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Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)

Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)

Titel: Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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meinem Pferd, das inzwischen still am Boden lag. Er versuchte nicht mehr aufzustehen, er hatte aufgehört zu kämpfen. Seine Augen starrten mich angstvoll an. Ich konnte das Weiße darin sehen. Ich streckte die Hand aus, berührte seine weichen Nüstern. An meine Nase drang ein metallischer Geruch. Ich sah das Blut an meinen Händen, dort, wo sie seine Nüstern berührt hatten. Entsetzt starrte ich darauf, Salz brannte auf der Haut meines Gesichts. Die Angst aus seinem Auge wich, das Weiß verschwand, ich konnte seine Iris wieder sehen. Mein Blick bohrte sich in sein Auge. Ich tauchte ein in die tiefe Schwärze seiner Pupillen.
    Menschen erschienen in meinem Gesichtsfeld, doch die Stimmen drangen nicht mehr zu mir, als wäre ich taub geworden. Hände zerrten an mir, neue Schmerzen zuckten durch meinen Körper, ich stöhnte auf, krallte meine Finger in die Mähne von Fly, niemals würde ich ihn verlassen. Meine Augen waren unverwandt auf seine gerichtet. Verzweifelt versuchte ich ihn festzuhalten mit diesem Blick, doch dann sah ich, wie das Licht darin zerbrach, ich wurde aus der Tiefe hochgespült in das kalte, nackte Licht der Scheinwerfer. Gleichzeitig konnte ich wieder hören.
    „Vera, um Gottes Willen. Machen Sie doch etwas, wo bleiben die Sanitäter! Vera, Kind, hörst du mich?“ Sanft strich eine raue Hand über meine Wange.
    „Stefan, lebt sie noch? Sag doch was, Stefan.“
    Aus meiner Brust kam ein Schluchzen. Die Augen von Fly trübten sich, ein letzter warmer Hauch aus seinen Nüstern streifte meine Hand. Kälte machte sich in mir breit. Ruhig lag sein Körper auf dem Boden. Ich schrie auf, griff mit meiner zweiten Hand in seine Mähne, zerrte an ihm, versuchte ihn zu wecken, aber er rührte sich nicht mehr. Sein Kreislauf war zusammengebrochen, das Herz stehen geblieben. Es hatte der Anstrengung, der Panik, den Verletzungen nicht standgehalten. Dunkelheit griff nach mir. Meine Finger lösten sich aus der Mähne, ich verlor meinen Halt. Jemand befestigte etwas um meinen Hals. Feuchtigkeit tropfte auf mein Gesicht, vermischte sich mit der Nässe, die sich dort bereits befand.
    „Sie müssen uns Platz machen, sonst können wir nicht helfen.“
    Ich hörte auf, mich zu wehren. Die Dunkelheit um mich herum verdichtet sich, hüllte mich ein, nahm mir den körperlichen Schmerz. Dankbar ließ ich mich in sie hineingleiten, es gab nichts mehr, was ich ihr noch entgegensetzen wollte.

3

    Ich wälzte mich im Bett hin und her. Es war kurz vor fünf. In meinem Kopf kreisten die Gedanken. Ich wusste, es war zwecklos, ich würde nicht mehr einschlafen können. Das erste Licht der Morgendämmerung tauchte das Zimmer meiner Kindheit in helle und dunkle Schatten. Fast zwei Jahre war es her, dass ich hier meine letzte Nacht verbracht hatte. Damals war mir klar geworden, dass ich es nicht einen Tag länger auf dem Hof ertragen würde. Mein Körper mochte wieder in Ordnung sein, mein Herz war es nicht. Und jetzt lag ich wieder hier in meinem Zimmer. Eigentlich war mir alles vertraut, zugleich fühlte sich alles fremd an.
    Ich war nicht mehr der Mensch, der ich früher gewesen war. Ich hatte mich verändert. Die letzten Jahre waren keine glücklichen Jahre gewesen. Aber ich hatte wieder gelernt zu leben, oder zumindest so etwas ähnliches. Immerhin war ich jeden Tag aufgestanden, hatte gegessen, getrunken und war abends ins Bett gegangen. In der Anfangszeit meines Erwachens im Krankenhaus waren mir solche alltäglichen Dinge schwergefallen. Ich konnte stundenlang auf einen Flecken an der Wand starren oder mitten in der Bewegung innehalten, wenn ich aß. Genauso brachte ich die Zeit durcheinander. Manchmal wusste ich nicht, ob es abends oder morgens war. Von den Wochentagen ganz zu schweigen.
    Die Krankenschwestern waren erstaunlich geduldig mit mir gewesen, wie meine Eltern. Nach und nach hatte sich mein Zeitgefühl gebessert. Ich nahm wieder Anteil an dem, was um mich herum passierte. Als ich erfuhr, dass ich nach Hause durfte, überkam mich neuerliche Panik, ich fiel zurück in meine Starre. Mir wurde klar, dass ich nicht zurückgehen konnte. Ich versuchte, es meinen Eltern zu erklären, aber angesichts der Freude in ihren Augen blieben mir die Worte im Hals stecken. Tapfer fuhr ich also mit ihnen nach Hause. Mama plapperte unaufhörlich, während mich Papa schweigsam beobachtete. Ich versuchte, ihrem Wortschwall zu folgen und meine Angst in den Griff zu bekommen. Was mir nicht gelang. Zu Hause brach Papa allein zu

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