Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
drückten gegen seine Flanken, bevor ich weiter darüber nachdenken konnte. Wir mussten abspringen. Gehorsam folgte das Pferd meinem Kommando. Blitzartig zuckten zwei Bilder durch meinen Kopf. Papa, wie er im Stall das Vorderbein mit dem losen Hufeisen in seiner Hand hielt. Thomas, der in seiner weißen Turnierreiterhose neben Flying High stand und aufmerksam die Arbeit des Hufschmieds beaufsichtigte. An diesem letzten Bild war alles falsch. Thomas hatte noch nie Fly gehalten, und Ahnung von der Arbeit eines Hufschmieds besaß er genauso wenig. Jetzt war es zu spät. Egal, weshalb Flying High vor dem Absprung gezögert hatte, seine Vorderhand hob sich bereits in die Luft, mein Kopf lag flach an seinem Hals, der feuchte Dampf aus seinem Fell legte sich auf meine Wange. Die Haare seiner Mähne wehten mir in die Augen. Reflexartig schlossen sich meine Lider, der Rest lag jetzt nur bei ihm.
Ein beklemmendes Gefühl machte sich in meinem Innersten breit. Mit der Kraft seiner Hinterhand katapultierte er uns in die Höhe, bevor er seine Beine eng an seinen Bauch zog. Für einen kurzen Moment schwebten wir frei in der Luft, dann wirkte die Schwerkraft, und wir senkten uns Richtung Boden. Ich verlagerte das Gewicht meines Körpers nach hinten. Fly streckte seine Vorderbeine aus, um den Sprung sicher abzufedern. Seine rechte Vorderhand berührte die Erde, die linke folgte. Er rutschte weg, verlor den Halt und stolperte. Ein Ruck ging durch seinen Körper. ich konnte die unerwartete Bewegung nicht abfangen. Die Zügel glitten mir durch die Hände, ich versuchte mich mit den Fingern in seiner Mähne zu verkrallen, aber der Schwung war zu groß, er schleuderte mich über seinen Kopf hinweg nach vorne. Panisch sah ich die gelbschwarzen Stangen des zweiten Hindernisses viel zu schnell auf mich zukommen. Schützend zog ich instinktiv meine Hände vor das Gesicht, rollte mich ein, um die Wucht des Aufpralls abzufedern, für mehr blieb mir keine Zeit. Als ich auf die Stangen prallte, loderte der Schmerz wie ein flammendes Feuer durch meinen Körper. Ein greller Schrei drang an mein Ohr. Dann hörte ich das Knacken, als ob man ein Streichholz achtlos mit seinen Fingern zerbricht. Ich schloss die Augen, fühlte, wie mein Kopf gegen einen Widerstand geschleuderte wurde, spürte, wie das Material des Helms der Wucht des Aufpralls nachgab und zersplitterte. Einfach liegen bleiben, mich bloß nicht bewegen, schoss es mir durch den Kopf, gelähmt von den Schmerzen in meinem Körper. Mir wurde schwarz vor Augen, doch die Bewusstlosigkeit wich der nackten Überlebensangst, als der Pferdekörper meiner Sturzbahn folgte und mich unter sich begrub. Keuchend schnappte ich nach Luft, meine Lungen fühlten sich wie zerquetscht an. Heiße Feuchtigkeit verband sich mit meinem eigenen Schweiß. Schaum flog mir ins Gesicht. In meinem Gehirn spulte sich der Film meines Lebens ab. Einzelne Szenen traten schärfer hervor. Meine Mutter, wie sich mich in die Arme nahm, mir tröstend über das Haar strich, nachdem ich mir das Knie beim Fahrradfahren aufgeschlagen hatte. Mein Vater, auf dessen Schoß ich saß, eingekuschelt an seiner Brust, die mich beschützte und wärmte. Fly, der im Gras lag, die Beine unter seinen Körper und sich die Sonne auf sein Fell scheinen ließ, während ich ihn als Rückenstütze zum Lesen benutzte. Thomas, der sich über mich beugte und küsste. Sein feuchter Körper, der sich an meinen schmiegte. Hennig, der mich in seine Arme zog und dessen Herz ich klopfen hören konnte. Ich wollte nicht sterben. Ich schluchzte auf, drückte Fly mit den Händen weg. Dann fühlte ich, wie sich Fly aufzurappeln versuchte. Hufe trampelten auf mein Bein. Ein weiteres Keuchen rang sich aus meiner gepeinigten Brust, zu einem Schrei waren meine Lungen nicht mehr in der Lage. Mit den Händen zog ich mich weg und gewann Abstand von der Gefahrenzone. Um mich herum lagen Stangen, Ständer, Büsche und lila zertrampelte Blumen. Alle Gegenstände zeichneten sich in den scharfen Linien des Flutlichts ab. Ich nahm wahr, wie Fly erneut zusammenbrach und gleich noch einen Versuch startete, um wieder auf die Beine zu kommen. Doch weder das eine Vorderbein noch sein Hinterbein konnten den schweren Körper mehr tragen.
Als ich aufschrie, wusste ich nicht mehr, ob es meine Schmerzen waren oder seine, die durch mich hindurchloderten. Ich versuchte aufzustehen, brach aber zusammen, meine Beine wollten mich genauso wenig tragen. Mit letzter Kraft, zog ich mich zu
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