Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
Mutter Muad'dibs, des Imperators des Bekannten Universums, zurück. Sie war sehr viel mehr als eine einfache Akoluthin.
Als sie den Hauptplatz betrat, weigerte sie sich standhaft, sich von der Aussicht auf das Treffen, zu dem man sie bestellt hatte, einschüchtern zu lassen. Die Bene-Gesserit-Schwesternschaft kontrollierte sie nicht mehr. Jessica kontrollierte sich selbst, ihre Entscheidungen und ihre Zukunft.
Sie spazierte durch den ausufernden Gebäudekomplex, um sich zu sammeln, bevor sie der Ehrwürdigen Mutter gegenübertrat. An einem Springbrunnen hielt sie inne. Erfrischende Wassertröpfchen benetzten ihr Gesucht. Sie tauchte eine Hand ins kühle Wasser der Fontäne und ließ es aus ihrer Handfläche aufs Pflaster rinnen. Verschwendung ... ein Luxus. Auf Wallach IX war Wasser kein kostbarer Rohstoff. Andere mochten Jessica vielleicht als gedankenverlorenes Mädchen sehen, das seine Pflichten vernachlässigte, aber sie hatte es nicht eilig. Man hatte sie zwar herbefohlen, doch sie war aus eigenem Antrieb gekommen.
Trotz der Fehler des Bene-Gesserit-Ordens war dieser Ort ein Zentrum menschlicher Gelehrsamkeit und Triumphe, an dem die größten Gedanken gesammelt und weiterverbreitet wurden. Jessica hatte hier viel gelernt, aber erst später hatte sie die wichtigste Wahrheit von allen erfahren – dass nicht einmal die Schwesternschaft immer Recht hatte.
Doch sie handelte vorhersehbar. Weder die Ehrwürdige Mutter Mohiam noch irgendeine Schwester sonst hatte sich dazu herabgelassen, ihr Eintreffen zu bemerken, aber Jessica durchschaute das als Finte, die dazu diente, ihre Bedeutungslosigkeit zu unterstreichen. Wie sehr sich dieser Empfang davon unterschied, wie Muad'dib und das lärmende Volk von Arrakeen sie aufgenommen hätten.
Jessica hatte ohnehin ein zutiefst gespaltenes Verhältnis zu Mohiam. Die beiden Frauen verband eine seltsame Beziehung, die zwischen Feindseligkeit und Reserviertheit schwankte, mit allzu kurzen Momenten, die etwas von zärtlicher Zuneigung hatten. Die alte Frau betrachtete Jessica als Enttäuschung und würde immer nach Möglichkeiten suchen, sie dafür bezahlen zu lassen, dass sie es gewagt hatte, einen Sohn zur Welt zu bringen.
Doch nun wollten die hochrangigsten Bene Gesserit mit Jessica sprechen. Sie war gespannt und besorgt, aber sie hatte keine Angst.
Eine Frau in schwarzem Gewand trat aus dem Verwaltungsgebäude aus Gipsputz und Holz und blickte zu ihr herüber. Es war Mohiam höchstpersönlich, die mit ihrer starren Körperhaltung, einem Ellbogenzucken und einer unmerklichen Handbewegung ein Signal der Ungeduld aussandte, bevor sie sich abwandte und wieder hineinging.
Nachdem Jessica die Schwesternschaft verstand, fand sie ihre Manipulationsspielchen erheiternd. Sollen sie auf mich warten ... zur Abwechslung. Sie blieb noch einen Moment lang am Springbrunnen stehen und konzentrierte ihre Gedanken, dann nahm sie die Treppe und stieß eine schwere Tür auf. Genauso wie viele andere Gebäude im Mütterschulenkomplex hatte auch dieses moosüberzogene Dachziegel aus Siena-Erde und spezielle Fenster, die dazu dienten, das spärliche Licht der fernen Sonne von Wallach IX zu bündeln.
Sie trat zu den anderen Schwestern im Kapitelsaal. Die Dielen des achteckigen Raums knarrten unter ihren Schritten, als sie sich auf den Elaccaholzbänken entlang der Wände niederließen.
Selbst die uralte Ehrwürdige Mutter Harishka nahm wie eine gewöhnliche Akoluthin Platz. Trotz ihres Alters hatte die Mutter Oberin sich einen hellwachen Geist bewahrt, obwohl eine Ärztin in ihrer Nähe saß. Harishkas dunkle, mandelförmige Augen lugten unter ihrer schwarzen Kapuze hervor, als sie sich vorbeugte, um mit einer sehr viel jüngeren Schwester an ihrer Seite zu sprechen, die Jessica als Ehrwürdige Mutter Genino erkannte. Obwohl sie noch nicht alt war, war Genino schnell zu einer persönlichen Schlüsselberaterin der Mutter Oberin aufgestiegen.
Als Harishka die Schultern durchdrückte und ihr Gewicht verlagerte, um durch den Raum zu Jessica zu blicken, versiegten die leise geflüsterten Gespräche. Die imposante Mutter Oberin sprach in die plötzliche Stille. »Wir sind dankbar, dass Sie einen so weiten Weg gekommen sind, um sich mit uns zu treffen, Jessica.«
»Sie haben mich herbestellt, Mutter Oberin.« Die Schwestern dachten, dass sie keine andere Wahl gehabt hatte. »Welche wichtige Angelegenheit müssen Sie mit mir besprechen?«
Die Mutter Oberin wackelte mit dem Kopf wie eine Krähe.
Weitere Kostenlose Bücher