Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
für sich entscheiden konnten. Wenn es ihm nur gelang, die Yacht aufs Riff zu setzen, konnten er und Rhombur in der Nähe des Wracks bleiben. Er wusste nicht, wie lange es dauerte, bis Rettung kam.
Wellen mit weißen Schaumkronen erhoben sich vor dem Bug wie bösartige Dämonen, die ihnen den Weg versperren wollten. Aber Leto blieb auf Kurs und voller Kraft voraus. »Halt dich fest!«
Im letzten Moment versagte der Motor, als er den Flammen zum Opfer fiel. Die Yacht besaß noch genügend Fahrt, um ein Stück weiter zu treiben, bis sie gegen das zerklüftete Riff krachte. Durch den Aufprall wurden sowohl Leto als auch Rhombur von den Beinen gerissen. Rhombur schlug mit dem Kopf auf und erhob sich benommen und blinzelnd. Blut lief ihm über die Stirn, an fast der gleichen Stelle, die er sich während der Flucht von Ix verletzt hatte.
»Nichts wie weg! Spring über Bord!«, schrie Leto. Er packte den Arm seines Freundes und zerrte ihn aus der Kabine. Dann griff er sich Schläuche und eine tragbare Pumpe, um sie ins schäumende Meer zu werfen. »Tauch dieses Ende des Schlauches tief ins Wasser! Und pass auf, dass du dich nicht am Riff verletzt!«
Rhombur kletterte über die Reling, und Leto folgte ihm, darauf bedacht, in den Gezeitenbecken und der rauen Brandung nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Das Schiff war festgekeilt, so dass vorläufig keine Gefahr des Ertrinkens bestand.
Die Pumpen sprangen an, und Meerwasser schoss aus zwei Schläuchen. Ein dichter Regen hüllte die Flammen ein. Rhombur wischte sich das Blut aus den Augen und achtete dann wieder darauf, wo sein Wasserstrahl landete. Sie überschütteten die Yacht mit endlosen Wassermengen, bis endlich allmählich das Feuer zurückwich.
Rhombur wirkte wie ein klitschnasses Häufchen Elend, während Leto seltsamerweise in bester Laune schien. »Kopf hoch, Rhombur. Denk daran, wie wir auf Ix vor einer Revolution geflohen sind, die fast den gesamten Planeten verwüstet hat. Dagegen ist dieses kleine Missgeschick kaum mehr als ein Kinderspiel, meinst du nicht auch?«
»Äh ... richtig«, sagte sein Freund niedergeschlagen. »So viel Spaß hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr.«
Sie saßen bis zu den Hüften im aufgewühlten Wasser und hielten die Schläuche weiter auf das Feuer gerichtet. Immer noch stieg dichter Rauch in den klaren Himmel Caladans, wie von einem Signalfeuer.
Bald hörten sie ein fernes, aber lauter werdendes Röhren starker Motoren, und wenige Augenblicke später kam ein schnelles Tragflügelboot in Sicht, ein Schiff mit doppeltem Rumpf, das auf dem Meer eine beträchtliche Geschwindigkeit erreichen konnte. Langsam trieb es an die Felsen heran. Auf dem Vorderdeck stand Thufir Hawat, sah Leto an und schüttelte tadelnd den Kopf.
46
Zu den Notwendigkeiten der Herrschaft gehört die Bestrafung ... aber nur, wenn das Opfer danach verlangt.
Prinz Raphael Corrino,
Diskurse über die Regierung eines Galaktischen Imperiums, 12. Auflage
Mit aufgelöstem schokoladenbraunem Haar und zerrissener Kleidung, die der Wüste völlig unangemessen war, hetzte die Frau über den Sand.
Janess Milam blickte über die Schulter zurück und blinzelte die in der Sonne fast getrockneten Tränen fort. Sie sah den Schatten der Suspensorplattform, auf der Baron Harkonnen und sein Neffe Rabban standen, und rannte schneller. Ihre Füße gruben sich tief in den feinen Sand, wodurch sie aus dem Gleichgewicht zu geraten drohte. Sie taumelte auf die offene Einöde zu, wo es heißer, trockener und tödlicher war.
Im Windschatten einer nahen Düne pochte der Klopfer – pulsierend ... rufend.
Sie suchte verzweifelt nach einer felsigen Zuflucht, nach kühlen Höhlen oder nur dem Schatten eines großen Steins. Wenigstens wollte sie nicht hier im Freien sterben, damit sie nicht über sie lachen konnten. Aber die Harkonnens hatten sie in einem weiten Dünenmeer ausgesetzt. Janess stolperte und schmeckte Staub.
Von ihrem sicheren Platz auf der Suspensorplattform beobachteten der Baron und sein Neffe ihren Kampf, die jämmerliche Flucht einer winzigen menschlichen Gestalt im Sand. Die Beobachter trugen ihre Destillanzüge wie Kostüme, ohne die Gesichtsmasken angelegt zu haben.
Sie waren erst vor wenigen Wochen von Giedi Primus nach Arrakis zurückgekehrt, und Janess war tags zuvor mit dem Gefangenentransport eingetroffen. Zuerst hatte der Baron daran gedacht, die Verräterin in Barony zu exekutieren, aber Rabban hatte darauf bestanden, dass sie vor seinen
Weitere Kostenlose Bücher