Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten
Dämonen.
»Richten Sie diese Finger gegen sich selbst!« rief Paul. »Wir wissen, wo das Übel ist!« Er wandte sich wieder an Korba. »In Ihrem Gesicht ist Schuld, Korba!«
»Nicht meine Schuld, Herr! Ich mag mit Schuldigen verkehrt haben, aber ...« Er brach ab und warf einen furchtsamen Blick zur Galerie.
Alia folgte einem Wink von Paul, verließ ihren Platz und ging auf Korba zu. Aus einer Distanz von weniger als einem Meter starrte sie auf ihn hinab.
Korba schien unter dem Druck dieser Augen zu schrumpfen. Seine Hände fummelten nervös, er schoß besorgte Blicke zur Galerie.
»Wessen Augen suchen Sie dort oben?« fragte Paul.
»Sie können nicht sehen!« platzte Korba heraus.
Paul wehrte einen Anflug von Mitleid für Korba ab. Der Mann lag gefangen in der Falle der Vision, genau wie alle anderen hier. Er spielte eine Rolle, nicht mehr.
»Ich brauche keine Augen, um Sie zu sehen«, sagte Paul. Und er fing an, Korba zu beschreiben, jede seiner Bewegungen, jedes Zucken, jeden alarmierten und ängstlichen Blick zur Galerie.
Korbas Verzweiflung wuchs.
Alia sah, daß er jede Sekunde zusammenbrechen konnte. Jemand auf der Galerie mußte wissen, wie nahe er dem Zusammenbruch war. Wer? Sie machte eine halbe Kehrtwendung und beobachtete die Gesichter der Naibs, bemerkte verräterische Kleinigkeiten in den verschlossenen Zügen ... Erregungen, Befürchtungen, Unsicherheiten ... Schuldgefühle.
Paul schwieg.
Korba unternahm einen letzten jämmerlichen Versuch, sich aufzuplustern: »Ich habe das Recht zu erfahren, wer mich beschuldigt!«
»Otheym beschuldigt Sie«, sagte Alia.
»Aber Otheym ist tot!«
»Woher wissen Sie das?« hakte Paul ein. »Durch Ihre Spione und Zuträger? O ja! Wir wissen von Ihren Agenten und Kurieren. Wir wissen, wer den Steinbrenner von Tarahell hierher gebracht hat.«
»Er war für die Verteidigung des Qizarats bestimmt!« sprudelte Korba heraus.
»Und wie gelangte er in die Hände von Verrätern?« fragte Paul.
»Er wurde gestohlen, und wir ...« Korba verstummte, schluckte mühsam. Seine Blicke schossen nach links und rechts. »Jedermann weiß, daß ich von Muad'dib nur mit Worten der Liebe und der Verehrung gesprochen habe«, murmelte er. »Wie kann ein Toter mich beschuldigen!«
»Otheyms Stimme ist nicht tot«, erwiderte Alia.
»Otheym schickte uns seine Stimme«, sagte Paul. »Sie nennt die Namen, die verräterischen Handlungen, die Treffpunkte und die Daten. Vermissen Sie bestimmte Gesichter unter den hier versammelten Naibs, Korba? Wo sind Markar und Fasr? Keke der Lahme ist heute nicht bei uns. Und Takim, wo ist er?«
Korba schüttelte verzweifelt den Kopf.
»Sie sind mit dem gestohlenen Wurm von Arrakis geflohen«, sagte Paul. »Selbst wenn ich Sie jetzt freiließe, Korba, würde Shai-Hulud Ihr Wasser bekommen, für Ihren Teil an diesem Verrat. Aber warum lasse ich Sie nicht frei, Korba? Denken Sie an alle jene Männer, die ihr Augenlicht verloren und die nicht sehen können wie ich. Sie haben Familien und Freunde, Korba. Wo könnten Sie sich vor ihnen verstecken?«
»Es war ein Unfall«, sagte Korba. »Außerdem bekommen sie Kunstaugen von den Tleilax ...«
»Wer weiß, welche Hörigkeit mit Metallaugen verbunden ist?« fragte Paul.
Die Naibs auf der Galerie flüsterten miteinander. Die Blicke, mit denen sie Korba bedachten, waren jetzt kalt.
»Verteidigung des Qizarats«, murmelte Paul. »Mit einer Waffe, die einen Vulkanausbruch herbeiführen kann, auf jeden Fall aber diejenigen blendet, die das Unglück haben, in der Nähe zu sein. An welche Verteidigungswirkung dachten Sie, Korba? Hat das Qizarat die Absicht, alle Ungläubigen zu blenden?«
»Es war Neugierde, Herr«, sagte Korba lahm. »Wir wußten um das Verbot der Verwendung solcher Waffen, aber Besitz und Lagerung sind nicht ...«
»Neugierde!« unterbrach Paul. »Erwarten Sie, daß ich Ihnen das glaube?«
Korba fuchtelte verzweifelt mit den Händen. »Selbst wenn es nur die Stimme meines Anklägers ist, Herr«, sagte er, »müssen Sie mich ihr gegenüberstellen. Ich bin ein Fremen und ich habe Rechte.«
»Das ist wahr, Herr«, sagte Stilgar.
Alia riß den Kopf herum und warf Stilgar einen scharfen Blick zu.
»Gesetz ist Gesetz«, sagte Stilgar, der Alias zornigen Blick bemerkt hatte und ihrem Protest zuvorkommen wollte. Und er begann, aus dem Kopf den betreffenden Artikel zu zitieren.
Alia hatte das sonderbare Gefühl, Stilgars Worte zu hören, bevor er sie aussprach. Wie konnte er so stur sein?
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