Duncans Lady
Angst eingeflößt – und tue es noch. Es sind gute Menschen. Mein Vater ist der Kirchenälteste in unserer Gemeinde. Er und meine Mutter sind sich sehr sicher, dass sie immer die richtigen Antworten haben, und in ihren Antworten ist kein Platz für eine Tochter, die Dinge sehen kann, bevor sie passieren. Damals erzählten sie dem Pfarrer, was ich gesagt hatte, und er erklärte, so ein Gerede käme vom Teufel. Ich wurde bestraft und musste versprechen, mit dem Lügen aufzuhören. Ich brauchte eine ganze Zeit, bis ich verstand, was sie meinten. Ich bekam Angst, überhaupt irgendetwas zu erzählen, weil ich mir nicht immer sicher war, ob das, wovon ich berichten wollte, schon stattgefunden hatte oder erst in der Zukunft geschehen würde. Wenn ich einen Fehler machte, wurde ich bestraft, und die Strafen wurden jedes Mal härter.“
Sie hielt inne und nippte an ihrem Tee. Duncan wusste nicht, was er sagen sollte. Er wollte nicht zulassen, dass er Mitleid mit dem Kind empfand, das Mara gewesen war, weil das bedeuten würde, dass er ihr die Geschichte glaubte. Trotzdem regte sich sein Mitgefühl. Und Ärger über die unsensiblen Menschen, die sie aufgezogen hatten.
„Als ich zur Schule kam, hatte ich bereits gelernt, alles für mich zu behalten. Aber ich hatte jedes Selbstvertrauen verloren. Ich sprach kaum, und wenn, dann stotterte ich. Meine Eltern schickten mich auf eine weit entfernte Schule, weil sie sich meiner schämten. Die Schule hatte einen strikten Lehrplan und starre Verhaltensregeln. Wenn es überhaupt möglich war, wurde ich noch stiller. Inzwischen hatte ich gelernt, meine Visionen zu ignorieren. Ich zweifelte sogar daran, ob sie echt waren.“
„Aber offensichtlich ist etwas geschehen, das Sie Ihre Meinung ändern ließ“, sagte Duncan.
Sie nahm ihren Crumpet aus dem Feuer und bestrich ihn mit Butter. Sie aß ihn bis zum letzten Krümel, ohne ein Wort zu sprechen. Er beobachtete, wie sie in das rauchige Torffeuer starrte. Vermutlich durchlebte sie in Gedanken diese Jahre noch einmal und erinnerte sich daran, wie es sich angefühlt hatte, eine Außenseiterin zu sein. Er konnte ihr Leid fast körperlich fühlen. Er wusste nicht, was mit ihm los war. Er wollte diese Verbindung zu ihr nicht spüren.
Schließlich rieb sie die Hände und wandte ihm das Gesicht zu. „Als ich alt genug war, um mich für einen Beruf zu entscheiden, wollte ich Krankenschwester werden. Ich vermute, die Art, wie ich aufgewachsen war, weckte in mir den Wunsch, für andere Menschen da zu sein, die leiden mussten. Ich dachte sogar, wenn ich den Menschen helfe, würde ich aufhören, mir einzubilden, ich könnte ihre Zukunft sehen. Ich bewarb mich in einem Krankenhaus in Edinburgh. Zuerst, als wir nur Theorieunterricht hatten, dachte ich, ich hätte die richtige Entscheidung getroffen. Ich entdeckte, dass ich in einer entspannten Umgebung schnell lernte, und dass die Welt viel interessanter war, als man mich immer glauben lassen wollte. Aber dann begannen wir, mit den Kranken zu arbeiten. Zuerst nur ein wenig, dann immer mehr, je mehr unser theoretisches Wissen es zuließ. Ich stellte fest, dass ich nach einer Begegnung mit einem Patienten, egal, wie kurz es gewesen war, sagen konnte, ob er leben oder sterben würde.“
Duncan setzte seine Tasse ab. Mara hatte seine Sympathie geweckt, aber damit war es jetzt vorbei. „Nachdem Sie einen Menschen einmal gesehen hatten?“
„Aye. Ich weiß, wie das klingt, Duncan. Ich kann nichts tun, damit es sich anders anhört.“
„Wollen Sie damit sagen, Sie mussten nur in ein Zimmer gehen und schon wussten Sie, ob ein Patient sterben würde?“
„Es war sogar noch schlimmer. Ich hatte nie zuvor in einer großen Stadt gelebt. Plötzlich war ich ständig von Menschen umgeben. Eines Tages in meinem zweiten Ausbildungsjahr war es, als hätte jemand die Fluttore geöffnet. Ich konnte nicht durch die Straßen gehen, ohne dass die Eindrücke der Menschen um mich herum auf mich einstürmten. Dieser Mann wird nächsten Monat sterben. Dieser dort wird jemanden verlieren, den er liebt. Das Kind dieser Frau lebt im Ausland und hat eine unheilbare Krankheit, die noch nicht diagnostiziert war. Ich blieb so oft wie möglich in meinem Zimmer. Ich ging nur nachts nach draußen, wenn die Gefahr nicht so groß war, dass die Straßen überfüllt waren. Ich suchte mir meine Freunde sorgfältig aus und umgab mich nur noch mit Menschen, deren Zukunft für mich nicht erkennbar zu sein schien.“
„Das ist
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