Dune 07 - Die Jäger des Wüstenplaneten
Augen blitzten orange, als die Mater Superior ihm eine ernste Standpauke hielt. »Du verhältst dich wie ein Dummkopf, Junge! Warum willst du zerstören, wenn du Macht ausüben kannst? Wäre das nicht eine viel bessere Rache am Haus Atreides?«
Wladimir blinzelte. Daran hatte er noch gar nicht gedacht.
Hellica stieß ihn verärgert von sich, als wäre er ein lästiges Insekt. »Weißt du, was Verbannung bedeutet? Es bedeutet, dass du nach Dan zurückkehren wirst – oder wohin auch immer Khrone dich verfrachten möchte. Sobald ich ein Gildenschiff bekomme, werde ich dich an ihn übergeben.«
»Das kannst du nicht tun! Ich bin viel zu wichtig!« Trotz seines geringen Alters verstand sein verdorbener Geist bereits eine Menge von Plänen und Intrigen, aber er begriff noch nicht die politischen Konsequenzen der Geschehnisse, die sich um ihn herum entfalteten.
Hellica brachte ihn mit einem bedrohlichen Stirnrunzeln zum Schweigen. »Bedauerlicherweise ist es so, dass das Ghola-Baby von wesentlich größerer Bedeutung ist als du.«
SECHSTER TEIL
Vierzehn Jahre nach der Flucht von Ordensburg
45
Der menschliche Körper ist zu vielen Leistungen imstande, aber seine vielleicht bedeutendste Rolle ist die eines Speichermechanismus für die genetischen Informationen der Spezies.
Tleilaxu-Meister Waff, bei einem Khel
anlässlich des Duncan-Idaho-Ghola-Projekts
Sein Ghola-Sohn war er selbst ... oder er würde es sein, wenn seine Erinnerungen an die Oberfläche geholt wurden. Doch das konnte erst in einigen Jahren geschehen. Scytale hoffte, dass sein alternder Körper noch bis dahin durchhielt.
Alles, was der Tleilaxu-Meister in zahllosen aufeinanderfolgenden Lebenszeiten erlebt und gelernt hatte, war in seinen Genen gespeichert und spiegelte sich in der DNS wieder, die zur Erzeugung des fünfjährigen Scytale-Duplikats benutzt worden war, das nun vor ihm stand. In Wirklichkeit war es kein richtiger Ghola, sondern ein Klon, weil die Zellen von einem lebenden Spender stammten. Das Vorbild für das Kind war nicht tot. Noch nicht.
Doch der alte Scytale spürte den zunehmenden körperlichen Verfall. Ein Tleilaxu-Meister sollte den Tod nicht fürchten, weil er schon seit Jahrtausenden keine reale Gefahr mehr darstellte – nicht, seit sein Volk die Unsterblichkeit durch die Ghola-Reinkarnation entdeckt hatte. Obwohl sich dieses Kind prächtig entwickelte, war es immer noch viel zu jung.
Jahr für Jahr zog der unausweichliche Todesmarsch durch die Systeme seines Körper, und seine Organe funktionierten immer unzuverlässiger. Eingeplanter Verschleiß. Seit Jahrtausenden hatte sich die Masheikh-Elite seiner Rasse zu Geheimsitzungen getroffen, doch sie hatte sich niemals einen Holocaust vorstellen können, wie er nun bevorstand – wie er Scytale nun bevorstand, da er der letzte lebende Meister war.
Wenn er realistisch war, konnte er nicht sagen, was er allein noch zu bewirken vermochte. Mit uneingeschränktem Zugang zu den Axolotl-Tanks hätte Scytale vielleicht andere Meister wiederbeleben können, die wahren Genies seines Volkes. Zellen der Mitglieder des letzten Tleilaxu-Rats waren in seiner Nullentropie-Kapsel gespeichert, doch die Bene Gesserit weigerten sich, Gholas von diesen Männern zu erzeugen. Nach der Aufregung um das Baby Leto II. sowie infolge einer ominösen Vision, die Sheeana in den Weitergehenden Erinnerungen erlebt zu haben behauptete, hatten die Hexen sogar das gesamte Ghola-Programm gestoppt. »Vorläufig«, wie sie sagten.
Wenigstens hatten die Powindah-Frauen ihm endlich seinen Sohn gewährt, eine Kopie seiner selbst. So war Scytale vielleicht doch noch in der Lage, seine Kontinuität fortzusetzen.
Der Junge hielt sich mit ihm in jenem Teil des Schiffes auf, das einst Scytales Gefängnis gewesen war. Seit er seine letzten Geheimnisse offenbart hatte, war Scytales Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit aufgehoben worden. Er konnte die anderen acht Ghola-Kinder beobachten, wie sie der Ausbildung unterzogen wurden, die die Bene Gesserit für notwendig erachteten. Proctor Superior Garimi, die widerstrebend mit der Verantwortung für die jungen Gholas betraut worden war, hatte angeboten, auch seinen Sohn zu unterrichten, doch Scytale hatte abgelehnt, weil er nicht wollte, dass er kontaminiert wurde.
Der Tleilaxu-Meister gab seinem Sohn Privatunterricht, um ihn auf seine große Verantwortung vorzubereiten. Bevor die ältere Inkarnation starb, musste eine große Menge an
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