Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
gefährlich! Verdammt sollen sie sein! Hast du denn noch nicht genug für sie getan?«
»Offenbar nicht.«
Als Patrin von der anderen Seite her das Treibhaus betrat, wandte sie sich ab. Er hörte, daß sie mit ihm redete, als sie an ihm vorbeikam.
»Je älter er wird, desto ähnlicher wird er einer Ehrwürdigen Mutter!«
Was hätte sie sonst erwarten können? fragte sich Teg. Als Sohn einer Ehrwürdigen Mutter, gezeugt von einem kleinen Funktionär der Merkantilen Allianz für Fortschritt und Entwicklung im All, war er in einem Haushalt großgezogen worden, der nach der Pfeife der Schwesternschaft tanzte. Schon in jungen Jahren war ihm klar gewesen, daß die Treue seines Vaters zum interplanetaren Handelsnetz der MAFEA sich in Nichts auflöste, wenn seine Mutter einen Einwand erhob.
Dieses Haus war das Haus seiner Mutter gewesen – und zwar bis zu ihrem Tod. Sie war ein knappes Jahr nach seinem Vater gestorben. Die Auswirkungen ihrer Entscheidungen waren überall um ihn herum verstreut.
Patrin blieb vor ihm stehen. »Ich bin wegen meines Notizbuches gekommen. Haben Sie ihm neue Namen hinzugefügt?«
»Ein paar. Du kümmerst dich am besten sofort darum!«
»Ja, Herr!« Patrin setzte eine gescheite Miene auf und ging den Weg zurück, den er gekommen war. Dabei klopfte er mit dem Notizbuch gegen seinen Oberschenkel.
Er spürt es auch, dachte Teg.
Erneut sah er sich um. Das Haus war immer noch das seiner Mutter. Und das nach all den Jahren, die er hier verbracht und in denen er eine Familie gegründet hatte! Es war immer noch ihr Heim. Oh, gewiß, er hatte das Treibhaus gebaut, aber sogar das Arbeitszimmer war das ihre gewesen.
Janet Roxbrough von den Lernaeus-Roxbroughs. Die Möbel, das ganze Dekor, alles ihres. Taraza hatte es bemerkt. Obwohl er und seine Frau einiges von dem, was an der Oberfläche lag, verändert hatten, deutete im Kern alles auf Janet Roxbrough hin. Keine Frage, daß Fischrednerblut in ihren Ahnen gewesen war. Welch ein Gewinn sie für die Schwesternschaft gewesen war! Daß sie Loschy Teg geheiratet und ihr Leben an diesem Ort verbracht hatte – das war das Sonderbare. Eine unverdauliche Tatsache, wenn man nicht wußte, wie sich die Zuchtprogramme der Schwesternschaft über Generationen auswirkten.
Sie haben es schon wieder getan, dachte Teg. Sie haben mich all diese Jahre bloß für diesen Augenblick im Hintergrund verschwinden lassen.
5
Hat die Religion nicht seit Jahrtausenden behauptet, ein Schöpfungspatent zu haben?
Die Tleilaxu-Frage,
aus den Reden Muad'dibs
Die Atmosphäre von Tleilax war kristallklar und von einer Reglosigkeit, die sowohl für die morgendliche Kälte als auch das spürbar ängstliche Sich-Ducken typisch war – als warte draußen in der Stadt Bandalong das Leben erwartungsvoll und begierig auf ein persönliches Zeichen, damit es sich rühren könne. Der Mahai Tylwyth Waff, der Meister aller Meister, genoß diese Stunde mehr als jede andere des Tages. Jetzt, als er aus dem offenen Fenster sah, gehörte die Stadt ihm allein. Bandalong würde nur auf seinen Befehl hin zum Leben erwachen (sagte er sich). Die Angst, er könne spüren, was sich dort draußen tat, war sein Halt gegenüber jeder Wirklichkeit, die eventuell aus diesem Brutreservoir des Daseins erwachsen konnte: Die Tleilaxu-Zivilisation hatte hier ihren Anfang genommen und ihre Macht dann immer weiter ausgedehnt.
Sein Volk hatte Jahrtausende auf diesen Tag gewartet. Waff genoß die momentane Lage. Während der schlechten Zeiten des Propheten Leto II. (nicht Gott-Kaiser, aber Gottes Sendbote), während der Hungerjahre und der Diaspora, während aller schmerzlichen Niederlagen, die man von niedrigeren Geschöpfen hatte einstecken müssen, während all dieser Agonien hatten die Tleilaxu ihre geduldigen Kräfte auf diesen Augenblick vorbereitet.
Jetzt sind wir am Zug, Prophet!
Die Stadt, die unterhalb seines großen Fensters lag, war ein Symbol für ihn, ein festes Zeichen auf der Seite eines Tleilaxu-Bauplans. Weitere Tleilaxu-Welten, weitere Großstädte, die miteinander verbunden und voneinander abhängig waren und auf seinen Gott und seine Stadt vertrauten, warteten auf das Zeichen; und alle wußten, daß es bald kommen mußte. Die vereinten Kräfte der Gestaltwandler und Masheikh hatten ihre Stärke bewußt zurückgehalten – für den kosmischen Sprung. Die Jahrtausende des Wartens näherten sich dem Ende.
Für Waff begann nun ›der lange Anfang‹.
Ja. Er nickte vor sich hin, als
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