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Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten

Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten

Titel: Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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gemeistert wie die Bene Tleilax, redete er sich ein. Es ist unser Recht, sie ›die Sprache Gottes‹ zu nennen, da Gott selbst uns diese gewaltige Macht verliehen hat.
    Waff begab sich zur Tür und wartete auf das Morgengeläut. Es gab keine Möglichkeit, die Reichhaltigkeit der Gefühle, die er spürte, in Worte zu kleiden, sagte er sich. Die Zeit breitete sich vor ihm aus. Er fragte nicht danach, wieso nur die Bene Tleilax die wahre Botschaft des Propheten vernommen hatten. Es war ein Werk Gottes gewesen, und der Prophet hatte dabei als sein verlängerter Arm gewirkt. Man mußte ihm den Respekt entgegenbringen, der einem göttlichen Sendboten zustand.
    Du hast sie für uns vorbereitet, o Prophet.
    Und der Ghola auf Gammu, dieser Ghola zu dieser Zeit, war das Warten gänzlich wert gewesen.
    Das Morgengeläut erklang, und Waff ging in den Korridor hinaus, gesellte sich zu anderen jetzt auftauchenden weißgewandeten Gestalten und wandte sich zum Ostbalkon, um die Sonne zu begrüßen. Als Mahai und Abdl seines Volkes konnte er sich nun höchstpersönlich mit allen Tleilaxu identifizieren.
    Wir sind die Legalisten des Shariat, die letzten unserer Art im Universum.
    Nirgendwo außerhalb der geheimen Kammern seiner Malik-Brüder konnte er einen derartigen Gedanken offenbaren, aber er wußte, daß dies ein Gedanke war, den in diesem Augenblick jeder Geist, der ihn umgab, teilte. Und was dieser Gedanke bewirkte, konnte er sowohl auf den Gesichtern der Masheikh als auch in denen der Domel und Gestaltwandler erkennen. Das Paradoxon der verwandtschaftlichen Bindungen und das Gefühl der gesellschaftlichen Identität, das die Khel von den Masheikh bis hinunter zum niedrigsten Domel durchdrang, war für ihn nicht existent.
    Wir dienen dem gleichen Gott.
    Ein Gestaltwandler in der Maske eines Domel verbeugte sich und öffnete die Balkontüren. Waff, der umgeben von zahlreichen Gefährten in das Sonnenlicht hinaustrat, lächelte, als er das Gesicht des Gestaltwandlers erkannte.
    Jetzt schon ein Domel! Es war ein Familienwitz, aber die Gestaltwandler gehörten nicht zur Familie. Sie waren Konstruktionen, Werkzeuge, ebenso wie ein Ghola ein Werkzeug war. Die Sprache Gottes, die nur die Masheikh sprachen, hatte sie erschaffen.
    Während die anderen sich eng um ihn drängten, ehrte Waff die Sonne. Er stieß den Ruf des Abdl aus und hörte, wie er von zahllosen Stimmen aus den weitesten Bereichen der Stadt zurückgegeben wurde.
    »Die Sonne ist nicht Gott!« rief er aus.
    Nein, die Sonne war lediglich ein Symbol seiner unendlichen Macht und Gnade – eine weitere Konstruktion, ein weiteres Werkzeug. Sich vom Ghufran des vergangenen Abends gereinigt und von seinem Morgenritual bestärkt fühlend, konnte Waff jetzt daran denken, wie er nach draußen, in die Bereiche der Powindah, vorgestoßen war – was den Ghufran notwendig gemacht hatte. Andere Gläubige machten ihm den Weg frei, als er in die Innenkorridore zurückkehrte und den Gleitgang betrat, der ihn in den Hauptgarten trug. Er hatte seine Berater gebeten, ihn hier zu treffen.
    Es war ein erfolgreicher Raubzug bei den Powindah, dachte er.
    Jedesmal wenn er die inneren Welten der Bene Tleilax verließ, hatte Waff das Gefühl, er befände sich auf einem Lashkar, einem Einsatzkommando, das auf jenen letzten Rachefeldzug aus war, den sein Volk im geheimen ›Bodal‹ nannte (und dessen man sich während jedes Ghufrans als erstes rückversicherte). Und sein letzter Lashkar war äußerst erfolgreich gewesen.
    Waff verließ den Gleitgang und trat in den Hauptgarten, der von Prismenreflektoren, die auf den Dächern standen, in helles Sonnenlicht getaucht wurde. Ein kleiner Springbrunnen nahm das Herz der ringförmigen Anlage ein. Ein niedriger Zaun aus weißen Latten grenzte an einer Seite einen kurzgeschnittenen Rasen ab, eine Zone, die zwar nahe genug am Brunnen lag, damit die Luft feucht genug war, aber weit genug entfernt, damit das plätschernde Wasser eine mit leiser Stimme geführte Konversation nicht stören konnte. Rings um die grasbewachsene Fläche hatte man zehn schmale Bänke aus einem uralten Kunststoff aufgestellt – neun davon umgaben in einem Halbkreis die zehnte, die sich räumlich von ihnen etwas abhob.
    Waff legte am Rand der grasbewachsenen Umzäunung eine Pause ein, sah sich um und fragte sich, warum er beim Anblick dieses Platzes noch nie die gleiche Freude empfunden hatte wie jetzt. Das dunkle Blau der Bänke war genau richtig und paßte zu ihrem Material.

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