Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten

sah sie Flugmaschinen in ungewöhnlich großer Zahl über der Stadt. Die Scheinwerfer tanzten durch den Nachthimmel.
    »Duncan kümmert sich um die Einzelheiten«, sagte Alia. »Ich hätte Gurney darum bitten können, ihn zu unterstützen, aber mein Mann war davon überzeugt, dass er die Sache allein regeln kann. Er ist so hingebungsvoll und loyal! Heute Nacht fließt in den Straßen Arrakeens das Blut derer, die uns hassen, und morgen wird unsere Stadt sehr viel sauberer sein.«
    Jessicas Entsetzen mischte sich mit einer Spur Verblüffung. Als sie ihre Tochter ansah, kamen ihr die Ereignisse unwirklich vor. Mit einem weiteren Schaudern wurde ihr klar, dass Alia sie selbst zum instandgesetzten Tempel geschickt hatte, ohne sie vor der Gewalt zu warnen, die sich in Kürze entladen sollte. Wollte sie, dass ich da draußen bin? In Gefahr?
    Kühl sagte Jessica: »Bronso hat jahrelang Schreckliches über deinen Bruder geschrieben, und doch hat Paul nie die Notwendigkeit zu derart extremen Reaktionen gesehen. Warum bist du so empfindlich?«
    »Weil Bronso seine Schmutzkampagne auf die Imperiale Regentschaft ausgeweitet hat. Dementsprechend weite ich die Antwort aus.«
    »Indem du so extrem reagierst, verleihst du seinen Worten eine Legitimation, die sie nicht verdienen. Ignoriere Bronsos Kritiken einfach.«
    »Das würde mich schwach oder dumm erscheinen lassen oder beides. Meine Reaktion ist absolut angemessen.«
    »Da bin ich anderer Meinung.« Jessica dachte darüber nach, in angemessener Weise auf die Stimme zurückzugreifen, um ihre Tochter in die Knie zu zwingen, aber das mochte einer Konfrontation zwischen ihnen Vorschub leisten. Alia war nicht wehrlos. Trotzdem wollte sie Alia dazu bringen zu erkennen, was sie tat. »Man nannte deinen Vater Leto den Gerechten. Bist du die Tochter deines Vaters oder etwas anderes? Ein Wechselbalg?«
    Ohne Vorwarnung schlug Alia ihrer Mutter ins Gesicht. Es brannte.
    Jessica sah die Bewegung und entschied sich, dem Schlag nicht auszuweichen. War das die bockige Antwort darauf, dass sie Alia wenige Wochen zuvor geschlagen hatte? Mit aller Gelassenheit, die sie aufbringen konnte, sagte Jessica: »Einen wahren Anführer, einen wahren Menschen erkennt man daran, dass er eine vernünftige Lösung für ein heikles Problem findet. Du hast aufgehört, das zu versuchen. Von hier aus verbreiten sich die Wellen, Alia. Alles hat Konsequenzen.«
    »Du drohst mir?«
    »Ich rate dir, und es wäre klug von dir, auf mich zu hören. Ich bin einzig und allein hier, um dir zu helfen – und ich werde es nicht mehr lange sein.« Jessica nahm ihre Würde zusammen und verließ das Zimmer.

48
     
    Die Herzen aller Menschen wohnen in derselben Wildnis.
    Tibana, einer der führenden Sokratischen Christen
     
     
    Die Männer standen in mehreren Reihen hintereinander da wie eine Bilderfolge in einem Spiegelkabinett, ein Bronso Vernius nach dem anderen, einer nicht vom nächsten zu unterscheiden. Sie trugen identische weiße Kittel und braune Hosen, hatten das gleiche ungekämmte Haar und standen Seite an Seite im Morgennebel der entfernten Welt von IV Anbus.
    Nur einer der Bronsos war echt, und er sah verdächtig wie die anderen aus. Die Gestaltwandler versicherten ihm, dass sie alle gleich waren. Einige behaupteten, Sielto zu sein, trotz der sehr öffentlichen Hinrichtung auf dem Platz in Arrakeen. Bronso glaubte, dass sich die Gestaltwandler nicht einmal selbst voneinander unterscheiden konnten, aber das änderte nichts an seinem üblen Gefühl. Er wurde die alptraumhafte Erinnerung nicht los, wie Stilgars Crysmesser in einen Körper gefahren war, der dem seinen zum Verwechseln ähnlich sah.
    Das hat mir gegolten.
    Nach dem Spektakel waren überall im Imperium Gestaltwandler in Erscheinung getreten, Dutzende davon in Arrakeen, und hatten für genug Ablenkung gesorgt, damit der echte Bronso vom Wüstenplaneten fliehen konnte. In zahllosen Sternensystemen würden die Gestaltwandler von nun an seinen Platz einnehmen, und man würde Bronso auf einem Planeten nach dem anderen sichten. Nach viel vergeudeter Zeit und Mühe, nach Verhören und Blutproben würde man schließlich alle Gefangenen als Hochstapler entlarven. Schon jetzt ließ er Alia bei ihrer Jagd auf ihn dumm dastehen.
    Mindestens fünf weitere Gestaltwandler waren hingerichtet worden, doch keiner von ihnen hatte bei den langwierigen Verhören etwas verraten. Solche großen und edlen Taten schienen eigentlich unvereinbar mit den Gestaltwandlern.
    Als