und liebevoll zu mir.“
„Und wie stehst du jetzt zu ihm?“
„Ich mag ihn, und wünsche ihm, dass er mit Selina glücklich
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