Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
es tatsächlich gewesen.
Verschluckt von der wütenden Menge beobachtete Bronso alles, kaum dazu fähig, den grausigen Anblick zu ertragen. Auf jeden Fall hatte er das Ausmaß der Schockreaktion der Zuschauer unterschätzt. Der Gestaltwandlertrick brachte all diese Leute dazu, Bronso als noch größeres Genie anzusehen, als noch größeren Schurken. Er hatte sie erneut zum Narren gehalten!
Es war nicht das, was Bronso wollte, aber das, was er brauchte, damit er den Mythos weiter demontieren konnte. Und das war es, was Paul brauchte. Nichts anderes spielte eine Rolle.
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Mord? Das Wort, schon allein der Gedanke, ist nicht Teil meines Wortschatzes – zumindest nicht in Bezug auf meine Herrschaft über das Imperium. Wenn Tötungen nötig sind, ordne ich sie an. Das ist keine Frage der Legalität oder Moralität; in meiner Position ist es eine Frage der Notwendigkeit.
Alia Atreides
im siebten Monat ihrer Regentschaft
Gekleidet in eine strenge schwarze Robe, damit niemand sie erkannte, eilte Jessica durch eine volle, staubige Straße in Arrakeen. Es war früher Abend, und gelbes Licht aus schmalen, versiegelten Fenstern und zurückgesetzten Türen bildete kleine Pfützen auf dem Boden. Nach Einbruch der Dunkelheit frequentierten viele junge Leute diese Hauptstraße, manche, um einen Gang durch die Tavernen zu machen, während andere Gottesdienste in den zahllosen neuen Tempeln und Schreinen besuchten, die seit Pauls Tod aus dem Boden geschossen waren. Jessica umrundete die kleinen Menschenansammlungen, die die Eingänge zu ihren jeweiligen Lieblingslokalitäten verstopften.
Die vergangene Stunde hatte sie im kürzlich umbenannten Tempel zum Ruhme Muad'dibs verbracht, und jetzt war sie auf dem Rückweg zur Zitadelle. Der Tempel war das größte von mehreren Gebäuden seiner Art, die vor der Hochzeit nicht mehr ganz fertiggestellt worden waren. Alia selbst hatte eben dieses Gebäude ausgewählt, um es schnellstmöglich instandsetzen zu lassen, und ihren Bautruppen befohlen, rund um die Uhr zu arbeiten. Es war noch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich, aber sie hatte darauf bestanden, dass ihre Mutter es sich heute ansah. Jessica bezweifelte, dass Paul einen derart pompösen Tempel gewollt hätte, der seinem Gedenken und seiner Legende gewidmet war.
Der zuständige Priester hatte ihr eine Privatführung gegeben, und Jessica hatte beeindruckt getan. Im Namen ihrer Tochter hatte sie dem heiligen Mann ein authentisches Artefakt Pauls übergeben – eine rote Kordel von einer Atreides-Uniform, die er als Junge getragen hatte. Der Priester hatte ihr stammelnd gedankt, während er die Klarplaz-Hülle mit dem Objekt in der Hand gehalten hatte. Er versprach, es in einem sicheren Reliquienschrein zu verwahren und es von nun an im Tempel auszustellen. Doch bevor Alia ihm die Kordel vermacht hatte, waren auf ihren Befehl hin Kopien davon hergestellt worden, damit diese zusammen mit anderen Artefakten verkauft werden konnten.
An einer Straßenecke vor sich sah Jessica einen rennenden Mann, der gegen die trockenen, braunen Gebäude stieß, während Schüsse erklangen. Ein kleiner, tieffliegender Polizeithopter bog dröhnend hinter ihm um die Ecke und spritzte Projektilfeuer auf ihn, dünne Nadeln, die im Abendlicht glänzten.
Schreiende Menschen stoben auseinander und rannten in Hauseingänge. Mehrere wurden von Querschlägern getroffen, da die meisten Städter keine Körperschilde trugen. Jessica huschte in einen Hauseingang und drückte sich mit dem Rücken an das Feuchtigkeitssiegel, als ein Schussregen die Stelle zerfetzte, an der sie sich eben noch aufgehalten hatte. Der Gejagte rannte an ihr vorbei und schnaufte wie ein überlasteter Motor. Einen Sekundenbruchteil lang starrte er sie an. Seine Augen waren schreckgeweitet, und dann sprang er wieder geduckt auf die Straße hinaus und rannte auf eine Menschengruppe vor einer Schänke zu.
Augenblicke später hörte sie noch einen Feuerstoß und weitere Thopter. Männer in den schwarzgrünen Uniformen von Alias Imperialer Garde stürmten brüllend vorbei; einige von ihnen grinsten wie Schakale auf der Jagd. Jessica spähte aus ihrer dürftigen Deckung und sah den glücklosen Mann bewegungslos in einer größer werdenden Blutlache liegen. Verschwendete Feuchtigkeit, die über das Pflaster floss.
Gemeinsam mit der sich sammelnden Menge von Schaulustigen trat Jessica leise vor. Eine Frau kniete schluchzend über der Leiche. »Ammas! Warum haben sie meinen
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