Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
des heutigen Tages in ihrer fortlaufenden, pflichtgemäßen Chronik darstellen sollte. Zweifellos würde Alia darauf bestehen, dass Irulan eine weitere energische Kampagne zur Widerlegung von Bronsos Manifesten begann, obwohl sich viele weitere kritische Stimmen überall im Imperium erhoben. Auf zwei abgeschiedenen Welten gab es Männer, die wie Bronso aussahen und behaupteten, er zu sein, und die bei ausgesprochen öffentlichen Auftritten die Exzesse der Regentschaft verurteilten ...
Vielleicht waren es Gestaltwandler oder einfach nur mutige Einzelpersonen. Nach wie vor zirkulierten Gerüchte, dass Paul gar nicht tot war. Zweifellos würden Dissidenten dieselben unbegründeten Behauptungen über Bronso von Ix aufstellen. Sein Vermächtnis – oder auch sein zweifelhafter Ruhm – würden noch lange nach seinem Tod fortbestehen.
Ja, Alia würde darauf beharren, dass Irulan ihre einseitigen Berichte schrieb, aber die Prinzessin hatte beschlossen, ein Zugeständnis einzufordern. Da die Regentin Jessicas Bitte abgeschlagen hatte, die Zwillinge mit nach Caladan zu nehmen, würde Irulan hier zu ihrem festen Fundament werden. Sie würde darauf bestehen, mehr Zeit mit Leto und Ghanima zu verbringen. Pauls Kinder großzuziehen sollte ihre wichtigste Aufgabe werden.
Nach Jessicas Abreise würde sie sicher Berichte über die Fortschritte der Zwillinge hören wollen, sowie objektive Beschreibungen dessen, was in Arrakeen vorging. Vielleicht konnten die beiden Frauen ihre Beziehung zueinander stärken und das wiederherstellen, was einmal eine offene Freundschaft gewesen war. Abgeschnitten von ihrer Familie, ohne ihren Mann und umgeben von Menschen, die leicht zu Feinden werden konnten, sehnte sich Irulan nach jemandem, dem sie vertrauen konnte ... selbst wenn sie mit dieser Person nur über Briefe Kontakt halten konnte. Vielleicht war Lady Jessica diese Vertrauensperson.
Aber Jessica war auch Alias Mutter – nicht nur Pauls. Irulan würde auf einem schmalen Grat wandeln müssen.
Auf dem Zitadellengelände suchte Irulan sich einen Weg über einen Platz voller Beamter, Priester, Speichellecker, Händler, unbehaglich dreinschauender Fremen, zernarbter Djihad-Veteranen, die mit ihren Orden angaben, und vereinzelter Städter, die mit großen Augen herumliefen und völlig fehl am Platze wirkten. Sie suchte Jessica, doch eine Bedienstete teilte ihr mit: »Die Mutter Muad'dibs hat sich in ihre Gemächer zurückgezogen, um für sich allein zu feiern.«
Irulan beschloss, sich ebenfalls davonzustehlen, um in ihren Gemächern mit aktivierten Sicherheitssiegeln ein wenig dringend benötigte Ruhe und Einsamkeit zu finden.
Bevor sie gehen konnte, kam ihr ein Mann entgegen und versperrte ihr den Weg. Er trug bunte Kleidung, einen hohen Stehkragen und Juwelen an den Handgelenken, und seine voluminösen Gewänder lagen in komplizierten Falten. »Majestät«, sagte er mir leiser Stimme, »bitte nehmen Sie dieses Geschenk zu Ehren verlorenen Ruhms und unserer Hoffnungen für die Zukunft an.«
Aus den Falten seines Gewandes zog er einen Nachrichtenwürfel hervor, den er ihr in die Hand drückte und dabei aktivierte. Dann verschwand er wieder in der Menge.
Sofort glitten Worte über die Oberfläche des Würfels, Worte von ihrem Vater. Sie prägte sie sich ebenso schnell ein, wie sie erschienen und wieder verschwanden, auf ihre Augenbewegungen abgestimmt.
»Es ist an der Zeit für uns zu handeln, Tochter. Muad'dib ist nicht mehr, seine Erben sind noch Säuglinge, und die Regentschaft wankt. Endlich ist das Haus Corrino in der richtigen Position, um den Löwenthron zurückzuerobern, und wir verlangen deine Unterstützung.
Vergiss niemals, dass du eine Corrino bist. Wir zählen auf dich.«
Benommen beobachtete sie, wie die Worte sich auflösten. Der Nachrichtenwürfel zerfiel in ihrer Hand in Einzelteile. Paul war fort, und welche echten Verpflichtungen hatte sie schon Alia gegenüber – die sie in eine Todeszelle geworfen hatte? Aber auch die Corrinos konnten keinen alleinigen Anspruch auf Irulans Loyalität erheben.
Irulan kam zu dem Schluss, dass sie sich alle Optionen offenhalten musste.
Sie wischte sich die Überreste der Nachricht von der Hand und sah zu, wie die leichten Fragmente dem glänzenden Boden der Empfangshalle entgegenrieselten, wo sie sich im kaum merklichen Luftzug zerstreuten.
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In jedem Leben gibt es einen Zeitpunkt, wenn es an der Zeit ist. Die entscheidenden Fragen sind: Erkennen wir diesen Moment, und sind
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