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Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten

Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten

Titel: Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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er über die sich duckende Stadt hinwegsah. Von Anfang an, seit der Entwicklung des winzigkleinen Kernpunktes einer Idee, hatten die Führer der Bene Tleilax die Gefahren eines jeden Planes in jeder Hinsicht vor sich ausgebreitet gesehen. Sie hatten gewußt, daß sie immer und immer wieder hatten das Risiko eines Desasters eingehen müssen. Sie hatten bittere Verluste, Unterwerfung und Demütigung hingenommen. All dies und noch viel mehr hatte dazu beigetragen, den Bene Tleilax ein bestimmtes Image zu verschaffen. Die Jahrtausende der Heuchelei hatten einen Mythos begründet.
    »Die verdorbenen, widerlichen, schmutzigen Tleilaxu! Die dummen Tleilaxu! Die berechenbaren Tleilaxu! Die impulsiven Tleilaxu!«
    Selbst die Jünger des Propheten waren diesem Mythos zum Opfer gefallen. Eine gefangene Fischrednerin hatte einst in ebendiesem Raum gestanden und einem Tleilaxu-Meister entgegengeschrien: »Wer sich lange verstellt, erschafft eine Realität! Ihr seid wahrhaftig verkommen!« Da hatte er sie getötet, und der Prophet hatte nichts getan.
    Wie wenig doch all diese fremden Welten und Völker die Zurückhaltung der Tleilaxu verstanden. Impulsiv sollten sie sein? Sie sollten noch einmal darüber nachdenken, nachdem die Bene Tleilax gezeigt hatten, wie viele Jahrtausende sie auf ihren Aufstieg warten konnten.
    »Spannungsbogen!«
    Waff ließ das uralte Wort auf der Zunge zergehen. Wie weit spannte man einen Bogen, bevor man den Pfeil von der Sehne schnellen ließ? Dieser Pfeil würde tief in sein Ziel eindringen!
    »Die Masheikh haben länger gewartet als alle anderen«, sagte Waff leise. Hier, in seiner Turmfeste, wagte er das Wort auszusprechen: »Masheikh.«
    Während die Sonne höherstieg, funkelten unter ihm die Dächer. Er hörte, daß sich in der Stadt das Leben rührte. Die süße Bitterkeit der Tleilaxu-Gerüche trieb mit der Luft durch sein Fenster. Waff atmete tief ein. Dann schloß er das Fenster wieder.
    Der Augenblick einsamer Beobachtung hatte ihn gestärkt. Er wandte sich vom Fenster ab und zog das weiße Khilat-Ehrengewand an, vor dem sich alle Domel verbeugen mußten. Das Gewand verhüllte seinen untersetzten Körper völlig und erweckte in ihm das ausgeprägte Gefühl, es sei in Wirklichkeit eine Rüstung.
    Die Rüstung Gottes!
    »Wir sind das Volk des Yaghisten«, hatte er die Mitglieder des Rates erst am vergangenen Abend ermahnt. »Alles andere ist nur Maske. Wir haben den Mythos unserer eigenen Schwäche und Lasterhaftigkeit seit Jahrtausenden nur mit einem Ziel genährt. Und selbst die Bene Gesserit glauben daran!«
    Er hatte in dem tiefen, fensterlosen Sagramit, dem Nicht-Kammer-Schild, gesessen, während seine neun Berater seinen Worten mit einem zustimmenden, stummen Lächeln gelauscht hatten. Beim Scharfsinn des Ghufran, sie wußten Bescheid. Die Bühne, auf der die Tleilaxu ihr eigenes Schicksal festlegten, war stets dem Ghufran vorbehalten gewesen.
    Dazu gehörte, daß sogar Waff, der mächtigste aller Tleilaxu, seine Welt nicht verlassen konnte, ohne sich selbst dem Ghufran zu stellen und um Vergebung dafür zu bitten, daß er mit den unvorstellbaren Sünden der Fremden in Berührung gekommen war. Wenn man sich unter den Powindah bewegte, beschmutzte sich selbst der Mächtigste. Die Khasadar, die sämtliche Tleilaxu-Grenzen sicherten und die Selamliks der Frauen bewachten, mißtrauten sogar Waff – und zwar mit Recht. Er gehörte zum Volk und zu seinen Führern, gewiß, aber er mußte dies jedesmal aufs neue beweisen, wenn er die Heimat verließ und zurückkehrte, und auch jedesmal dann, wenn er einen Selamlik betrat, um sein Sperma abzuliefern.
    Waff ging an einem langen Spiegel vorbei und überprüfte den Sitz seines Gewandes. Für die Powindah, das war ihm klar, mußte er mit seiner Körpergröße von knapp einem Meter und fünfzig wie ein Zwerg erscheinen. Seine Augen, sein Haar und seine Haut – alles war angegraut und bildete eine Bühne für das ovale Gesicht mit dem kleinen Mund und dessen scharfen Zahnreihen. Ein Gestaltwandler konnte seine Mimik und seine Pose vielleicht imitieren und auf den Befehl eines Masheikhs anstatt seiner auftreten, aber kein Masheikh oder Khasadar würde sich von ihm täuschen lassen. Nur einen Powindah würde man damit an der Nase herumführen können.
    Aber keine Bene Gesserit!
    Dieser Gedanke verfinsterte sein Gesicht. Na gut, die neuen Gestaltwandler mußten die Hexen erst noch kennenlernen.
    Kein anderes Volk hat die Sprache der Genetik so gut

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