Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
dieses Zimmers angefertigt worden war.
Sie trug einen einteiligen Schlafanzug von dunkelblauer Farbe, der sich eng um ihre breiten Schultern spannte, wenn sie sich über den Tisch beugte. Der Leuchtglobus erhellte das kurzgeschnittene, blonde Haar und die rechte Gesichtshälfte der Frau, und das Licht betonte zusätzlich ihr viereckiges Kinn. Die Lippen der Frau bewegten sich wie in einem stummen Gespräch, während ihre dicken Finger sorgfältig die Tastatur einer flachen, auf dem Schreibtisch stehenden Apparatur betätigten. Sie behandelte die Maschine mit einem Respekt, der als Ehrerbietigkeit begonnen und zögernd in furchtsame Nervosität übergegangen war. Jede andere Emotion hatte die lange Bekanntschaft mit der Apparatur ausgelöscht.
Während die Frau schrieb, erschienen auf einem in die Wand eingelassenen Bildschirm ihre Worte.
»Siona begeht weiterhin Handlungen, deren Ziel Angriffe auf Eure Heiligkeit sind«, schrieb sie. »Siona bleibt ihren selbst eingestandenen Zielen unbeirrbar verbunden. Heute hat sie mir erzählt, daß sie Kopien der gestohlenen Bücher an jene Gruppierungen weitergeben will, deren Loyalität Euch gegenüber fragwürdig ist. Die Empfänger sind die Bene Gesserit, die Gilde und die Ixianer. Sie sagt, daß die Bücher Eure verschlüsselten Worte enthalten, und sie hofft mit Hilfe dieser Zuwendungen Unterstützung bei der Decodierung Eurer geheiligten Worte zu finden.
Herr, ich weiß nicht, welche großen Offenbarungen auf diesen Seiten verborgen sind, aber falls sie etwas enthalten, das eine Bedrohung Eurer heiligen Person darstellt, bitte ich Euch, mich von meinem Versprechen, Siona gegenüber gehorsam zu sein, zu entbinden. Ich weiß zwar nicht, warum ich Euch dieses Versprechen geben mußte, aber ich fürchte mich.
Ich bleibe Eure gläubige Dienerin, Nayla.«
Der Stuhl knarrte, als Nayla sich zurücklehnte und über ihre Worte nachdachte. Es wurde beinahe ganz still in ihrem Raum. Es war nur noch Naylas leises Atmen und ein fernes, maschinelles Pochen zu hören, das aber eher im Boden als in der Luft spürbar war.
Nayla musterte ihre sich auf dem Bildschirm abzeichnende Botschaft. Sie war nur für die Augen des Gott-Kaisers bestimmt, deswegen erforderte sie mehr als nur die heilige Wahrheit. Sie verlangte nach einer tiefen Aufrichtigkeit, und das war für Nayla kein Problem. Plötzlich nickte sie und drückte eine Taste, mit der ihre Worte verschlüsselt und auf die Reise geschickt wurden. Sie neigte den Kopf und sprach ein leises Gebet, bevor sie den Schreibtisch hochklappte und im Innern der Wand verbarg. Diese Handlungen, wußte sie, übermittelten ihre Botschaft. Gott selbst hatte eine lebende Gerätschaft in ihren Kopf eingepflanzt, der sie zum Schweigen verpflichtet und darauf vorbereitet hatte, daß irgendwann eine Zeit kommen würde, in der er sich durch das Ding in ihrem Kopf direkt an sie wandte. Bisher hatte er dies noch nicht getan. Nayla vermutete, daß die Ixianer dieses Ding erschaffen hatten. Es hatte sie irgendwie an sie erinnert. Aber Gott selbst war dafür verantwortlich gewesen; deswegen konnte sie den Gedanken, daß dieses Ding irgend etwas mit einem Computer zu tun hatte, ignorieren. Ebenso konnte sie den Gedanken beiseite schieben, daß es etwas war, das die Große Konvention möglicherweise verboten hatte.
»DU SOLLST KEINE MASCHINE NACH DEINEM GEISTIGEN EBENBILDE MACHEN!«
Nayla fröstelte. Dann stand sie auf und schob den Stuhl auf seinen üblichen Platz – neben die Liege. Ihr schwerer, muskulöser Körper zeichnete sich unter dem dünnen Stoff ihres Gewandes ab. Es war eine gewisse Bedächtigkeit an ihr, und ihre Bewegungen zeugten davon, daß sie an harte, körperliche Arbeit gewohnt war. An der Liege hielt sie an und musterte die Stelle, an der sich der Schreibtisch befunden hatte. Jetzt befand sich dort nur noch eine rechteckige, graue Platte, wie anderswo auch. Keine Faser, kein Härchen, nichts war dort zu sehen, was das Geheimnis der Wand hätte verraten können.
Nayla nahm einen tiefen, kräftigenden Atemzug und ging durch die einzige Tür, die der Raum hatte, in einen grauen Korridor hinaus, der von weit auseinanderstehenden, weißen Leuchtgloben nur matt erhellt wurde. Die Maschinengeräusche waren hier lauter. Sie bog nach links ab und traf ein paar Minuten später in einem etwas größeren Raum auf Siona. In seiner Mitte befand sich ein Tisch, auf dem die Dinge ausgebreitet waren, die man in der Zitadelle gestohlen hatte. Zwei
Weitere Kostenlose Bücher