Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
die Wüste irrten. Damals wusste sie es noch nicht, doch sie hatte ihren Vater Liet bereits an die Harkonnens verloren ... und doch hat sie ihre wahre Liebe gefunden.« Er goss das Wasser aus und ließ es in die durstigen Wurzeln der Pflanze sickern. »Die Stärke einer Frau kann grenzenlos sein. Und genauso bleibt der geheiligte Ruh-Geist Chanis, der geliebten Gefährtin Paul Muad'dibs, auf ewig ein Teil des Wüstenplaneten.«
Jessica trug einen zweiten winzigen Wasserbecher zu einem der ums Überleben kämpfenden Portygul-Bäume. Die sechs harten, grünen Früchte, die an den Ästen hingen, würden beim Reifen orange wie die untergehende Sonne werden. »Chani war meine Freundin. Sie war die Mutter meiner Enkelkinder, und sie war die wahre Liebe meines Sohnes.« Zuerst war es Jessica schwergefallen, doch letztlich hatte sie Pauls Fremen-Frau wirklich akzeptiert und ihm sogar gesagt, dass sie Chani ebenfalls liebte. Jetzt holte sie tief Atem. »Selbst als die gesamte Menschheit seinen Namen rief, hat sie Paul daran erinnert, dass er ein Mensch war.«
Stilgar bedeutete Harah, als Nächste zu folgen. Seine Frau, die normalerweise so offen und direkt war, klang nun nervös. Jessica sah die Gefühle, die sie mühsam mit entschlossener Miene unter Kontrolle hielt. »Chani war meine Freundin, eine Fremen-Frau und eine Fremen-Kriegerin. Sie war ...« Harah stockte. »So wie Usul das Fundament der Säule war, so war sie sein Fundament, seine Stütze.«
Die hundert Gäste traten zu einer besonderen Art von Kommunion vor und verteilten in einer gedämpften, ehrerbietigen Zeremonie Schlucke von Chanis Essenz. Kleine Mengen von Chanis Wasser brachten sie zu den Pflanzen, während der Rest ins Gemeinschaftsreservoir gegossen würde.
»Es heißt, dass man Muad'dib niemals finden wird, doch alle Menschen werden ihn finden«, verkündete Stilgar, als der Letzte aus dem Publikum seine halbe Tasse geleert hatte. »Chanis Wasser wird niemals gefunden werden, und doch werden alle Fremen der Stämme sie finden.«
Jessica fügte hinzu: »Sie wollte nicht vergöttert werden. Chani, Tochter des Liet, wird uns auf unsere eigene Art heilig sein. Sie braucht nicht mehr und wir auch nicht.«
Keiner der Fremen hier begriff die gewaltigen Ausmaße von Muad'dibs Imperium oder die Verflechtungen, die seinem Djihad zugrunde lagen, aber sie kannten Chani, und sie verstanden, was diese Zeremonie für ihre Fremen-Identität bedeutete.
Als die ernste Zusammenkunft beendet war, flüsterte Jessica: »Wir haben heute etwas Gutes getan, Stilgar.«
»Ja, und jetzt können wir nach Arrakeen zurückkehren und weitermachen wie bisher, doch ich fühle mich verjüngt. Ich muss Ihnen gestehen, Sayyadina Jessica, dass ich schon lange das Bedürfnis habe, mich aus der Regierung zurückzuziehen, mich den größeren und unschöneren Wirklichkeiten zu entziehen, die ich gesehen habe ... genau wie Muad'dib sich von seinem Platz in der Geschichte zurückgezogen hat, indem er in die Wüste hinausgegangen ist.«
»Manchmal ist es eine mutige Geste, sich zurückziehen.« Jessica erinnerte sich, wie sie Paul in der Hitze des Djihads den Rücken zugekehrt hatte, und dachte daran, dass sie bald nach Caladan zurückkehren würde, um dort über ihr Volk zu herrschen. »Und manchmal ist es mutiger zu bleiben.«
Er beschäftigte sich mit seinem Destillanzug, setzte einen Nasenstopfen ein und wischte sich den Staub vom Mantel. »Ich werde die Regentin Alia weiterhin beraten, und ich werde über die Kinder Muad'dibs wachen. Bei diesen Pflichten werde ich meinem wahren Fremen-Selbst für immer treu bleiben. Kommen Sie, wir müssen nach Arrakeen zurückkehren, bevor Ihre Tochter merkt, dass wir fort sind.«
40
Meine Loyalität galt stets dem Haus Atreides, doch die Bedürfnisse der verschiedenen Atreides sind oft widersprüchlich – Alias, Jessicas, Pauls, Herzog Letos, sogar die der neugeborenen Zwillinge. An diesem Punkt werden Loyalität und Ehre kompliziert und hängen von einer guten Urteilskraft ab.
Gurney Halleck
Obwohl Bronso von Ix bereits seit mehreren Jahren ein gesuchter Mann war, hatte Alia eine noch unerbittlichere Jagd begonnen, um ihn zu finden und seiner anhaltenden Rufmordkampagne gegen Paul Atreides ein Ende zu bereiten. Sie empfand seine Hetzreden als persönlichen Affront, und sie wollte ihn noch vor ihrer Hochzeit fassen.
Sie übertrug Duncan Idaho das Kommando, wobei Gurney Halleck ihm jede erdenkliche Unterstützung zukommen lassen
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