Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Titel: Dumm gelaufen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
Vom Netzwerk:
Aufgabe, und er ist zufrieden. Vielleicht, kommt es mir in den Sinn, sind wir alle so. Am Ende ist es ganz einfach.
    »Ich bin nicht da«, entgegne ich, »was du siehst, bin nicht ich. Ich liege nämlich bereits in meiner Tasche und schlafe.«
    Er blickt vom Konferenztisch auf. Die beleuchtete Lupe macht aus seinem rechten Auge eine Bowlingkugel. »Das ist bedauerlich«, stellt er fest, »schließlich warst du es, der es wissen wollte.«
    Ich will in meine Kammer gehen und den Deckel meiner Laptop-Tasche über mir schließen, doch es gelingt mir nicht. Nervt ohne Ende, mein Bruder, kriegt mich aber immer wieder. »Der
was
wissen wollte?«, frage ich.
    Rufus lässt die Lupe an seinen Klettgurt zurückschnalzen, lehnt sich nach hinten und zieht eine Metalldose aus der Puppenvitrine, die mit einer Knetmasse gefüllt ist. In dieser Masse ist etwas Weißes eingebettet, das mein Bruder vorsichtig herauslöst und ins Licht hält.
    »Lass mich nicht fragen müssen, Rufus«, warne ich ihn.
    Mein Bruder rümpft pikiert sein Näschen. »Also bitte: Ich habe mir erlaubt, in deiner Abwesenheit die Partikel, soweit das möglich war, zusammenzusetzen und so die ursprüngliche Form des Projektils zu rekonstruieren. Das Ergebnis habe ich in 3 D gescannt und einen Gipsabdruck angefertigt. Herausgekommen ist das hier.«
    »So sah das Geschoss aus, bevor es zerplatzt ist?«
    »Zu 96  Prozent.«
    Respekt. »Und das alles, während ich bei Kong war?«
    »Immerhin hast du dir« – Rufus checkt seine rosa Herzchenuhr – » 72  Minuten Zeit gelassen.«
    Ich gebe es auf – die Sache mit dem Schlaf. Benommen tapse ich in den Raum. »Zeig her.« Vorsichtig nehme ich Rufus den runden, noch feuchten Gipsabdruck aus den Krallen. Wenn man ein Band daran befestigen und zwei Zeiger draufkleben würde, könnte es als Armbanduhr durchgehen. »Irgendeine Ahnung, was das sein könnte?«
    »Denke schon.«
    Von unter unserem Konferenztisch zieht Rufus etwas Schwarzes hervor. Ein zweites Smartphone! »Nur für den Notfall«, entschuldigt er sich. »Vorgängergeneration. Aber zum einfachen Surfen reicht es.«
    »Woher …?« Nach dem ersten Wort breche ich ab. Ist mir doch egal, wo er das Ding her hat.
    Rufus stellt es auf den Tisch und lehnt es gegen die Zuckerdose. Sofort erscheint der Abguss, den ich in der Klaue halte, auf dem Display, nur in braun und mit einem Textblock versehen.
    »War nicht so einfach herauszufinden. Die Schweizer hüten ihre Geheimnisse besser als die Deutschen.«
    »Die Schweizer?«
    »Was du da in der Klaue hältst, ist ein NMK 32 , ein Schweizer Gummigeschoss, das für Spezialeinsätze entwickelt wurde und das es offiziell gar nicht gibt. Anders als andere Gummigeschosse streut es nicht, sobald es den Gewehrlauf verlässt, sondern erst, wenn es auf sein Ziel trifft und zerplatzt. Abgefeuert wird es hiermit.« Rufus zeigt mir das Foto eines schwarzen Monstrums, das selbst Sylvester Stallone Freudentränen in die Augen treiben würde. »Der Less-Lethal-Launcher  GL - 06 «, verkündet Rufus, als hätte er selbst ihn entwickelt. »Wird von Brugger Thomet hergestellt. Schweizer Fabrikat.«
    »Die Schweizer«, murmele ich.
    Rufus nickt anerkennend.
    »Und damit kann man einem Rennpferd bei vollem Galopp das Bein wegschießen?«
    »Spielend.«
    Ich lege den Abguss in seine Form zurück und lasse mich in meinen Schwimmflügel fallen. »Kannst du das Licht so einstellen, dass ich dabei vielleicht sogar nachdenken kann?«, frage ich.
    »Gute Idee.« Rufus nimmt das Smartphone und wischt auf dem Display herum. »Ich ziehe es hoch auf 630 .«
    Ich verfolge, wie aus dem Blau langsam Grün wird und das Grün stufenlos in ein warmes Orange mündet. Sonnenaufgang in Fast Forward.
    »Damit ist bewiesen, dass der Unfall von Stardust kein Unfall war«, überlege ich.
    »Sondern Mord«, ergänzt mein Bruder.
    Ich beginne gerade zu überlegen, was das für unseren Fall bedeutet, als eine schrille Stimme an mein Ohr dringt: »Ray? Rufus? Seid ihr da unten?«
    Im nächsten Moment streckt Marcia ihren Kopf in unser Headquarter: »Ray, da oben ist … Wow! Habt ihr’s cool hier! Voll abgespaced!« Sie kommt herein und dreht ihre Klauen im Licht. »Voll freaky irgendwie!«
    Sofort richtet Rufus sich auf: »Marcia«, sagt er streng, »die Minus-zwei-Ebene ist ausschließlich dem Clanchef sowie den Männchen aus dem ersten Wurf vorbehalten. Du hast hier keinen Zutritt!«
    »Wenn ich keinen Zutritt habe«, erwidert Marcia keck, »wie kann ich

Weitere Kostenlose Bücher