Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
Schauder abergläubischer Furcht lief ihm über den Rücken. Wasser war nur Wasser ... aber war es möglich, dass Chanis Ruh-Geist immer noch hier weilte?
Ihr Vater, der Imperiale Planetologe Liet, der von den Harkonnens ermordet worden war, war wiederum der Sohn von Pardot Kynes gewesen, der den Traum der Fremen von einer Änderung des Klimas auf dem Wüstenplaneten angeregt hatte. Er war Stilgars Kamerad bei den Überfällen auf die Harkonnens gewesen und gestorben, weil er es gewagt hatte, Paul Atreides und seiner Mutter zu helfen.
Als Imperator hatte Muad'dib dafür gesorgt, dass die Träume von Dr. Kynes lebendig blieben. Auf seinen Befehl hin war der Terraformingprozess beschleunigt und eine Schule der Planetologie begründet worden. Wenn Muad'dib tatsächlich der Lisan al-Gaib war, die Abkürzung des Weges, dann war Liet-Kynes der Katalysator.
Und Chani war seine Tochter.
Die Regentin und ihre Amazonenwachen würden ihn für das verfluchen, was er im Sinn hatte, doch Stilgar hatte bereits das Blut der Ehrwürdigen Mutter Mohiam und vieler anderer an den Händen. Er würde es auf jeden Fall tun.
Er nahm den Deckel des schweren Kruges ab und kippte einen Teil der Flüssigkeit in Literjons, die sich leichter handhaben und unter seinem Umhang verstecken ließen. Für die gesamte Wassermenge würde er noch zwei- oder dreimal kommen müssen, aber als Hauptmann der Wache gab es für Stilgar Mittel und Wege, unbemerkt vorzugehen. Mit seiner kostbaren Last verließ er Muad'dibs Quartier.
»Warum sollte jemand so etwas tun?« Anfangs war Alia aufrichtig verdutzt, doch das änderte sich schnell. Jessica beobachtete die verschiedenen Emotionen, die über das Gesicht ihrer Tochter zogen – Verwirrung, dann Zorn, dann ein Ansatz von Furcht. »Wer könnte sich Zutritt zum Quartier meines Bruders verschafft haben?«
Ziarenka Valefor, die Amazone, die ihnen Bericht erstattete, war einen Kopf größer als Alia, aber sie war so tief von ihrer zufälligen Entdeckung erschüttert, dass sie die junge Regentin hilfesuchend ansah. Alia gab ihrer Wache einen knappen Befehl. »Hol Duncan.« Mit einer hastigen Verbeugung entfernte sich Ziarenka.
Kopfschüttelnd blickte Alia ihre Mutter an. »Das kann nur eine weitere Freveltat von Bronso sein. Nach seiner Aktion bei Pauls Trauerfeier will er nun auch Chanis Wasserzeremonie verhindern. Ich werde ihn öffentlich verurteilen. Wenn die Menschen erfahren ...«
Jessica schnitt ihr das Wort ab. »Es wäre besser, wenn du mit niemandem darüber reden würdest, Alia.«
Alia blinzelte und ließ sich wieder auf ihren Stuhl sinken. »Chanis Wasser wurde gestohlen. Wie können wir so etwas einfach ignorieren? Und welche Absichten verfolgen die Übeltäter? Wenn es keine offensichtliche Antwort auf eine Frage gibt, vermute ich das Schlimmste.«
Jessica war im Geiste bereits alle Möglichkeiten durchgegangen und hatte sich entschieden, wie sie eine Überreaktion verhindern konnte, so dass Stilgar und die Fremen bekamen, was sie wollten – was Chani wollte –, und Alia das, was sie wollte.
»Ich habe nicht gesagt, dass wir die Angelegenheit ignorieren sollten, aber du könntest die Situation entschärfen. Wer auch immer dieses Verbrechen begangen hat – ob einer von Bronsos Spießgesellen oder irgendein anderer Übeltäter –, wahrscheinlich will er damit Panik und Unruhe auslösen. Will man eine Lösegeldforderung stellen? Damit drohen, das Wasser auf irgendeine Weise zu entweihen? Wie auch immer, man wird damit rechnen, dass du deswegen einen Aufstand machst, und deshalb solltest du ihnen diesen Gefallen nicht tun. Lenke keine Aufmerksamkeit auf das, was geschehen ist.«
Dieser Vorschlag schien Alia gar nicht zu gefallen. »Wir müssen ihre Pläne durchkreuzen, ganz gleich, was diese Leute vorhaben. Chanis Wasser wurde gestohlen. Wie sollen wir jetzt eine Trauerfeier für sie abhalten?«
Jessica blieb ruhig und unbesorgt. »Es war nur Wasser. Füll den Behälter wieder auf, und niemand wird je den Unterschied bemerken. Falls Bronso behauptet, Chanis Wasser zu haben, wie kann er es beweisen?« Sie hielt ihren Vorschlag nicht für unaufrichtig oder unehrenhaft. Es war eine Lösung, die selbst die Bene Gesserit akzeptabel gefunden hätten. So bekommen wir beide, was wir wollen. »Wasser ist Wasser, und du kannst deine Trauerfeier wie geplant veranstalten.«
Und die Fremen konnten Chani in einer eigenen Zeremonie auf ihre Weise ehren. Auch Stilgar würde zufrieden sein. Genauso
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