Dune 01: Der Wüstenplanet
immer noch wurde die Maschine hin und her gewirbelt. Paul wartete eine günstige Gelegenheit ab. Immer noch waren starke Turbulenzen meßbar.
Der nächste Luftwirbel brachte den Thopter zum Erzittern, aber Paul machte keine Anstalten, ihm dadurch zu entgehen, daß er die Maschine nach links abgleiten ließ.
Jessica beobachtete das Manöver auf dem Höhenmesser.
»Paul!« schrie sie.
Der Luftwirbel wirbelte sie herum, warf sie von einer Seite auf die andere, hob den Thopter hoch, wie ein Blatt, und spuckte ihn wieder aus, wie einen Spatz, der vom Wind erfaßt worden ist und dessen die Naturgewalten überdrüssig geworden sind. Staub war um sie herum, irgendwo leuchtete der zweite Mond.
Paul schaute nach unten, sah die staubige Sandwolke in sich zusammenfallen und registrierte, daß der Sturm am Absterben war. Er ergoß sich wie ein Sturzbach in die Wüste hinein, und seine Kraft nahm von Sekunde zu Sekunde ab, als würden die Dünen seine Macht in sich aufsaugen.
»Wir sind draußen«, flüsterte Jessica.
Paul änderte den Kurs und suchte den nächtlichen Himmel ab.
»Wir haben sie abgehängt«, meinte er einfach.
Jessica fühlte das Klopfen ihres Herzens und zwang sich, ruhiger zu werden. Der Sturm, der unter ihnen weiterhin abnahm, entglitt ihren Gedanken, und ihr Zeitgefühl sagte ihr, daß sie sich mindestens vier Stunden in seinem Bereich aufgehalten haben mußten. Ihr waren diese Stunden wie ein ganzes Leben erschienen, und sie fühlte sich wie neugeboren.
Es war wirklich so wie in der Litanei, dachte sie. Wir sahen der Furcht ins Gesicht, ohne uns zu widersetzen. Der Sturm war in uns und um uns. Jetzt ist er fort, und nur wir bleiben zurück.
»Das Geräusch der Schwingen gefällt mir nicht«, sagte Paul plötzlich. »Möglicherweise hat irgend etwas sie beschädigt.«
Er fühlte durch seine Hände, daß die Schwingen auf seine Anweisungen irgendwie anders reagierten. Sie hatten jetzt zwar die Gefahr des Sturmes hinter sich, befanden sich aber noch nicht dort, wo sie sich laut seiner vorhergegangenen Vision hätten befinden müssen. Aber immerhin waren sie entkommen. Paul atmete erleichtert auf.
Ihn schauderte.
Die Tatsache war magnetisierend und erschreckend, und er fragte sich, woran das lag. Ein Teil seines Schreckens, fand er, war sicherlich darauf zurückzuführen, daß er längere Zeit keine Nahrung mehr zu sich genommen hatte, die Gewürz enthielt. Andererseits ... auch die Worte der Litanei hatten ihre Auswirkung auf ihn gehabt. Sie waren eine Kraft in sich selbst.
»Ich werde keine Furcht ...«
Ursache und Wirkung: Er lebte trotz der bösartigen Kräfte, die nach seinem Leben trachteten, und hatte es nur der Tatsache zu verdanken, daß er sich im Moment eines drohenden Gleichgewichtsverlusts auf Worte gestützt hatte, die seine Ängste erst hervorgerufen hatten.
Ein Zitat aus der Orange-Katholischen-Bibel fiel ihm ein: »Welcher Sinne entbehren wir, daß wir die Welt um uns herum nicht sehen können?«
»Um uns herum sind überall Felsen«, meldete Jessica.
Paul blickte auf die Nase des Thopters hinaus und schüttelte den Kopf, um seinen Gedanken zu entgehen. Er schaute in die angegebene Richtung und erkannte die zackigen Felsen, die aus dem Sand aufragten. Ein leichter Luftzug streifte ihn, und er bemerkte, daß sich eine leichte Staubschicht im Inneren der Maschine breitgemacht hatte. Offenbar hatte der Sturm ihnen ein Leck zugefügt.
»Am besten landen wir auf dem Sand«, schlug Jessica vor. »Dann haben die Schwingen am wenigsten auszuhalten.«
Paul nickte in Richtung einiger sandbedeckter Felsen, die im Mondlicht unter ihnen sichtbar wurden. »Ich werde in der Nähe dieser Felsen landen. Du mußt unsere Gurte überprüfen.«
Jessica gehorchte und dachte: Wir haben Wasser und Destillanzüge. Wenn wir Nahrung finden, können wir über längere Zeit in dieser Wüste überleben. Auch die Fremen leben hier. Und was sie ertragen, halten auch wir aus.
»Sobald wir gelandet sind«, wies Paul sie an, »läufst du zu den Felsen hinüber. Ich nehme das Gepäck.«
»Zu den Felsen ...« Jessica verstummte und nickte. »Würmer.«
»Die Würmer sind unsere Freunde«, korrigierte Paul sie. »Sie werden diesen Thopter vernichten, und niemand wird je erfahren, wo wir gelandet sind.«
Er denkt an alles, dachte sie.
Sie glitten tiefer ... und tiefer.
»Festhalten!« rief Paul warnend.
Er ließ die Schwingen zuerst sanft, dann immer schneller ausschlagen, fühlte, wie sie in die Luft
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