Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten
sehen.«
Jessica gestattete sich ein kleines Lächeln. »Sorge dafür, daß die Tore geschlossen werden, Stil. Niemand wird gehen, ehe wir die Gefangenen nicht verhört haben.«
»Das ist bereits geschehen, Mylady«, erwiderte Stilgar. »Ich habe diese Aktion zusammen mit Gurneys Stellvertreter geplant.«
»Dann waren es also deine Leute, die uns geholfen haben.«
»Einige davon, ja, Mylady.«
Als sie seine leichte Reserviertheit erkannte, nickte sie. »Du scheinst mich in jenen alten Tagen ziemlich genau studiert zu haben, Stil.«
»Wie Sie mir einst, als ich verwundet war, zu erzählen beliebten, Mylady, lohnt es sich, von den Überlebenden zu lernen.«
Alia machte einen Schritt nach vorn, und Stilgar überließ ihr seinen Platz. Mutter und Tochter standen einander nun gegenüber.
Da Jessica genau wußte, daß es sinnlos war, das zu verbergen, was sie erkannt hatte, versuchte sie erst gar nicht, sich zu verstellen. Alia war in der Lage, jede Einzelheit aus der Betrachtung ihres Gesichts herauszulesen, wenn sie nur wollte. In dieser Beziehung war sie keiner Angehörigen der Schwesternschaft unterlegen. Sicher war sie bereits darüber informiert, was ihre Mutter wußte und welche Schlüsse sie daraus gezogen hatte. Im Angesicht der Sterblichen waren sie nun Gegnerinnen.
Und für Alia schien in diesem Moment der Zorn die nur allzu natürlichste Form der Reaktion zu sein.
»Wie kannst du es wagen, hier eine solche Aktion durchzuführen, ohne mich vorher zu konsultieren?« fauchte sie und reckte den Kopf ziemlich nahe an Jessica heran.
Jessica erwiderte sanft: »Wie du eben gehört hast, hat Gurney nicht einmal mich in den gesamten Plan eingeweiht. Eigentlich hatten wir vor ...«
»Und auch du, Stilgar!« stieß Alia hervor und wandte sich nach ihm um. »Wem bist du eigentlich zur Loyalität verpflichtet?«
»Mein Eid gilt Muad'dibs Kindern«, erwiderte Stilgar in formellem Tonfall. »Wir haben nichts anderes getan, als sie vor einem Verrat zu beschützen.«
»Gibt es einen Grund dafür, daß dich das nicht mit Freude erfüllt ... Tochter?« fragte Jessica.
Alia blinzelte, warf ihrer Mutter einen Blick zu und unterdrückte ihre Wut. Sie schaffte es sogar, ein ebenmäßiges Lächeln hervorzubringen. »Es erfüllte mich mit Freude ... Mutter«, gab sie zurück – und zu ihrer großen Überraschung stellte sie fest, daß sie wirklich glücklich war, auch wenn ihr bewußt wurde, daß immer noch alles zwischen ihrer Mutter und ihr offen war. Der Moment, vor dem sie sich gefürchtet hatte, war vorbei. Noch immer hatte sich am Gleichgewicht der Kräfte nichts geändert. Sich gleichzeitig ihrer Mutter und Stilgar zuwendend, sagte sie: »Wir werden das detaillierter und zu passenderer Zeit diskutieren.«
»Aber natürlich«, entgegnete Jessica und wandte sich mit einer Alia aus der Audienz entlassenden Bewegung Prinzessin Irulan zu.
Einige kurze Herzschläge lang standen sie einander gegenüber und maßen sich schweigend – zwei Bene Gesserit, die mit ihrer Organisation aus den gleichen Gründen gebrochen hatten: aus Liebe. Sie hatten beide Männer geliebt, die nun tot waren. Die Prinzessin hatte Paul geliebt, ohne daß er ihr seinerseits irgendwelche Gefühle entgegengebracht hätte. Sie war zwar seine Gemahlin, nicht jedoch seine Frau geworden. Und jetzt lebte sie nur noch für die Kinder, die ihm seine Konkubine Chani geboren hatte.
Jessica ergriff das Wort zuerst. »Wo sind meine Enkel?«
»Im Sietch Tabr.«
»Es wäre gefährlich für sie hier draußen, nehme ich an.«
Irulan nickte unmerklich. Auch ihr war das seltsame Verhältnis zwischen Alia und Jessica nicht entgangen. Allerdings stand sie unter dem Einfluß einer eigenen Interpretation, an deren Existenz Alia entscheidend mitgewirkt hatte: »Jessica ist in die Obhut der Schwesternschaft zurückgekehrt – und wir wissen beide, welches Interesse diese Organisation an Pauls Kindern hat.«
Irulan hatte nie zu den besonders gut ausgebildeten Adepten der Bene Gesserit gehört, sondern verdankte ihren Status hauptsächlich der wichtigen Tatsache, daß sie eine Tochter des ehemaligen Imperators war. Ihre minimalen Fähigkeiten versuchte sie mit einer hervorstechenden Portion an Arroganz zu kaschieren. So auch jetzt. Die Art, in der sie antwortete, zeigte deutlich, daß ihr psychologisches Einfühlungsvermögen nicht das beste war.
»Wirklich, Jessica«, sagte sie, »du hättest den Königlichen Rat konsultieren sollen. Es war falsch, lediglich mit
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