Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
des Hauses Atreides.«
»Das genügt uns nicht, Herr«, sagte Ajidica mit einer Leidenschaftslosigkeit, die den Kronprinzen wahnsinnig machte. »Die Atreides müssen für ihr Verbrechen gedemütigt werden. Sie müssen darunter leiden. Leto muss büßen.«
Shaddam blickte voller Verachtung auf den Tleilaxu-Forscher herab. Jetzt war seine Stimme kalt und beherrscht. »Wäre es Ihnen lieber, wenn ich weitere Sardaukar nach Ix schicke? Ich bin sicher, dass ein paar Legionen mehr Ihre dortigen Aktivitäten viel besser im Auge behalten könnten.«
Ajidica zeigte immer noch keine Reaktion.
Shaddams Blick wurde eiskalt. »Ich habe Monat um Monat gewartet, aber Sie haben mir immer noch nicht gegeben, was ich benötige. Jetzt sagen Sie, dass es noch Jahrzehnte dauern könnte. Keiner von uns wird so lange überleben, wenn Leto uns bloßstellt.«
Der Kronprinz nahm sich den letzten Happen Schwurm-Fleisch von der Platte und schob sie weg. Obwohl das Gericht exzellent zubereitet war, hatte er es kaum genießen können, weil seine Gedanken ganz woanders waren und zusätzlich durch den pochenden Schmerz in seinem Schädel abgelenkt wurden. Warum war es nur so schwer, Herrscher zu sein?
»Tun Sie, was Sie für richtig halten, Herr«, sagte Ajidica – mit schrillerer Stimme als je zuvor. »Leto Atreides darf nicht ungeschoren davonkommen. Er muss bestraft werden.«
Shaddam rümpfte die Nase und entließ den kleinen Mann. Er gab den Sardaukar ein Zeichen, ihn fortzuschaffen. Da er schon bald zum Imperator des Bekannten Universums gekrönt werden sollte, hatte er sich noch um viele andere Dinge zu kümmern.
Wenn er nur irgendwie diese verdammten Kopfschmerzen loswerden könnte!
73
Die schlimmste Form des Schutzes ist Vertrauen. Die beste Verteidigung ist Misstrauen.
Hasimir Fenring
Thufir Hawat und Rhombur Vernius durften die Zelle jederzeit verlassen, während Leto sich diese Freiheit nicht erlauben konnte – auch zu seinem eigenen Schutz. Der Mentat und der ixianische Prinz sprachen mit verschiedenen Besatzungsmitgliedern der Atreides-Fregatte und anderen Personen, die ihnen in irgendeiner Form behilflich sein mochten, über ihre Zeugenaussagen.
Währenddessen saß Leto allein am Tisch in seiner Zelle. Obwohl der alte Mentat ihn immer wieder ermahnt hatte, dabei niemals der Tür den Rücken zuzukehren, ging Leto davon aus, dass ihm in einem Hochsicherheitsgefängnis keine Gefahren drohten.
Er genoss die wenigen Augenblicke der Stille und der Konzentration, während er die umfangreichen Einschätzungen der Beweislage durchging, die man für ihn zusammengestellt hatte. Selbst mit einer Sardaukar-Eskorte hätte er sich im imperialen Palast nicht völlig sicher gefühlt, während der Schatten der Anklage über ihm hing. Er würde seinen Klägern und Richtern früh genug gegenübertreten, um ihnen seine Unschuld zu verkünden.
Er hörte ein Geräusch vom Kraftfeld der Zelle, aber er drehte sich nicht sofort um. Mit einem summenden Griffel in der Hand schrieb er einen Absatz zu Ende, in dem es um die Zerstörung des ersten Tleilaxu-Schiffes und ein technisches Detail ging, das ihm erst jetzt aufgefallen war.
»Thufir?«, fragte Leto. »Haben Sie etwas vergessen?« Gelassen warf er einen Blick über die Schulter.
Hinter ihm stand ein großer Wachmann des Landsraads in farbenfroher, aufgebauschter Uniform. Sein breites Gesicht zeigte einen merkwürdigen Ausdruck, insbesondere in den düsteren Augen. Seine Haut wirkte bleich, wie bemalt. Und Leto bemerkte noch etwas Ungewöhnliches an seinem Körper, eine gewisse Schwerfälligkeit in den seltsamen, ruckhaften Bewegungen. Ein beunruhigender Grauton der Haut an den Händen, aber nicht im Gesicht ...
Leto griff unter den Tisch und fasste mit den Fingern das Messer, das Hawat ihm in die Zelle geschmuggelt hatte. Für den Krieger-Mentaten war es keine schwierige Aufgabe gewesen. Leto spürte den Griff und packte ihn, ohne seine Haltung oder den friedfertigen und erwartungsvollen Gesichtsausdruck zu verändern.
Jede Lektion, die ihm der Waffenmeister eingebläut hatte, erwachte in seinen Muskeln zum Leben. Leto war gespannt wie eine Feder, aber er sprach kein Wort, forderte den Eindringling nicht heraus. Dennoch wusste er, dass etwas nicht stimmte, dass sein Leben in Gefahr war.
Innerhalb eines Herzschlags hatte der große Mann die weite Uniform abgeworfen, indem er die statischen Siegel öffnete, die die Kleidung zusammenhielten. Und mit dem Stoff glitt auch das
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