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Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Titel: Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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erwachte er, fühlte sich erfrischt und lauschte nach Anzeichen von Leben. Dann kroch er aus der sandigen Hülle. Hoch oben in der Luft trieben Sandwolken dahin, und er fühlte, wie vereinzelte Körner, die aus einer anderen Richtung kamen, gegen seine Wangen schlugen. Er fühlte, daß ein Sturm im Anzug war.
    Vorsichtig robbte er dem Dünenkamm zu und warf noch einmal einen Blick auf die geheimnisvollen Felsen. Die zwischen ihm und dem Sietch liegende Luft war gelb. Das deutete auf einen Coriolissturm hin, jenem Wind, der den Tod mit sich trug. Er würde einen Windteppich aus Sand mit sich führen, der in der Lage war, ein Gebiet zu überspülen, das vier Breitengrade umfaßte. Die desolat wirkende Leere der Gipspfanne leuchtete jetzt, die Wolken reflektierend, ebenfalls in einem gelben Schimmer. Der falsche Friede des Abends hüllte ihn ein. Dann zerbrach der Tag, und die Nacht kam mit der Plötzlichkeit der Wüste. Die Felsen verwandelten sich im Licht des Ersten Mondes in winklige Zackenlandschaften. Er fühlte die Aufschläge von Sanddornen auf der Haut. Das Getöse trockenen Donners klang wie das Echo ferner Trommeln, und in der erleuchteten Zone zwischen Mond und Finsternis erkannte er plötzliche Bewegungen: Fledermäuse. Er hörte das Rascheln ihrer Schwingen ebenso wie das Quieken ihrer dünnen Stimmchen.
    Fledermäuse!
    Ob es nun Absicht war oder Zufall: Dieser Ort vermittelte den Eindruck einer aufgegebenen Ödnis. Und dennoch sollte hier der Platz sein, an dem sich die halblegendäre Festung der Schmuggler befand: Fondak. Aber was, wenn er das nicht war? Was, wenn das Tabu immer gegolten hatte – und er lediglich der leeren Hülle des geisterhaften Jacurutu gegenüberstand?
    Leto kroch in den Dünenschatten zurück und wartete darauf, daß die Nacht in den ihr eigenen Rhythmus verfiel. Geduld und Vorsicht – Vorsicht und Geduld. Er vertrieb sich die Zeit damit, sich über Chaucers Reiseweg von London nach Canterbury zu amüsieren und listete die Entfernungen von Southwark zu den umgebenden Ortschaften auf: Zwei Meilen nach St. Thomas, sechs Meilen nach Greenwich, dreißig Meilen nach Rochester, vierzig Meilen nach Sittingbourne, fünfundfünfzig Meilen nach Boughton-under-Blean, achtundfünfzig Meilen nach Harbledown und sechzig Meilen nach Canterbury. Es vermittelte ihm das Gefühl einer auf dem Strom der Zeitlosigkeit treibenden Boje, zu wissen, daß nur wenige in diesem Universum sich an Chaucer erinnern konnten oder irgendein London kannten außer jenem Dorf auf Gansireed. St. Thomas wurde in der Orange-Katholischen-Bibel und im Azhar-Buch erwähnt, aber Canterbury war ebenso aus dem Bewußtsein der Menschen verschwunden wie der Planet, auf dem sich die Stadt befunden hatte. Dort lag auch die Quelle seiner Erinnerungen verborgen und die jener Leben, die drohten, ihn zu verschlingen. Irgendwann würde er dieses Canterbury aufsuchen.
    Aber dennoch war seine derzeitige Reise länger und weitaus gefahrvoller.
    Leto erhob sich, überquerte den Dünenkamm und bewegte sich auf die mondbeschienenen Felsen zu. Er hielt sich in den Schatten verborgen und vermied jedes Geräusch, das dazu dienen konnte, seine Gegenwart zu verraten.
    Der Staub hatte sich, wie es oft vor einem Sturm geschah, verzogen. Die Nacht leuchtete klar. Obwohl der Tag nicht die geringste Bewegung offenbart hatte, hörte er jetzt kleine Geschöpfe zwischen den Steinen umherhuschen.
    In der Senke zwischen zwei Dünen stieß er auf eine Jerboa-Familie, die bei seinem Erscheinen das Weite suchte. Er setzte über die nächste Sandanhäufung hinweg, während eine bange Frage ihn beschäftigte: Die Spalte, die er aus der Ferne gesehen, hatte stellte sie wirklich den Zugang zum Sietch dar? Und es gab noch andere Dinge zu bedenken: Die Sietchs der alten Zeit enthielten Fallen – vergiftete Widerhaken auf dem Boden von Fallgruben, vergiftete Stacheln von Pflanzen. Ein fremenitischer Ausdruck fiel ihm ein: Die Nacht der Ohren. Und er horchte auf das kleinste Geräusch.
    Die grauen Felsen türmten sich nun vor ihm auf, und je näher er ihnen kam, desto gigantischer wurden sie. Als er lauschte, hörte er unsichtbare Vögel in den Klippen und den sanften Ruf geflügelter Räuber. Was hatte ihre Welt nur so auf den Kopf gestellt? Menschliche Dressur?
    Er fror plötzlich. Zwischen den Klippen leuchtete ein Feuer auf, ein glitzernder Schein von Edelsteinen, die sich vor dem dunklen Mantel der Nacht abhoben. Es hätte eines jener Signale sein können,

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