Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
Bronso darüber nachdachte, erinnerte er sich daran, dass der ursprüngliche Rheinvar der Großartige nur die besten Gestaltwandler für seine Truppe ausgewählt hatte, diejenigen, die sich an die edlen Traditionen der Jongleurs halten würden. Und als perfekte Nachahmer, die auch die Feinheiten von Verhaltensweisen übernahmen, hatten die Gestaltwandler wahrscheinlich ab irgendeinem Zeitpunkt den Meister-Jongleur imitiert und sein Ehrgefühl in sich aufgenommen.
Jetzt befand Bronso sich inmitten jener, denen er vertrauen konnte, Menschen eines anderen Zuschnitts. Er und seine Doppelgänger trafen sich auf einem Planeten, dessen einst mächtige Zivilisation längst verblasste Geschichte war. Die Gruppe stand gemeinsam auf einem weiten, flachen Vorsprung über zwei ineinandermündenden Flüssen, deren Wasser tief unten in den von ihnen gegrabenen Schluchten tosten und rauschten. Das Glitzern von Monden in engen Umlaufbahnen streifte über den Himmel und war selbst am Tage zu sehen.
Vor langer Zeit hatte hier ein Kloster gestanden, in dem die ersten Sokratischen Christen ihre politische Macht erlangt und gefestigt hatten. IV Anbus war ein spiritueller Ort, ein Leuchtfeuer für ihre Seelen gewesen, aber in ferner Vergangenheit hatten vergessene Feinde jeden einzelnen Bewohner des Planeten getötet und die meisten Hinweise darauf, dass ihre Sekte überhaupt existiert hatte, ausgelöscht. Die Sieger hatten die Steine der Klostergebäude zertrümmert und die Bruchstücke in die tosenden Fluten geworfen.
Erst am vorangegangenen Abend hatten Bronso und die Jongleur-Truppe sich auf den Weg hinab auf den Planeten gemacht, der auch nach so vielen Jahrhunderten nur spärlich bewohnt war. Bronso hatte sich vergewissert, dass mehrere Wayku-Bedienstete und andere Personen an Bord des Schiffs mitbekamen, wer er war und wohin er wollte. Anschließend würde er seine Gesichtszüge und seine Kleidung mit ausgeklügelter Jongleur-Schminke und -Kostümierung verändern und unter falschem Namen einen anderen Heighliner besteigen, um seine Reise fortzusetzen. Wie immer blieb er nur kurz und zog dann weiter.
Die Gestaltwandler-Nachbildung von Rheinvar dem Großartigen trat mit ausholenden Schritten vor die Gruppe und begutachtete die identischen Bronsos. Der Jongleur-Anführer kratzte sich am Kopf und brummte vor sich hin, unfähig, den echten Ixianer zwischen den Nachahmern zu identifizieren. Schließlich sagte er mit donnernder Stimme: »Selbst einem Gestaltwandler mit meinen Wahrnehmungsfähigkeiten verraten eure Stimmen, Augen und Bewegungen nichts.«
Alle Bronsos lächelten gleichzeitig.
Trotz des strengen Verbots, das Regentin Alia gegen den Besitz oder auch nur die Lektüre von Bronsos Brandschriften ausgesprochen hatte, fand das neue Manifest weite Verbreitung und wurde viel diskutiert. Der extreme Text war beleidigender und hasserfüllter als alles, was er zuvor veröffentlicht hatte.
Das Problem war jedoch, dass Bronso ihn gar nicht geschrieben hatte.
Als er die provokativen Beleidigungen gegen Alia, Duncan und sogar Lady Jessica las, starrte Bronso nur ungläubig auf das Manifest. Selbst Ennzyn, der ihm ein Exemplar gebracht hatte, während der Heighliner auf dem Weg zu seinem nächsten Ziel war, hatte geglaubt, dass es sich tatsächlich um ein Werk des Ixianers handelte. Da er ihm helfen wollte, hatte der Wayku es verstohlen an ein größeres Publikum verbreitet.
Doch es war eine Fälschung. Bronso fand das zutiefst verstörend.
Er fragte sich, ob Irulan möglicherweise die Autorin war. Die Corrino-Prinzessin hatte eine Menge eigener Falschheiten verbreitet, doch keine ihrer Schriften – insbesondere der jüngsten geistlosen und überhöhten »Revisionen« der Geschichte – hatten jemals solche Böswilligkeiten enthalten. Selbst Bronsos kritischste Analysen von Paul Atreides waren nie so rüpelhaft und grob gewesen, hatten niemals so vehemente und persönliche Angriffe enthalten.
Er hatte sich in ein kleines inneres Prunkgemach zurückgezogen, wo er über dem beunruhigenden falschen Manifest brütete und nach Hinweisen suchte. Die Worte klangen wie die eines Wahnsinnigen. Kein Wunder, dass Regentin Alia ihren Wachen befohlen hatte, ihn um jeden Preis zur Strecke zu bringen, und das auf ihn ausgesetzte Kopfgeld erhöht hatte. Kein Wunder, dass das Volk sich in gemeinsamer Abscheu einheitlicher gegen ihn stellte.
Ein Schauder lief ihm über den Rücken, als ihm die Antwort dämmerte. Alia selbst hatte durch eine
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