Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
nicht auffiel, daß sich mehr Leute als gewöhnlich in den Versorgungsgängen aufhielten. Die meisten der Rebellen waren als Arbeiter der Stadtwerke verkleidet und trugen dünne graue Hosen und Jacken, die sie als solche kenntlich machten. Einige andere, darunter auch Siona, trugen die grüne Kleidung der Maschinen-Inspektoren.
Topris Stimme beherrschte mit ihrer Monotonie den ganzen Raum. Während er die Zeremonie vornahm, quäkte er erstaunlicherweise nicht. Und tatsächlich – das mußte Siona zugeben – machte er seine Sache durchaus gut. Besonderes Geschick hatte er im Umgang mit den Neuzugängen. Seitdem Nayla unumwunden zugegeben hatte, daß sie dem Mann nicht über den Weg traute, sah Siona ihn allerdings ebenfalls mit anderen Augen. Nayla hatte die Gabe, mit einer dermaßen entwaffnenden Offenheit zu reden, daß die, um die es ging, buchstäblich keine andere Wahl mehr hatten, als ihre Masken fallen zu lassen. Und seit dieser Konfrontation hatte Siona noch einige andere Dinge über Topri erfahren.
Schließlich drehte Siona den Kopf und sah ihn an. Das kaltsilberne Licht tat Topris blasser Haut keinen Gefallen. Für die Zeremonie benutzte er ein imitiertes Crysmesser, das sie von einem Museumsfremen gekauft hatten. Als sie die Klinge in Topris Hand sah, erinnerte sie sich wieder an die Transaktion. Es war Topris Idee gewesen – und damals hatte Siona sie für eine gute gehalten. Er hatte sie zu einem Hotel in den städtischen Außenbezirken gebracht, um den Mann zu treffen. Sie waren während der Dämmerung gegangen und hatten bis in die Dunkelheit der Nacht hinein gewartet, weil der Mann nicht hatte erkannt werden wollen. Von den Museumsfremen erwartete man nicht, daß sie ohne eine Anweisung ihres Gott-Kaisers eine Sietch-Unterkunft verließen.
Sie hatte schon aufgeben wollen, aber dann war der Mann doch erschienen. Er war geradewegs aus der Nacht gekommen und hatte eine Eskorte mitgebracht, die zurückgeblieben war, um den Eingang zu bewachen. Topri und Siona hatten ihn auf einer einfachen Bank erwartet, die vor einer Wand des schlicht eingerichteten Raums stand. Die einzige Lichtquelle: eine mattgelb leuchtende Fackel. Sie war an einem Knüppel befestigt, den man in die allmählich zerbröselnde Lehmmauer gesteckt hatte.
Die ersten Worte des Fremen hatten Siona mit unguten Gefühlen erfüllt.
»Habt ihr das Geld mitgebracht?«
Bei seinem Eintritt waren Siona und Topri aufgestanden. Topri schien die Frage überhaupt nicht zu berühren. Er klopfte auf die unter seinem Umhang versteckte Börse und brachte ihren Inhalt zum Klingen.
»Hier ist das Geld.«
Der Mann, der ihnen gegenüberstand, war eine vertrocknete Gestalt. Er ging vornübergebeugt, trug eine Nachahmung der alten fremenitischen Robe und darunter irgendein schimmerndes Kleidungsstück, das möglicherweise irgendeine Destillanzug-Version darstellte. Er hatte die Kapuze in die Stirn gezogen, damit man ihn nicht erkennen konnte. Das Licht der Fackel ließ kleine Schatten über sein Gesicht tanzen.
Bevor er den Gegenstand, den er eingewickelt unter seiner Robe versteckt hatte, hervorzog, sah er von einem zum anderen.
»Es ist zwar eine echte Kopie, aber sie besteht aus Kunststoff«, sagte er. »Man kann damit nicht einmal erkaltetes Fett zerschneiden.«
Er packte die Klinge aus und hielt sie hoch.
Siona, die Crysmesser nur aus Museen und den seltenen Bildaufzeichnungen ihres Familienarchivs kannte, war sich beim Anblick der Klinge in dieser Umgebung irgendwie seltsam berührt vorgekommen. In ihr hatte sich das Gefühl breitgemacht, einem atavistischen Impuls zu unterliegen. Sie hatte sich den armen alten Museumsfremen und sein Kunststoffmesser als echten Fremen aus den alten Zeiten vorgestellt. Das Ding, das er in der Hand hielt, wurde plötzlich zu einem silbern leuchtenden Crysmesser, das in den gelben Schatten aufblitzte.
»Ich garantiere die Echtheit der Klinge, nach der wir diese Kopie angefertigt haben«, sagte der Mann. Er sprach mit leiser Stimme. Da er keinerlei Nachdruck in sie hineinlegte, hörte sie sich irgendwie krank an.
Und dann hörte Siona es heraus: den Zorn des Mannes, den er in weiche Watte verpackt hatte. Daraufhin war ihre Wachsamkeit noch größer geworden.
»Wenn du uns zu betrügen versuchst«, sagte sie, »werden wir dich jagen wie ein Ungeziefer.«
Topri warf ihr einen überraschten Blick zu.
Der Museumsfreme schien zusammenzuschrumpfen, als würde er sich in sich selbst zurückziehen. Die Klinge in
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