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Dumpfbacken

Dumpfbacken

Titel: Dumpfbacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Klein
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ihn an. »Mir geht es gut, verstehst du? Gut, gut, gut! Er ist es. Er ist bekloppt.«
    »Okay, okay, ganz ruhig. Dir geht es gut, und er ist bekloppt. Dann lass uns jetzt mal in deine Wohnung gehen und das Radio wieder ausmachen. Darüber wird er sich sehr ärgern. Er wird keine Macht mehr über dich haben.«
    Misstrauisch sah ich Sven an. Machten das Psychologen nicht so? Den Irren recht geben? Oder glaubte er mir doch?
    Wir gingen zwei Häuser weiter zu meiner Wohnung. Vor meiner Tür sah ich ihm fest in die Augen. »So, und nun wirst du sehen, dass ich mir nichts einbilde. Ich habe ein kleines Stück Papier zwischen Tür und Rahmen gesteckt. Du wirst sehen, dass das nicht mehr da ist.« Ich schloss die Tür auf, und ganz langsam segelte das kleine Stückchen Papier zu Boden.
    »Hm, das verstehe ich nicht«, murmelte ich. »Aber gut, er ist gerissener, als ich dachte.« Sven sagte gar nichts, sondern wollte in die Wohnung.
    »Halt«, hielt ich ihn auf. »Wir müssen auf alles vorbereitet sein«, sagte ich und holte meinen Elektroschocker aus der Tasche. »Wenn er sich hier versteckt hat, dann jag ich ihm gleich mal 750 000 Volt in den Kopf.«
    Sven sah mich erschrocken an. »Mensch, Alice, nun ist aber gut. Steck das Ding da sofort wieder weg, bevor du noch einen von uns verletzt. Wir machen jetzt das Radio aus, und alles wird gut.«
    Er ging dem Lärm in der Küche entgegen und drückte den Ausknopf am Radio. Die Stille war nur kurz, denn jetzt hatte ich etwas gesehen und schrie laut auf. »Da! Siehst du das? Die hat er da hingestellt. Er will mich fertigmachen.«
    Sven folgte meinem Blick. »Du meinst die Blumen? Damit will er dich fertigmachen?«
    Auf dem Küchentisch stand eine Kristallvase mit fünf Rosen, die so dunkelrot waren, dass sie fast schwarz wirkten. Ich kannte weder die Rosen noch die Vase. »Genau«, murmelte ich in Svens Richtung. Ich hatte also recht gehabt. Er war hier in meiner Wohnung gewesen. Was wäre mit mir passiert, wenn ich auch hier gewesen wäre?
    »Wer ist ›er‹ denn eigentlich?«, fragte Sven beiläufig.
    »Ist eine lange Geschichte, nennen wir ihn einfach ›er‹. Und, glaubst du mir jetzt?
    »Glaubst du dir denn?«, wollte Sven wissen. »Denn weißt du, du brauchst Hilfe. Du hast an der Tür gesehen, dass hier niemand reingekommen ist. Diese Dinge passieren nur in deinem Kopf. Aber, wie gesagt, so was kann durch Stress ausgelöst werden. Du musst zu einem Arzt und dir helfen lassen.«
    Mir war klar, dass ich mir nur noch selbst helfen konnte. Aber Sven würde mir gar nichts mehr glauben, darum ging ich darauf ein. »Vielleicht hast du recht. Aber ich brauche trotzdem ein neues Schloss.«
    »Das musst du leider selbst bezahlen, dafür bin ich nicht zuständig. Wenn du willst, sag ich einem Schlosser Bescheid, der meldet sich dann bei dir. Und geh bitte zum Arzt, ja?«
    »Klar, mach ich. Ich muss jetzt los.« Ich schob ihn aus der Wohnung und ging zu meinem Auto. »Danke für deine Hilfe. Und mach dir um mich keine Sorgen, es wird alles gut.«
    Was für ein Elend. Das war ja der reinste Psychoterror, den Hollerbeck da abzog. Wusste er, dass ich letzte Nacht nicht zu Hause war, oder war er eigentlich gekommen, um mir sonst was anzutun? Jedenfalls hatte er schon mal genau das erreicht, was er anscheinend erreichen wollte – ich war ein nervliches Wrack. In Nicks Wohnung angekommen, machte ich erstmal eine Flasche Wein auf und trank das erste Glas fast auf ex. Ich musste etwas unternehmen. Nach dem zweiten Glas fiel mein Blick auf den Block mit meinen Fragen. Da war auch Grusel-Gunthers Handynummer notiert. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, wählte ich und wartete voller Angst auf das Klingeln. Doch stattdessen hörte ich nur eine Ansage. »Dieser Anschluss ist nicht vergeben.« Hatte ich mich verwählt? Ich prüfte erst die gewählte Nummer nach, dann guckte ich sie mir noch mal in der SMS an. Nein, sie war richtig. Ich wählte noch zweimal, aber jedes Mal mit demselben Ergebnis. Das konnte nur ein Prepaid-Handy gewesen sein, wahrscheinlich, wenn man das Konto nicht wieder auflud, verfiel die Nummer. Ob ich jetzt einfach mal zum Geisterhaus fahren sollte? Wieder vor dem Maisfeld parken und mich dann vorsichtig ranschleichen? Aber draußen war es schon so dunkel, und ich traute mich nicht. Am besten, ich würde mal einen der nächsten Tage hinfahren.
    Um mich abzulenken, nahm ich den Wein und ging rüber zu Jersey. »Hey, musst du heute noch arbeiten, oder hast du Zeit

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