Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
sich Stilgar auf seinem Krankenbett auf. Obwohl eine solche Verwundung für einen Menschen normalerweise tödlich war, hatte der junge Fremen überlebt und war in kurzer Zeit fast völlig genesen. »Ich schulde dir das Wasser meines Lebens, Planetologe«, sagte er. Mit ernstem Gesichtsausdruck spuckte er auf den Boden der Höhle.
Kynes war im ersten Moment verdutzt, doch dann glaubte er zu verstehen. Er wusste, welche Bedeutung Wasser für dieses Volk hatte, vor allem die kostbare Feuchtigkeit, die im Körper eines Menschen enthalten war. Stilgar erwies ihm eine große Ehre, wenn er auch nur einen Tropfen Speichel für ihn opferte. »Ich ... danke dir für das Wasser, Stilgar«, erwiderte Kynes mit gezwungenem Lächeln. »Aber du darfst den Rest behalten. Ich möchte, dass es dir bald wieder besser geht.«
Frieth, Stilgars stille Schwester, wich nicht von der Seite ihres kranken Bruders. Sie war ständig beschäftigt, ihre blauen Augen huschten unentwegt hin und her, um nach einer Aufgabe zu suchen, die sie erledigen konnte. Sie bedachte Kynes mit einem langen Blick, als wollte sie ihn genau einschätzen, aber ihr Gesichtsausdruck verriet nicht, was sie dachte. Dann entfernte sie sich lautlos, um neue Medizin zu holen, mit der sich Stilgars Heilungsprozess beschleunigen ließ.
Als Kynes später durch die Gänge des Sietch ging, versammelten sich neugierige Menschen, um ihm zu folgen und seinen Worten zu lauschen. Dieser groß gewachsene Planetologe mit dem Stoppelbart war immer noch eine neue und interessante Abwechslung von ihrer alltäglichen Routine. Seine verrückten, aber visionären Ideen mochten lächerlich sein, nicht mehr als absurde Phantasien, aber selbst die Kinder des Sietch liefen hinter dem Fremden her.
Die amüsierte und redselige Menge begleitete Kynes, wenn er seine Vorträge hielt, großartige Gesten vollführte und zur Decke starrte, als könnte er den offenen Himmel sehen. Obwohl sie sich bemühten, konnten sich diese Fremen nicht vorstellen, wie sich dort Wolken sammelten, um die Wüste mit Regen zu benetzen. Feuchtigkeitstropfen, die vom Himmel fallen? Unsinn!
Manche der Kinder lachten laut über die Idee, dass es regnen könnte, doch Kynes sprach unbeirrt weiter und erklärte geduldig die Schritte, wie selbst der feinste Hauch von Wasserdampf in der Luft für seinen Plan genutzt werden konnte. Er wollte jedes Tröpfchen Tau im Schatten sammeln, um Arrakis allmählich zu verwandeln, um den Weg für eine neue, lebendige Ökologie zu bereiten.
»Ihr müsst diese Welt mit den Augen eines Ingenieurs betrachten«, sagte Kynes in dozierendem Tonfall. Es freute ihn, ein so aufmerksames Publikum zu haben, obwohl er sich nicht sicher war, wie viel sie verstanden. »Dieser Planet ist als Ganzes lediglich ein Energiesystem, eine Maschine, die von der Sonne angetrieben wird.« Er senkte die Stimme und blickte auf ein junges Mädchen mit erstaunt aufgerissenen Augen. »Wir müssen diese Maschine nur umbauen, damit sie unseren Anforderungen entspricht. Wir haben die Fähigkeit, das auch mit diesem Planeten zu tun. Aber haben wir auch die nötige Selbstdisziplin und die Kraft?«
Er richtete den Blick auf ein anderes Gesicht in der Menge. »Das liegt ganz allein an uns!«
Inzwischen kannten Ommun und Turok die meisten von Kynes' Vorträgen. Auch wenn sie zuerst gespottet hatten, waren sie irgendwann nachdenklicher geworden. Und je mehr sie seinem ungezügelten Enthusiasmus und seiner ehrlichen Klarheit zuhörten, desto leichter fiel es ihnen, tatsächlich daran zu glauben. Warum sollte man nicht träumen? Wenn man nach dem Ausdruck auf den Gesichtern der anderen Zuhörer ging, schien es, dass die übrigen Fremen ebenfalls begonnen hatten, über diese Möglichkeiten nachzudenken.
Die Sietch-Ältesten betrachteten diese Bekehrten als leichtgläubige Optimisten. Kynes ließ sich nicht entmutigen und warb weiterhin für seine Ideen, ganz gleich, wie haarsträubend sie manchen erscheinen mochten.
* * *
Mit grimmiger Miene blinzelte der Naib Heinar mit seinem einen Auge und hob das heilige Crysmesser, das noch in der Scheide steckte. Der kräftige Krieger, der steif vor ihm stand, streckte die Hände aus, um das Geschenk entgegenzunehmen.
Der Naib sprach die rituellen Worte: »Uliet, älterer Liet, du wurdest für diese Aufgabe auserwählt, zum Wohl unseres Sietch. Du hast dich viele Male im Kampf gegen die Harkonnens bewährt. Du bist ein erfahrener Wurmreiter und einer der größten Kämpfer
Weitere Kostenlose Bücher