Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
wäre dieser juristische Aspekt von viel größerer Bedeutung.
»Also sitzen wir hier völlig ungeschützt, nackt und vertrauensvoll auf dem Präsentierteller«, brummte Leto, der immer noch durch die Plazscheibe auf das Harkonnen-Schiff starrte.
»Du erinnerst mich daran«, sagte Rhombur mit einem matten Lächeln, »wie viele Leute mir den Tod wünschen.«
»Alle Schiffe innerhalb dieses Heighliners sind in derselben Situation, Prinz«, sagte Hawat. »Jetzt sollten Sie sich noch keine Sorgen machen. Auf Kaitain werden Sie in viel größerer Gefahr schweben. Jetzt möchte sogar ich mich ein wenig ausruhen. Hier an Bord unserer Fregatte sind wir verhältnismäßig sicher.«
Leto blickte nach draußen zum fernen Dach der Ladebucht des Heighliners. Hoch oben in einer winzigen Navigationskammer hielt sich ein einziger Navigator in einem Tank voll orangefarbenem Gewürzgas auf und beherrschte das gesamte Schiff.
Trotz Hawats Beteuerungen fühlte er sich unwohl. Rhombur war ebenfalls nervös, auch wenn er sich zusammenzureißen versuchte. Mit einem seufzenden Atemzug lehnte sich der junge Herzog zurück und versuchte sich zu entspannen, um sich auf den politischen Skandal vorzubereiten, den er auf Kaitain anzetteln wollte.
66
Stürme erzeugen Stürme. Wut erzeugt Wut. Rache erzeugt Rache. Krieg erzeugt Krieg.
Maxime der Bene Gesserit
Die riesigen Schleusentore des Gilde-Heighliners waren geschlossen, und das Schiff war startbereit. Bald würde sich der Navigator in Trance versetzen und den Raum falten. Das nächste und letzte Ziel auf dieser Route war Kaitain, wo ständig neue Vertreter der Großen und Kleinen Häuser des Landsraads eintrafen, um der Krönungsfeier des Padischah-Imperators Shaddam IV. beizuwohnen.
Der Navigator lenkte das gewaltige Schiff von der Schwerkraftsenke Caladans fort in den freien Weltraum und machte sich bereit, den Holtzman-Antrieb zu aktivieren, der es in mächtigen Sprüngen durch den Warpraum tragen würde.
Die Passagiere an Bord der Familienfregatten innerhalb der Ladebucht des Heighliners spürten keinerlei Bewegung, nicht einmal das Vibrieren des Antriebs. Die Schiffe drängten sich an den Andockplätzen wie Steckkarten. Alle Häuser hielten sich an dieselben Regeln und vertrauten in die Fähigkeit eines einzelnen mutierten Geschöpfes, sie auf sicherem Kurs zu ihrem Ziel zu geleiten.
Wie Giedi-Rinder in einem Schlachthof, dachte Rabban, als er sein unsichtbares Kampfschiff bestieg.
Er hätte ein Dutzend Fregatten vernichten könnten, bevor irgendjemand auch nur geahnt hätte, was vor sich ging. Wenn er freie Bahn gehabt hätte, wäre es ein exquisites Vergnügen für Rabban gewesen, ein solches Chaos anzurichten, sich dem Rausch der gewalttätigen Zerstörung hinzugeben ...
Doch so etwas sah der Plan nicht vor – zumindest noch nicht.
Sein Onkel hatte den Ablauf mit vollendeter Finesse festgelegt. »Gib Acht und lerne daraus«, hatte er gesagt. Ein guter Rat, musste sich Rabban eingestehen. Auch er hatte inzwischen den Vorteil der Zurückhaltung und der Freude an einer hinausgezögerten Rache erkannt.
Das bedeutete natürlich nicht, dass Rabban völlig auf die simpleren Formen der Gewaltanwendung verzichten wollte; im Gegenteil, er betrachtete die Methoden des Barons lediglich als Ergänzung seines mörderischen Repertoires. Er würde eine rundum ausgebildete Persönlichkeit sein, wenn er einmal die Führung des Hauses Harkonnen übernahm.
In einem unauffälligen Moment öffnete sich eine Schleuse der Harkonnen-Fregatte, und das Abschirmungsfeld erlosch nur solange, dass Rabbans schlankes Kampfschiff in das isolierte Vakuum in der Ladebucht des Heighliners gleiten konnte.
Leise, langsam, geduldig.
Bevor irgendjemand das Schiff ausmachen konnte, hatte er das Nicht-Feld aktiviert, indem er die Schaltungen vornahm, die Piter de Vries ihm gezeigt hatte. Er spürte keine Veränderung; die Außenansicht auf den Monitoren war genauso wie zuvor. Doch nun war er ein Phantomkiller – unsichtbar und unbesiegbar.
Aus der Perspektive jedes anderen Beobachters wurden sämtliche elektromagnetischen Signale um das Nicht-Feld herumgeleitet, wodurch das Schiff zu einem blinden Fleck wurde. Das Triebwerk, das ohnehin nur ein leises Flüstern von sich gab, sonderte keine feststellbare Strahlung nach außen ab.
Niemand würde etwas ahnen. Niemand konnte sich ein unsichtbares Schiff auch nur vorstellen.
Rabban aktivierte die Manövrierdüsen des Nicht-Schiffs und drängte
Weitere Kostenlose Bücher