Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
seinem Rundgang auf, Mama blieb bei mir. Aber ich flüchtete mich in mein Zimmer, wo ich mich auf mein Bett setzte und in der Dunkelheit auf meine Hände starrte, die zitternd in meinem Schoß lagen.
In der Nacht beschloss ich zu gehen. Die Sachen, die ich mitnahm, passten in einen Rucksack. Leise schlich ich mich aus dem Haus, denn mir war klar, dass mich meine Eltern in keinem Fall gehen lassen würden. Sie hatten ihr Leben für mich verändert und sie litten darunter, das sah ich ihnen an. Ohne Ziel brach ich blindlings auf, stiefelte erst durch den Wald, bis ich zur Straße kam, dann lief ich in den Ort. Ratlos setzte ich mich in die Bushaltestelle, ich hatte keine Ahnung, wohin ich gehen sollte. In den ersten Bus, der an der Haltestelle hielt, stieg ich ein. Er brachte mich in die nächste Stadt, die leer war. Ich lief durch die Straßen. An dem Fenster eines Reisebüros blieb ich stehen. Ein Ticker mit Last-Minute-Angeboten zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich rief mir ein Taxi und ließ mich zum Flughafen bringen. Ohne Reisepass könne ich mich nur innerhalb der EU bewegen, erklärte mir ein junges Mädchen am Schalter des Reisbüros. Ein paar Stunden später saß ich in einem Flieger nach Kreta. Es war der erste Flug in meinem Leben, und das Einzige, was ich von Kreta wusste, war, dass es eine griechische Insel war.
In der Ankunftshalle überfiel mich eine Panikattacke, ich begann zu hyperventilieren. Dazu die laut krachenden Durchsagen in einer Sprache, die ich nicht kannte. Selbst die englischen Durchsagen konnte ich nicht verstehen. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich gehen sollte. Was suchte ich hier? War ich wahnsinnig geworden? Zwei Jungs mit Rucksack, Rasterlocken und abenteuerlichem Outfit nahmen sich meiner an, bevor ich zusammenklappte. So ging es los.
Und so lernte ich Griechenland kennen, fuhr von Insel zu Insel und kam mit einer ganz neuen Lebensweise in Berührung. Nichtstun, Genießen, anderes Essen, andere Sprachen, andere Mentalitäten, und ich lernte viele neue Menschen kennen. Ich ließ mich weiter treiben nach Schweden, Norwegen, Finnland, Italien, Portugal und Spanien. Für einen kurzen Moment faszinierte mich die jeweilige Lebensart der Menschen, meistens noch mehr die Landschaft, dann holte mich mein eigenes Leben wieder ein und ich spürte den Drang weiterzuziehen. Auf Fuerteventura ging mir das Geld aus. Der Zufall wollte, dass die Schwester meiner Pensionswirtin in einem Hotel arbeitete, das gerade nach einer deutschsprachigen Kellnerin suchte. Nach zwei Tage zur Probe durfte ich bleiben. Wieder zu arbeiten war jetzt eine neue Erfahrung für mich. Meine jahrelang geschulte Beobachtungsgabe von körperlichen Signalen und mein Mitmachen bei den Festen der Sanders halfen mir bei dem neuen Job. Und wenn ich auch weit davon weg war zu sagen, dass ich mich wohlfühlte, so hatte mein Leben wieder einen Rhythmus gefunden.
Ich ließ meinen Blick durch mein Zimmer schweifen. Ich kannte jedes Möbelstück, jedes Bild, jedes Buch. Mein Blick fiel auf die Wand mit dem fehlenden Bild. Papa oder Mama hatten es damals vorsorglich entfernt, als ich nach dem Unfall nach Hause gekommen war. Als ob es nur die Bilder an den Wänden gewesen wären. Was war mit all den Bildern, die tief in mir vergraben lagen? Ich schloss die Augen und riss sie gleich wieder auf, aus Angst, etwas zu sehen, das ich nicht aushalten konnte. Ich stöhnte. Wie sollte ich Ruhe finden hier an dem Ort, an dem alles Vergangenheit war. Vor lauter Anspannung verkrampften sich meine Muskeln, und ich sprang auf. Wie immer war es die linke Wade, ein Stöhnen kam mir über die Lippen. Ich streckte und verkürzte den Muskel, bis ich merkte, wie sich der Krampf löste. Das konnte ja heiter werden. Ich schüttelte mich, wie ein Pferd, das sich im Dreck gewälzt hatte und nun den Staub loswerden wollte.
Jetzt war ich vollkommen wach. Entnervt zog ich ein Longshirt, eine blaue Bluse und meine neuen Jeans an. Leise schlich ich mich die Treppe runter in die Küche. Wie früher stand eine Thermoskanne mit heißem Tee auf der Anrichte. Sie war für die Menschen, die vor dem Frühstück in die Kälte mussten, um die Pferde zu füttern. Eine Angewohnheit von meinen Eltern, die sich scheinbar nicht geändert hatte. Geändert hatte sich nur, dass ich die Kanne nicht mehr nutzte, und auch mein Vater würde sie heute nicht benötigen. Ich schluckte. Ich spürte die Tränen in meinen Augen. Flenn jetzt bloß nicht rum, sagte ich zu mir und biss die
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