Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten
scheint mir hier die Grundsatzfrage zu sein.«
Er stand zusammen mit dem Bashar Tyekanik in der Vorhalle seiner Privatsuite. Wensicia, die seitwärts auf einem kleinen blauen Diwan saß, erschien eher als Zuhörer ihres Gesprächs denn als Teilnehmerin. Sie kannte ihre Position und war nicht recht froh darüber, aber Farad'n schien seit dem Morgen, an dem sie ihn in ihre Pläne eingeweiht hatte, völlig verändert zu sein.
Spätnachmittag lag über Burg Corrino, und das sanfte Licht unterstrich die Behaglichkeit des Raums, der von Regalen begrenzt wurde, die überquollen von Buchreproduktionen aus Plastino, Musikspulen, Datenblocks und Shigadrahtspulen. Und die Anzeichen sprachen dafür, daß er auch oft benutzt wurde: Die Gegenstände, die die Regale füllten, waren zuwenig akkurat ausgerichtet, um den Eindruck hervorzurufen, sie dienten lediglich der Dekoration. Der Diwan, auf dem Wensicia saß, war der einzige in diesem Zimmer – aber es gab außer ihm noch eine Anzahl von Stühlen: Bequeme Sensiform-Sitzgelegenheiten, die dazu dienten, dem Benutzer absolute Entspannung zu gewähren.
Farad'n stand mit dem Rücken zum Fenster. Er trug eine enganliegende Sardaukar-Uniform in Grau und Schwarz, deren Jackettaufschläge lediglich mit den goldenen Löwenklauen seiner Familie verziert waren. Er hatte an sich beschlossen, die Unterredung mit seiner Mutter und dem Bashar in diesem Raum zu führen, weil er hoffte, daß die Umgebung zur Entspannung einlud. Er schätzte eine Atmosphäre, in der leicht Kommunikation betrieben werden konnte, aber Tyekaniks nicht endenwollendes ›Hier, Mylord‹ und ›Da, Mylord‹ hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Man blieb auf Distanz.
»Ich glaube nicht, Mylord«, sagte Tyekanik, »daß er uns ein Angebot machen würde, das er nicht erfüllen kann.«
»Natürlich nicht!« warf Wensicia ein.
Farad'n warf seiner Mutter einen eisigen Blick zu, der sie sofort wieder zum Schweigen brachte. Er fragte: »Und wir haben weder Druck auf Idaho ausgeübt, noch darauf bestanden, daß der Prediger sein Versprechen einhält?«
»Nichts dergleichen«, sagte Tyekanik.
»Aus welchem Grund sollte uns also Duncan Idaho, der sein ganzes Leben lang dafür bekannt war, ein fanatischer Streiter der Atreides zu sein, nun Lady Jessica ausliefern?«
»Diese Gerüchte über die Streitigkeiten auf Arrakis ...«, wagte Wensicia einzuwerfen.
»Unbestätigt«, sagte Farad'n. »Besteht die Möglichkeit, daß der Prediger hinter dieser Sache steckt?«
»Möglich«, erwiderte Tyekanik. »Aber ich sehe sein Motiv nicht.«
»Er behauptet, ein Asyl für sie zu suchen«, meinte Farad'n. »Das wiederum deutet auf diese Gerüchte hin ...«
»Eben«, sagte seine Mutter.
»Es könnte aber genausogut irgendeine List dahinterstecken«, sagte Tyekanik.
»Am besten ist es, wenn wir alle Annahmen aufzählen und sie der Reihe nach unter die Lupe nehmen«, schlug Farad'n vor. »Was wäre, zum Beispiel, wenn Idaho bei seiner Alia in Ungnade gefallen ist?«
»Das würde einiges erklären«, sagte Wensicia, »aber er ...«
»Noch keine Nachricht von den Schmugglern?« unterbrach Farad'n sie. »Warum können wir nicht ...?«
»Die Übermittlungen gehen in diesen Zeiten etwas langsamer vor sich«, sagte Tyekanik. »Wir dürfen kein Risiko eingehen ...«
»Ja, natürlich, aber ...« Farad'n schüttelte den Kopf. »Unsere Annahme sagt mir nicht zu.«
»Du solltest sie nicht zu voreilig ablehnen«, sagte Wensicia. »All diese Geschichten, die man sich über Alia und diesen Priester erzählt ... Wie hieß er doch gleich?«
»Jarvid«, sagte Farad'n. »Aber dieser Mann ist offensichtlich ...«
»Er ist bisher eine ziemlich gute Informationsquelle für uns gewesen«, sagte Wensicia.
»Ich wollte gerade darauf hinaus, daß er möglicherweise die Rolle eines Doppelagenten spielt«, fuhr Farad'n fort. »Wie könnte er sich sonst selbst so stark belasten? Man kann ihm nicht trauen. Es gibt mir an ihm zu viele Anzeichen von ...«
»Ich sehe sie jedenfalls nicht«, sagte Wensicia.
Ihre Stumpfsinnigkeit rief plötzlich seine Wut hervor. »Du hast mein Wort, daß er einer ist, Mutter. Die Anzeichen sind klar. Ich werde dir das später erklären!«
»Ich fürchte, ich muß Ihnen da zustimmen«, sagte Tyekanik.
Wensicia schwieg beleidigt. Wie konnten sie es nur wagen, sie in einer solchen Art aus der Versammlung hinauszukatapultieren? Sie taten beinahe so, als sei sie eine der üblichen nichtswissenden,
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