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Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten

Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten

Titel: Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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das seine Mutter? fragte er sich. Seine richtige Mutter?
    Selbst Gholas mußten einmal richtige Mütter gehabt haben. Irgendwann vor der Zeit, die er in den Axolotl-Tanks verbracht hatte, mußte es eine lebende Frau gegeben haben, die ihn geboren und ... geliebt hatte. Ja, geliebt hatte, weil er ihr Kind gewesen war. Wenn das Gesicht auf der Wand nicht das seiner Mutter war, wie hatte ihr Abbild ihn hier aufgestöbert? Er konnte das Gesicht zwar nicht identifizieren, aber er wollte, daß es das seiner Mutter war.
    Diese Erfahrung flößte ihm zwar Angst ein, hielt ihn aber nicht davon ab, sie sich erneut herbeizuwünschen. Wer immer die junge Frau auch war, ihre dahinschwindende Gegenwart verlockte ihn. Und der Fremde in ihm kannte die junge Frau ebenfalls. Er war sich dessen sicher. Manchmal wünschte er sich, dieser Fremde zu sein – nur für einen Augenblick, gerade lange genug, um all diese verschütteten Erinnerungen zu durchstöbern –, aber er fürchtete sich vor diesem Verlangen. Er war der Meinung, sein wahres Ich zu verlieren, wenn der Fremde in sein Bewußtsein vordrang.
    Wäre es so ähnlich wie der Tod? fragte er sich.
    Duncan hatte schon vor seinem sechsten Lebensjahr mit dem Tod Bekanntschaft gemacht. Seine Wachen hatten Eindringlinge abgewehrt, und dabei war einer von ihnen umgekommen. Vier der Eindringlinge waren ebenfalls gestorben. Duncan hatte zugesehen, wie man fünf Leichen in die Festung gebracht hatte – schlaffe Muskeln, herabhängende Arme. Irgend etwas Wesentliches war von ihnen gegangen. Nichts war geblieben, das Erinnerungen heraufbeschwören konnte – weder eigene Erinnerungen noch die eines Fremden.
    Man hatte die fünf Männer irgendwo in den Tiefen der Festung verschwinden lassen. Später hatte Duncan einen der Wächter sagen hören, die vier Eindringlinge seien mit ›Shere‹ vollgepumpt gewesen. Damals hatte er zum ersten Mal von den ixianischen Sonden gehört.
    »Eine ixianische Sonde kann sogar den Geist eines Toten aufstöbern«, erklärte Geasa. »Shere ist eine Droge, die dich vor der Sonde schützt. Bevor die Wirkung der Droge nachläßt, sind deine Zellen völlig abgestorben.«
    Geschicktes Zuhören machte Duncan klar, daß man die vier Eindringlinge jetzt auf andere Weise ›sondierte‹. Wie das geschah, erklärte man ihm zwar nicht, aber er vermutete dahinter ein weiteres Geheimnis der Bene Gesserit. Dahinter konnte nur ein neuer teuflischer Trick der Ehrwürdigen Mütter stecken. Wahrscheinlich erweckten sie die Toten wieder zum Leben und entzogen ihren Körpern alle Informationen. Duncan stellte sich entpersönlichte Muskeln vor, die nach dem Willen eines teuflischen Zuschauers tanzten.
    Der Zuschauer war immer Schwangyu.
    Obwohl sich seine Ausbilder alle Mühe gaben, derartige ›Torheiten, die nur ein Unwissender erfinden kann‹, zu zerstreuen, war Duncans Vorstellungswelt von Bildern dieser Art gefüllt. Seine Lehrer waren der Meinung, derartig haarsträubender Unsinn diene nur dazu, unter jenen Angst vor den Bene Gesserit zu erzeugen, die uneingeweiht seien, aber Duncan weigerte sich zu glauben, daß er zu den Eingeweihten gehörte. Jedesmal, wenn er eine Ehrwürdige Mutter ansah, dachte er: Ich bin keiner von denen!
    Lucilla war seit einiger Zeit äußerst hartnäckig. »Religion ist eine Quelle der Energie«, sagte sie. »Du mußt diese Energie erkennen. Man kann sie seinen eigenen Zielen dienlich machen.«
    Euren Zielen, nicht meinen, dachte er.
    Er stellte sich seine eigenen Ziele vor und sah, wie sein Abbild über die Schwesternschaft triumphierte – ganz besonders über Schwangyu. Er hatte den Eindruck, als seien seine Vorstellungen eine Art unterirdische Wirklichkeit, die von da auf ihn einwirkte, wo der Fremde sich aufhielt. Aber er lernte es, zu nicken und so zu tun, als fände auch er eine solch religiöse Leichtgläubigkeit amüsant.
    Lucilla erkannte den Zwiespalt in ihm. Zu Schwangyu sagte sie: »Er glaubt, daß man mysteriöse Kräfte fürchten und – wenn möglich – umgehen muß. Solange er an diesem Glauben festhält, kann er unser wesentliches Wissen nicht aufnehmen.«
    Sie trafen sich zu etwas, das Schwangyu ›eine reguläre Lagebesprechung‹ nannte; nur sie zwei in Schwangyus Arbeitszimmer. Es war kurz nach dem Abendessen. Die Geräusche, die in der Festung zu hören waren, kündeten von den üblichen Veränderungen: die nächtlichen Patrouillen rückten aus, die Mannschaften, die abgelöst worden waren, genossen ihre kurze

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