Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
haben sie nur für mich angelegt. Sie wissen, daß ich sie beobachte. Sie haben sich in ihrer natürlichen Kommunalform entspannt. Sieh näher hin!«
Miles neigte den Kopf zur Seite und studierte die Gestaltwandler eingehend. Sie sahen umgänglich und unscheinbar aus.
»Sie haben kein eigenes Bewußtsein«, sagte seine Mutter. »Sie haben nur den Instinkt, ihr Leben zu schützen – es sei denn, ihre Herren befehlen ihnen, für sie zu sterben.«
»Würden sie das tun?«
»Sie haben es sehr oft getan.«
»Wer sind ihre Herren?«
»Männer, die die Planeten der Bene Tleilax nur selten verlassen.«
»Haben sie Kinder?«
»Gestaltwandler nicht. Sie sind unfruchtbar, steril. Aber ihre Herren können Kinder haben. Wir haben ein paar von ihnen erbeutet, aber ihre Sprößlinge sind seltsam. Sie bekommen nur wenige Mädchen, und selbst deren Weitergehende Erinnerungen sind unauffindbar.«
Miles' Gesicht verfinsterte sich. Er wußte, daß seine Mutter eine Bene Gesserit war. Er wußte, daß die Ehrwürdigen Mütter über ein wundersames Reservoir an Weitergehenden Erinnerungen verfügten, das durch alle Jahrtausende der Schwesternschaft zurückreichte. Er wußte sogar etwas über das Zuchtprogramm der Bene Gesserit. Die Ehrwürdigen Mütter wählten sich bestimmte Männer aus und bekamen von diesen Kinder.
»Wie sehen die Tleilaxu-Frauen aus?« fragte er.
Bei dieser scharfsinnigen Frage floß ein Strom des Stolzes durch Lady Janet. Ja, es war fast sicher, daß sie hier einen potentiellen Mentaten hatte. Die Zuchtmeisterinnen hatten recht gehabt, was das genetische Potential Loschy Tegs anging.
»Niemand, der außerhalb der Tleilaxu-Planeten lebt, hat je davon berichtet, einen weiblichen Tleilaxu gesehen zu haben«, sagte Lady Janet.
»Gibt es überhaupt welche? Oder kommen sie aus Tanks?«
»Es gibt sie.«
»Gibt es unter den Gestaltwandlern Frauen?«
»Sie können, wenn sie wollen, als Mann oder als Frau auftreten. Sieh sie dir sorgfältig an! Sie wissen, was dein Vater vorhat, und das ärgert sie.«
»Werden sie versuchen, ihm wehzutun?«
»Ihnen liegt nichts daran. Wir haben Vorbereitungen dafür getroffen, und das wissen sie. Da sie kein eigenes Bewußtsein haben, könnten sie sogar über das Schrecklichste hinausgehen. Nichts von dem, was sie sagen oder tun, kann man trauen.«
Miles fröstelte.
»Wir haben es nie geschafft, ihnen einen ethischen Code nachzuweisen«, sagte Lady Janet. »Sie sind aus Fleisch gemachte Automaten. Ohne eigenes Ich haben sie nichts, was sie achten oder auch nur anzweifeln. Man züchtet sie nur, damit sie ihren Herren gehorchen.«
»Und man hat ihnen gesagt, sie sollen herkommen und Reis kaufen.«
»Genau. Man hat ihnen gesagt, sie sollen ihn hier kaufen. Aber es gibt keinen anderen Ort in diesem Sektor, wo sie ihn bekommen können.«
»Sie müssen also bei Vater kaufen?«
»Er ist ihre einzige Quelle. Genau in diesem Moment, Sohn, bezahlen sie in Melange. Siehst du?«
Miles sah, wie die orange-braunen Gewürzgutscheine von einer Hand in die andere überwechselten, ein großer Stapel, den einer der Gestaltwandler aus einem Kasten nahm, der auf dem Boden stand.
»Der Preis liegt weit höher, als sie je erwartet haben«, sagte Lady Janet. »Dieser Spur wird man leicht folgen können.«
»Wieso?«
»Wer diese Ladung gekauft hat, wird bankrott machen. Wir glauben, daß wir den Käufer kennen. Wer immer er ist, wir werden es erfahren. Und dann werden wir wissen, welcher Handel hier wirklich vor sich gegangen ist.«
Schließlich verdeutlichte Lady Janet ihm die identifizierbaren Ungereimtheiten, die einen Gestaltwandler ausmachten und einem geübten Auge nicht verborgen bleiben konnten. Die Anzeichen waren kaum auszumachen, aber Miles kapierte sie augenblicklich. Dann erzählte seine Mutter ihm, daß sie glaube, aus ihm könne ein Mentat werden ... möglicherweise sogar noch mehr.
Kurz vor seinem dreizehnten Geburtstag wurde Miles Teg in die Vorschule der Bene Gesserit-Festung von Lampadas geschickt, die das Gutachten seiner Mutter bestätigte. Sie erhielt folgende Botschaft:
»Du hast uns den Krieger-Mentaten geschenkt, auf den wir gehofft haben.«
Teg bekam dieses Schreiben erst zu Gesicht, als er nach dem Tod seiner Mutter ihre Papiere ordnete. Die Worte standen auf einem kleinen Bogen ridulianischen Kristalls und trugen das Siegel des Domstifts. Als er es sah, kam er sich vor, als hielte er sich in der falschen Zeit auf. Seine Erinnerung führte ihn plötzlich
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