Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
die Stirn, genau wie ich es gemacht hatte. Dann ging sie auf seine andere Seite. Mir nickte sie nur kurz zu.
„Ich hab jetzt alles unterschrieben. Du wirst gleich operiert. Der Arzt macht einen kompetenten Eindruck. Er sagt, es wäre alles Routine, wir bräuchten uns keine Sorgen zu machen.“ Ich sah ihr an, dass das Gegenteil der Fall war. Auch Papa konnte es sehen.
„Was haben sie denn vor?“
„Sie können keine Stands machen, weil wohl die Arterien zu dicht sind, also bekommst du jetzt drei Bypässe verpasst.“
Meine Mutter fing an zu weinen, was mich völlig überforderte. Mein Papa drückte wieder meine Hand. „Kümmere dich um deine Mama.“ Ich stand auf, ging zu Marianne rüber und nahm sie in den Arm. Sie wehrte sich nicht. Ich streichelte ihren Rücken, schließlich fasste sie sich.
„Tut mir leid. Ich wollte nicht rumheulen.“
Ich setzte mich wieder zu Papa und nahm seine Hand. Sein Herzschlag, der sich prompt erhöht hatte, als Mama weinte, beruhigte sich wieder. Mama setzte sich auf die andere Bettkante und versuchte tapfer ein Lächeln. Die Zeit verstrich, wir schwiegen. Jeder hing seinen Gedanken nach, aber keiner wagte etwas zu sagen. Was geschah bei einer Bypass-Operation? Ich hatte nicht den blassesten Schimmer, nur der Begriff war mir geläufig. Offensichtlich wusste meine Mutter besser Bescheid, denn die Falten gruben sich von Minute zu Minute tiefer in ihr Gesicht. Wieder drückte Papa meine Hand. Er nickte mir zu, er hatte eine Entscheidung getroffen.
„Ich glaube, ihr geht jetzt besser, dann kann ich mich noch ein bisschen ausruhen vor dem großen Ereignis.“ In seinen Augen sah ich die Angst.
„Bist du sicher?“
„Ja.“
Mama stand erleichtert auf. Sie küsste Papa auf seine Wangen und ganz sacht auf den Mund. „Wir sehen uns morgen.“ Stefan nickte stumm. Ich sah ihn forschend an.
„Geh mit Mama, das ist in Ordnung.“
Wir verließen beide schweigend die Station, nachdem wir uns ein weiteres Mal die Hände gewaschen und desinfiziert hatten. Unten im Foyer hielt Mama an.
„Ich glaube, ich brauche jetzt erst mal einen Kaffee oder etwas Stärkeres.“ Wir gingen in das Krankenhausbistro, das erstaunlicherweise noch aufhatte. Ich nahm einen Espresso, Mama einen Cappuccino. Marianne rührte in ihrer Tasse.
„Was macht man bei einer Bypassoperation?“
Sie sah auf und seufzte tief.
„Sie schneiden ihm den Brustkorb auf, nehmen Adern aus den Beinen, holen das Herz heraus, legen mit den Adern irgendwie neue Zugänge in die oder an die Arterien. So ungefähr.“
„Das hört sich ganz schön wild an.“
„Angeblich alles Routine.“
Schweigend hingen wir unseren Gedanken nach. Ich verspürte das Bedürfnis, wieder zu Papa zu gehen. Mich an sein Bett zu setzen und seine Hand zu halten, bis sie ihn holten. Was, wenn er das alles nicht überlebt? Alles, was Mama gesagt hatte, löste furchtbare Vorstellungen bei mir aus. Während Mama es auf einmal sehr eilig hatte, fiel mir der Gedanken, Papa alleine zu lassen, bis man ihn für die Operation holen würde, immer schwerer. Wir waren gerade am Ausgang angelangt, als eine Stimme uns hinterherrief.
„Frau Kamphoven!“ Mama und ich drehten uns gleichzeitig um. Schwester Brigitte kam mit eiligen Schritten den Gang herunter. Sie sah unsere besorgten Blicke.
„Nein, nein. Es ist so weit alles in Ordnung.“ Sie stockte. „Nur, könnten Sie vielleicht noch etwas bleiben? Das mit der OP verzögert sich, und Ihr Mann“, sie sah kurz zu mir, „Ihr Vater scheint mir etwas nervös zu sein.“
Mamas Hände krampften sich um ihre Handtasche. Ich legte meine Hand beschützend auf ihre Schulter.
„Mama, ist es in Ordnung, wenn ich bleibe? Kommst du allein klar?“
Ihr Gesicht entspannte sich. „Würdest du das machen? Ich glaube, ich schaffe das heute einfach nicht mehr.“ Sie schluckte.
„Klar, Mama. Mach dir keine Gedanken. Ich mache mir nur Sorgen um dich.“
„Das brauchst du nicht. Ich sehe mir gleich ein schönen Film oder zwei oder drei an und warte, bis das Krankenhaus sich meldet.“ Sie wandte sich zu Schwester Brigitte. „Sie sagen mir doch heute noch Bescheid, oder?“
„Natürlich. Ich werde es meiner Kollegin ausrichten, die dann Dienst hat.“
„Aber wie kommst du nach Hause, Vera?“
„Kein Problem, ich nehme den Bus oder ein Taxi.“
„Bist du sicher?“ Ich wusste, dass die Frage nur noch rhetorisch war. Ich küsste Mama rechts und links, drückte sie noch einmal und ging dann mit
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