Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
hochgeschwungen, mit weißer Jeans, hellblauer Bluse und einer Steppweste. Sie beobachtete uns beim Aufbauen des Parcours. Interessanterweise fand ich sie nicht halb so aufregend wie sonst. Thomas verschwand nochmals in den Stall, um ein paar Fahnen zu holen. Auch diese hatte ich wohlüberlegt weggelassen, Lady war sehr schreckhaft. Ich blieb mit Selina alleine auf unserer kleinen Tribüne sitzen, die an der langen Seite von unserem Platz aufgebaut war. Mir fiel es schwer, mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen, und ich hatte nicht die geringste Ahnung, worüber ich mit Selina sprechen sollte.
„Wie ich sehe, hat dir Henning sein Auto überlassen.“
„Es am Flughafen stehen zu lassen kostet Geld“, antwortete ich lahm. Diesen Satz hatte ich mir zurechtgelegt, nachdem das Auto auf unserem Hof stehen geblieben war. Sie sah mich aufmerksam an.
„Liebst du ihn?“
Ich wand mich unter ihrem Blick. Das war nun wirklich kein Thema, worüber ich ausgerechnet mit ihr reden wollte.
„Ich frage mich was er an dir findet.“
Ich schwieg und fragte mich, warum Thomas so lange brauchte, um ein paar Fahnen aus dem Stall zu holen. Wäre es unhöflich, Selina alleine sitzen zu lassen? Sicher, aber das wäre mir sogar egal gewesen. Was mich abhielt, war der Gedanke, ob sie mir nachlaufen würde. So wie sie mich mit ihrem Mann beim Aufbau des Parcours beobachtet hatte, schien sie eifersüchtig zu sein.
„Vielleicht hat er es nur einfach nicht verkraftet, dass du ihm nicht hinterhergelaufen bist. Na ja, ist auch egal, jetzt hat er mit dir geschlafen und der Reiz ist weg. Für Therese bist du eh keine Konkurrenz, und Erich ist ganz vernarrt in sie. Wie sagt er doch immer gleich zu Henning: Zwei solche Schwiegertöchter, und er wäre der glücklichste Mensch auf der Welt.“
„Welche Therese?“, rutschte mir die Frage raus. Gleich darauf ärgerte ich mich, denn ihrem Gesichtsausdruck entnahm ich, dass ich ihr auf den Leim gegangen war.
„Therese Vanderbilt, vielleicht hast du sie ja gesehen auf der Party. Henning und sie waren den ganzen Abend unzertrennlich.“
Die blonde Frau hatte also einen Namen. Natürlich erinnerte ich mich ans sie, sehr gut sogar.
„Sie ist die jüngste Tochter von dem Vanderbilt, der mit seinem Unternehmen im Grunde eine Konkurrenz von uns ist, allerdings arbeiten wir bei der Entwicklung des neuen Steuerelements in Kanada zusammen. Die Technologie ist von uns, die Maschinen für die Produktion von den Vanderbilts.“
Ihre Freude, mir das alles zu erzählen, schien unglaublich groß. In mir schrillten die Alarmglocken. Ich verbiss mir die nächste Frage, doch Selina war gar nicht mehr zu bremsen in ihrem Redefluss.
„Therese ist zusammen mit Henning nach Kanada geflogen, schließlich ist sie die Spezialistin für die Maschinen. Aber das weißt du bestimmt schon, nicht wahr?“
Ihr war natürlich klar, dass ich es nicht wusste, woher hätte ich den Zusammenhang kennen können. Henning hatte mir davon nichts erzählt. Genauso wenig, wie dass er mit dieser Therese zusammen geflogen war. Allerdings erinnerte ich mich an seinen hektischen Abschied am Flughafen, nachdem er eine SMS über sein Handy bekommen hatte. Ich dachte, dass er nur rechtzeitig einchecken wollte. Wie naiv ich doch war. In dem Moment kam Thomas mit den Fahnen, steckte sie rechts und links neben das dritte Hindernis und kam zu uns auf die Tribüne. Sein Blick ging von Selina zu mir.
„Alles klar bei euch?“
„Ja, wir haben uns gerade sehr nett unterhalten“, erwiderte Selina mit einem strahlenden Lächeln und klopfte neben sich. Aber Thomas ignorierte die Geste und setzte sich zwischen uns. Was seiner Frau ganz offensichtlich missfiel, denn sie wandte sich nun mit einem starren Ausdruck dem Platz zu. Thomas hingegen tat so, als würde er die Reaktion von Selina gar nicht wahrnehmen. Ich rückte ein wenig von ihm ab.
Melanie trug ihr komplettes Turnier-Outfit und hatte den ganzen Morgen damit verbracht, Lady herauszuputzen. Wie auf einem echten Turnier stellte sie sich frontal zu uns auf, grüßte und startete. Nervös knetete ich meine Finger. Thomas starrte konzentriert auf den Platz. Ich fand es furchtbar, hier zu sitzen, ohne weiteren Einfluss auf das Geschehen nehmen zu können. Zum ersten Mal konnte ich nachempfinden, wie es meinem Vater immer gegangen war. Mit leichter Hand brachte Melanie Lady in den Galopp, visierte den ersten Sprung an und kam rüber. Sie blieb sowohl in der ersten als auch in der
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