Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
Die Mutter Oberin schätzt deine Talente und Fähigkeiten, aber sie sagt, dass du dich mäßigen musst. Jede erfolgreiche Lebensform passt sich ihrer Umwelt an. Du befindest dich nun am Hof des Imperators, also musst du dich an diese Umgebung anpassen. Wir Bene Gesserit müssen unsichtbar arbeiten.«
Anirul blickte sie mit einem ironischen Lächeln an. »Ich habe meine Direktheit immer für meine größte Stärke gehalten. Das weiß auch die Mutter Oberin Harishka. Diese Fähigkeit hat mich in die Lage versetzt, über wichtige Angelegenheiten zu diskutieren und Dinge zu lernen, von denen ich andernfalls nie erfahren hätte.«
»Aber nur, wenn die anderen die Fähigkeit des Zuhörens besitzen«, erwiderte Margot und hob die hellen Augenbrauen.
Anirul setzte ihren Weg über die Promenade mit hoch erhobenem Kopf fort – wie eine Kaiserin. Kostbare Edelsteine funkelten in einem Diadem, das ihr bronzefarbenes Haar wie ein Spinnennetz bedeckte. Sie wusste, dass die Kurtisanen über sie tratschten und sich fragten, welche geheimen Rituale die Bene-Gesserit-Hexen am Hof abhalten mochten, mit welchen Zaubersprüchen sie Shaddam verführt hatten. Ach, wenn sie nur wüssten! Der Tratsch und die Gerüchte würden nur dazu beitragen, Aniruls geheimnisvolle Aura zu verstärken.
»Es scheint, dass auch wir über bestimmte Dinge nur im Flüsterton sprechen können«, sagte sie.
Margot strich sich eine Locke des honigblonden Haars aus den Augen. »Natürlich. Mohiams Kind?«
»Sowie der Fall Atreides.«
Anirul roch genüsslich an einer Hecke aus Saphirrosen, als sie den Garten in einem der Innenhöfe erreichten. Der süße Duft belebte ihre Sinne. Sie setzten sich gemeinsam auf eine Bank, von der aus sie jeden sahen, der sich näherte, obwohl sie in gerichtetem Flüstern sprachen und vor Zuhörern sicher waren.
»Was könnten die Atreides mit Mohiams Tochter zu tun haben?« Als eine der erfahrensten Agentinnen der Bene Gesserit war Schwester Margot in bestimmte Details der nächsten Phase des Kwisatz-Haderach-Programms eingeweiht, und inzwischen war auch Mohiam informiert worden.
»Denk langfristig, Margot. Denk an genetische Muster, an die Abfolge der Generationen, wie wir sie geplant haben. Herzog Leto Atreides wurde inhaftiert und angeklagt und steht in Gefahr, sein Leben und seinen Titel zu verlieren. Auf den ersten Blick scheint er nur ein unbedeutender Aristokrat aus einem unscheinbaren Großen Haus zu sein. Aber hast du daran gedacht, welche Katastrophe sich aus dieser Situation entwickeln könnte?«
Margot atmete tief durch, als sie sich der Zusammenhänge bewusst wurde. »Herzog Leto? Du meinst doch nicht etwa, wir brauchen ihn für ...?« Sie konnte den geheimsten aller Namen nicht aussprechen – den Kwisatz Haderach.
»Für die nächste Generation brauchen wir Atreides-Gene!«, sagte Anirul und sprach aus, was die aufgeregten Stimmen in ihrem Kopf raunten. »Die meisten Familien wagen es nicht, Leto in dieser Angelegenheit zu unterstützen, und wir alle wissen auch, warum. Einige der wichtigen Richter könnten dazu bewegt werden, aus politischen Gründen für ihn zu entscheiden, aber niemand glaubt wirklich an Letos Unschuld. Warum sollte der junge Narr so etwas Unkluges tun? Es ist und bleibt einfach unbegreiflich.«
Margot schüttelte traurig den Kopf.
»Obwohl Shaddam öffentlich seine Neutralität erklärt hat, macht er in Privatgesprächen gegen das Haus Atreides Stimmung. Er ist auf gar keinen Fall von Letos Unschuld überzeugt«, sagte Anirul. »Doch es könnte mehr dahinterstecken. Der Kronprinz hat möglicherweise ein Interesse an den Bene Tleilax, eine Beziehung, über die er mit niemandem spricht. Hältst du das für möglich?«
»Hasimir hat mir gegenüber nichts dergleichen erwähnt.« Erst dann wurde Margot bewusst, dass sie ihn beim Vornamen genannt hatte, und blickte ihre Gefährtin lächelnd an. »Dabei teilt er durchaus einige Geheimnisse mit mir. Mit der Zeit wird auch dein Mann dir mehr anvertrauen.«
Anirul runzelte die Stirn, als sie an Shaddams und Fenrings endlose Intrigen dachte, die sie auf dem Spielfeld der Politik austrugen. »Also führen sie etwas im Schilde. Gemeinsam. Und vielleicht ist Letos Schicksal ein Teil ihres Plans.«
»Das wäre möglich.«
Anirul beugte sich auf der steinernen Bank vor, um besser durch die Rosenhecke abgeschirmt zu werden. »Margot, unsere Männer wollen aus irgendeinem Grund, dass das Haus Atreides stürzt ... aber die Schwesternschaft braucht
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