Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
linke Seite der Terrasse, der breitere Teil, war mit einem Segeltuch überdacht. Links im Raum befand sich die Küche mit einer Theke, die in den Raum zeigte, dahinter stand ein Esstisch. Rechts fiel mein Blick in ein Wohnzimmer mit einer gemütlichen Couch sowie Schwingsesseln. Zwischen dem Esszimmer und dem Wohnzimmer befand sich ein kleiner Kamin, von Glas umgeben, sodass man das Feuer von beiden Seiten sehen konnte. Henning ging rüber, und wenige Minuten später fing das Holz an zu knistern. Ich stand schüchtern am Eingang.
„Möchtest du was trinken? Hast du Hunger?“
„Ja, beides, wenn ich ehrlich bin. Aber wenn du gleich deine Videokonferenz hast, kann ich mir auch selber was machen.“
Er warf einen Blick auf seine Uhr. „Nein, ein paar Minuten habe ich noch Zeit. Was möchtest du trinken? Wasser, Wein oder Tee?“
„Tee wäre prima.“
Während Henning in der Küche hantierte, wanderte ich durch den Raum. Im Wohnzimmer ging rechts noch ein Gang ab. Ich wanderte ihn entlang, bis er nach einem weiteren Knick wieder zum Eingang der Wohnung führte. Eine interessante Bauweise. Ich konnte also einmal im Kreis gehen und es wirkte, als ob es zwei Räume wären, die im Inneren lagen.
Als ich wieder in der Küche ankam, lächelte mir Henning zu. Ich ging ins Wohnzimmer. Es war nur spärlich möbliert, dafür sehr geschmackvoll. An den Wänden hingen große gerahmte Fotografien. Sie alle zeigten Landschaftsaufnahmen. Ein umgestürzter Baum auf einer Lichtung mitten im Wald, mit Moos verhangen, das an manchen Stellen wie ein Bart herabwuchs. Eine andere Fotografie zeigte Bergspitzen in einer lilafarbenen Morgenröte. Unten war alles fast schwarz, Nebelfelder lagen über den Tälern. Dann eine Wüstenlandschaft mit strahlend blauem Himmel und einer grellen Sonne am Firmament. Ich wanderte von Bild zu Bild, völlig fasziniert von der Natur. An dem Wüstenbild konnte ich die Hitze spüren, bis mir auffiel, dass ich in der Nähe des Kamins stand, in dem inzwischen die Flammen über das Holz tanzten. Meine Fantasie amüsierte mich. Doch die Bilder waren beeindruckend.
Henning reichte mir einen Becher mit dampfendem Tee. Er roch würzig, nach Zimt und anderen Gewürzen. Ich pustete und nippte vorsichtig daran. „Hm, lecker, was ist das für einer?“
„Chai. Gefallen dir die Bilder?“
„Ja. Sie sind fantastisch. Ich habe das Gefühl, mitten drin zu stehen. Wer hat die gemacht?“
„Marco. Erinnerst du dich noch an ihn?“
Ich runzelte die Stirn. Der Name kam mir bekannt vor, doch ich konnte ihm kein Gesicht zuordnen.
„Der Bruder von Selina. Er war eine Woche mit uns da, bevor wir nach Kanada geflogen sind.“
Jetzt fiel mir wieder ein Gesicht zu dem Namen ein. Er war einen Kopf kleiner als seine Schwester gewesen. Gedrungene Figur, ein wenig Übergewicht. Er war ständig mit einem Fotoapparat herumgelaufen. Und auf einmal kam ich mir völlig lächerlich vor. Seit meinem Unfall hatte ich nie wieder an die Zeit davor gedacht. Henning war ja verlobt gewesen, und er war mit Selina nach Kanada geflogen. Also war er inzwischen verheiratet. Vermutlich lebten sie in Kanada. Seltsam, daran hatte ich vorhin im Auto gar nicht mehr gedacht. Ein wenig komisch fand ich es, dass sie ihn nicht nach Deutschland begleitet hatte. Oder war sie vielleicht schwanger und wollte nicht fliegen. Henning als Vater? Ich sah ihn nachdenklich an.
„Ja, ich erinnere mich. Sag mal, Henning, was sagt denn Selina dazu, wenn du fremde Frauen in deinem Apartment übernachten lässt?“
„Wieso, was sollte sie dagegen haben?“, fragte er lächelnd zurück. Stimmt, dachte ich, wenn man so aussieht wie Selina, machte einem vermutlich keine andere Frau Angst.
„Ganz abgesehen davon schlafen keine Frauen“, er betonte die Mehrzahl, „in meiner Wohnung. Sondern hauptsächlich Mitarbeiter von unseren Niederlassungen. Und nun kommen Sie, Frau Kamphoven, das Essen ist angerichtet.“
Der Gedanke, mit einem verheirateten Mann in einer Wohnung zu übernachten, hatte alle Bedenken in mir mit einem Schlag weggewischt. Hennings Spaghetti mit Krabben schmeckten gut, und ich lud mir, trotz seinem vielsagenden Blick, eine zweite Portion auf. Ich bat ihn, mir von Marco und seinen Bildern zu erzählen. Wusste er, wo sie entstanden waren? Das Wüstenbild stammte aus Dubai. Die Berge waren die Rocky Mountains. Wo das Bild mit dem Baumstamm gemacht worden war, wusste er nicht. Als wir mit dem Essen fertig waren, sah Henning auf seine
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