Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
ich meinem Vater.
„Du hast ganz schön gewirbelt“, meinte er, als ich hereinkam. Er ging suchend den Gang runter, ich wusste, wen er suchte. Bevor ich ihn warnen konnte, war er bereits an Dukes Box und öffnete die Tür. Voller Panik machte ich zwei schnelle Schritte auf ihn zu, aber meine Sorge war völlig umsonst. Freudig wiehernd kam Duke aus dem Paddock in die Box und ließ sich von Papa die Stirn kraulen.
„Na, mein Feiner, hast du mich vermisst? Du weißt doch, dass Pferd so etwas nicht machen, nicht wahr. Aber wir beiden wissen es besser, richtig? Du hast mich vermisst. Ich dich auch.“
Er wandte sich mir zu. „Wo ist die Verletzung?“
Ich ging zu den beiden in die Box. Duke stupste mich an, ich kniff ihn in die Nase, bückte mich und zeigte Papa die Verletzung. Der Verband war inzwischen ab. Das Fell wuchs bereits in einem hellen Ton über der Wunde. Der Schnitt sah wie eine Zacke aus. Er strich darüber, fühlte das Narbengewebe darunter, runzelte die Stirn, weil es eine Verdickung gab durch die Verwachsung. Das stellte kein Problem dar, war allerdings optisch ein Makel für einen Hengst.
Natürlich sah er sofort die anderen feinen Narben von den Peitschhieben. „Was genau ist passiert? Und diesmal bitte nicht die Schonvariante.“
Ich erzählte ihm von dem Unfall. Dann erklärte ich ihm meine kurze Panik, als er die Box von Duke geöffnet hatte. Dass er erst der zweite Mensch war, den er nicht anzugreifen versuchte.
„Das wundert mich nicht“, meinte Papa. „Dieser Mistkerl von Wagner hat ihm ganz schön zugesetzt. Genauso wenig sind Thomas und Duke miteinander klar gekommen. Henning allerdings mag er, normalerweise. Schließlich wird er ständig von ihm verwöhnt.“
„Henning verwöhnt Duke?“
Papa grinste und schwieg.
„Dann verstehe ich nicht, weshalb er mir wegen ihm die Pistole auf die Brust gesetzt hat.“
„Wie meinst du das?“
„Er meinte, wenn er noch einmal einen Menschen verletzt, würde er ihn einschläfern.“
Papa runzelte die Stirn. „Das hast du bestimmt falsch verstanden, Vera.“
Ich schwieg, weil ich Papa nicht beunruhigen wollte. Henning hatte es so gemeint und nicht anders. Die Frage war, ob es inzwischen für mich eine Möglichkeit gab, ihn mit anderen Argumenten zu überzeugen. Ich dachte an die Art, wie es Selina tat. Verwarf es aber gleich wieder, denn als nächstes Bild sah ich Therese Vanderbilt, die Henning mit einem gekonnten Augenaufschlag ansah.
„Was bleibt, ist die Frage, wer ihn in Zukunft reiten soll“, dachte Papa laut nach.
„Das mache ich.“ Ich lächelte und streichelte den Hals von Duke. „Allerdings wird das noch ein Weilchen dauern, bis wir das wagen können. Nicht wahr, mein Schöner.“
Ich sah die Freude auf dem Gesicht meines Vaters. Er zog mich in seine Arme, drückte mich und küsste mich auf die Haare. „Du weißt gar nicht, wie glücklich du mich machst.“
Doch, ich wusste es, denn es macht mich genauso glücklich wie ihn. Es war schön, Papa wieder an meiner Seite zu haben.
„Wieso steht eigentlich Hennings Auto vor dem Stall?“, fragte mich Papa, als wir wieder ins Haus gingen. Mama warf ihm einen strengen Blick zu. Ich wand mich umständlich, mir wollte keine sinnvolle Antwort einfallen.
„Hat jemand Lust auf Kuchen?“, fragte Mama fröhlich.
Gemeinsam aßen wir Kuchen und machten danach einen langen Spaziergang. Sam begegnete uns, mit dem sich Papa sofort in ein Gespräch vertiefte. Mama und ich schlenderten weiter. Abends saßen wir zusammen und redeten und redeten, bis mein Handy klingelte. Belustig sahen sich meine Eltern an, als ich es ganz selbstverständlich aus meiner Hosentasche zog.
„Hallo“, begrüßte ich meinen Anrufer kurz angebunden. Es gab schließlich nur einen Menschen, der mich auf dem Handy anrief. Neugierig beobachteten mich meine Eltern. Ich stand auf. Gestern war unser Telefonat nicht besonders lang gewesen.
„Bist du allein?“, fragte Henning am anderen Ende.
„Nein“, antwortete ich einsilbig.
„Oh.“ Es wurde still. Ich schwieg, weil ich noch nicht weit genug vom Haus entfernt war.
„Wer ist bei dir?“
„Mama und Papa sind heute zurückgekommen.“
„Ach so“, seine Stimme klang erleichtert.
„Was dachtest du denn?“
„Nichts.“
Ich runzelte die Stirn, sein „Nichts“ klang zu beiläufig.
„Wissen sie das mit uns?“, fragte Henning.
„Nein“, antwortete ich vorsichtig.
„Willst du es ihnen sagen?“
„Nein.“
„Kannst du auch etwas
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