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DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend

DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend

Titel: DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Höhe zuwinken mögen.
    Adieu Sagesse!
    Die Sirene hallte ein letztes Mal, ein Echo der Überlebenden, die von hier ins Weite entwichen. Wogende See, grauer Himmel…
    »Gute Nacht, Sam.«
    »Gute Nacht, Sir.«

    »Was ist bloß in den alten Ferguson gefahren?« fragte der junge Clubsekretär eines Tages. »Ich bin ihm heute auf dem Weg zum Golfplatz in die Arme gerannt, und der Alte pfiff tatsächlich vor sich hin und lachte mich übers ganze Gesicht an. Und er winkte mir zu. Ich war baff, ehrlich. Wahrscheinlich wird er nun total kindisch.«
    »Wenn Sie mich fragen«, ertönte die feierliche Stimme Ehrwürden Travers', »so ist es etwas anderes und leider bedeutend Schlimmeres. Es ist mir schrecklich unangenehm, dergleichen über einen alten Freund zu sagen, und niemand respektiert Ferguson so wie ich. Aber da Sie mich nun einmal um meines Herzens Meinung gefragt haben: Ich fürchte, der Unselige hat sich dem Trunk ergeben.« Er schüttelte wehmütig den Kopf und nippte mit bedenklicher Miene an seinem Whisky.
    »Aber wo zum Teufel – pardon – versteckt er das Zeug?« fragte Oberst Strong, einstiger Kolonialoffizier. »Ich hab ihn nie was Besseres als Sprudel trinken sehen. Und er hat mir sein Lebtag nichts Gescheites angeboten.«
    »Wahrscheinlich säuft er in der Victoria-Bar«, meinte der junge Sekretär, »da finden sich ja die meisten unserer alten Trunkenbolde. Oder, das ist wahrscheinlicher, er tut's heimlich im Büro oder zu Hause. Ziemlich unwürdig für einen Mann seiner Stellung – oder wie meinen Sie? Ich finde, man sollte die Obrigkeit diskret darauf aufmerksam machen.«
    »Ich bin nur froh, daß er nirgends im Vorstand ist«, ließ sich der Geistliche wiederum vernehmen. »Er würde uns überall in die peinlichsten Situationen bringen. Nichtsdestoweniger fühle ich mich verpflichtet, der Sache nachzugehen – natürlich in taktvoller Weise. Ich werde zunächst einmal bei Mrs. Ferguson vorfühlen. Noch in dieser Woche.« Hierbei schwebte ihm, rein zufällig, auch die Erinnerung an Mrs. Fergusons selbstgebackene Sesamkekse vor; aber er mußte sich wohl auch im Interesse der Allgemeinheit über Qualität und Menge von Fergusons Whiskyvorrat unterrichten.
    »Ich persönlich habe ihn ja immer etwas wunderlich gefunden«, fuhr der Sekretär fort, der seinen eigenen Gedankengang verfolgte. »Wissen Sie noch, wie er vor etwa zehn Jahren den alten Kahn ersteigert hat, noch dazu von einem Schwindsüchtigen? Dabei hatte er gar keine Verwendung dafür. Wunderlich… das ist noch ein sehr mildes Wort. Nun kommt aber das Schönste: Letzte Woche hat er sich Handwerker kommen lassen. Der Mast – und wie all das Zeug heißt – ist abgehobelt und frisch gebeizt worden. Der Rumpf wird bemalt. Alle Luken standen offen. Ich bin extra auf die Böschung geklettert, um genau zu sehen. Nun, was da auch vor sich gehen mag – mich geht's schließlich nichts an.«
    Reverend Travers trompetete in sein Taschentuch.
    »Hoffentlich will er das Boot nicht zu irgendwelchen – äh – unlauteren Zwecken benutzen? Ihre Andeutungen klingen – äh – sehr beunruhigend. Haben Sie – oder sonst jemand – vielleicht schon ein Licht an Bord bemerkt, ich meine, nachts?« Er blickte bedeutsam in die Runde.
    Wer konnte da mit Sicherheit behaupten, es gäbe keine Orgien oder Bacchanalien, sogar hier im ehrbaren Maltby?
    »Also, um die Wahrheit zu sagen«, tuschelte der Sekretär eifrig, »ich habe ihn neulich beobachtet, wie er mit der hübschen, wirklich sehr hübschen Tochter des Krabbenfischers Sam Collins plauderte. Richtig, es war erst vorgestern. Eben fällt es mir ein. Und es war in einem ziemlich dunklen Winkel an der Kirchenmauer. Eigenartiger Platz für eine harmlose Unterhaltung, wenn man es recht bedenkt. Für unliebsame Beobachter kaum zugänglich – oder was meinen Sie?«
    »Wahrlich!« tönte der Geistliche. »Und – hm – haben Sie vielleicht trotzdem etwas von dem Gespräch mit angehört?«
    »Ja, ich muß es zugeben«, sagte der Sekretär betont obenhin. »Er fragte sie, ob sie finanziell noch von ihrem Vater abhängig sei… Ziemlich mehrdeutig, wie?«
    Oberst Strong fuhr mit puterrotem Kopf in die Höhe.
    »Mehrdeutig?! Das ist eindeutig – nur zu eindeutig! Dieser schamlose alte Faun! So was gehört ausgepeitscht!«
    »Ich bin nun seit über dreißig Jahren hier in Maltby ansässig«, erklärte Reverend Travers, »und ich habe nie etwas Derartiges gehört…« Er war so erschüttert, daß er sofort einen

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