Dune - Frühe Chroniken 02 - Das Haus Harkonnen
hatte. Die Hofdame bewegte sich immer noch mit einer Kraft und Schnelligkeit, die gar nicht zu ihrem ergrauten Aussehen zu passen schien. Chiara stellte das Tablett ab und bemühte sich, möglichst wenig Lärm zu machen, dann hob sie die Kanne und goss einen dunkelbraunen Strahl in zwei Tassen. In ihre eigene gab sie Zucker, in Kaileas Sahne.
Die ixianische Prinzessin war immer noch bedrückt, als sie die Tasse von der Frau entgegennahm und vorsichtig einen Schluck nahm – darauf bedacht, sich keineswegs den Genuss anmerken zu lassen. Chiara trank ebenfalls und ließ sich in einem Stuhl nieder, als wäre sie der ersten Konkubine des Herzogs gleichgestellt.
Kaileas Mundwinkel zuckten. »Du nimmst dir zu viele Freiheiten heraus, Chiara.«
Die Hofdame blickte über die Kaffeetasse hinweg auf die junge Frau, die für jedes Große Haus eine Heiratskandidatin erster Wahl hätte sein müssen. »Möchten Sie eine Gefährtin, Lady Kailea, oder eine mechanische Dienerin? Ich bin immer Ihre Freundin und Vertraute gewesen. Oder vermissen Sie die reaktiven Maschinen, die Ihnen früher auf Ix zur Verfügung standen?«
»Maße dir nicht an, mir zu sagen, was ich mir wünsche«, erwiderte Kailea ernst. »Ich trauere um einen großen Mann, der durch den Verrat des Imperiums zu Tode kam.«
Mit glitzernden Augen ergriff Chiara die Gelegenheit. »Ja, und Ihre Mutter wurde ebenfalls von imperialen Streitkräften getötet. Sie können sich nicht darauf verlassen, dass Ihr Bruder etwas unternimmt – außer zu reden. Er wird Sie niemals in Ihren früheren Stand zurückversetzen können. Sie, Kailea« – die Matrone deutete mit einem wulstigen Finger auf sie –, » Sie sind das einzige, was noch vom Haus Vernius übrig ist. Sie sind das Herz und die Seele Ihrer großen Familie.«
»Glaubst du, das wüsste ich nicht?« Kailea wandte sich ab, um wieder aus dem Burgfenster zu blicken. Sie konnte der alten Frau nicht in die Augen sehen, sie konnte niemandem in die Augen sehen, nicht einmal ihren eigenen Ängsten.
Wenn Leto diese Tochter des Erzherzogs heiratet ... Erbost schüttelte sie den Kopf. Das wäre noch viel schlimmer, als mit dieser Hure Jessica unter einem Dach zu leben.
Das Meer von Caladan erstreckte sich bis zum Horizont, und der Himmel war von Wolken verschleiert, die winterliche Dunkelheit ankündigten. Sie dachte über ihre äußerst unsichere Stellung nach. Leto hatte sie unter seine Fittiche genommen, als sie noch ein junges Mädchen gewesen war, er hatte sie beschützt, nachdem ihre Welt zerstört war ... doch diese Zeiten waren nun Vergangenheit. Irgendwann war die Zuneigung, vielleicht sogar die Liebe, die zwischen ihnen erblüht war, verwelkt und abgestorben.
»Natürlich haben Sie Angst davor, dass der Herzog das Heiratsangebot annimmt und sich mit Ilesa Ecaz vermählt«, fügte Chiara mit süßlicher Stimme hinzu, die so mitfühlend wie ein langes, dünnes Messer war. Sie wusste genau, wo sich Kaileas kaum verheilte Wunden verbargen.
Obwohl sein Hauptaugenmerk Jessica galt, kam Leto immer noch in Kaileas Bett, wenn auch unregelmäßig, als wäre es nur eine Verpflichtung. Und sie gab sich ihm hin, als wäre auch sie dazu verpflichtet. Seine Ehre als Atreides würde es ihm nie gestatten, sie völlig zu verstoßen, ganz gleich, wie sehr sich ihre Gefühle geändert hatten. Stattdessen setzte Leto eine subtilere Form der Bestrafung ein, indem er sie in seiner Nähe behielt und ihr damit ein besseres Leben unmöglich machte.
Ach, wie sie sich nach Urlaub auf Kaitain sehnte! Kailea wollte wieder prächtige Kleider und kostbaren Schmuck tragen; sie wollte von Dutzenden Dienerinnen umsorgt werden – nicht nur von einer einzigen, die ihre scharfe Zunge mit einer honigsüßen Stimme kaschierte. Kaileas Blick wurde von der undeutlichen Spiegelung der alten Frau angezogen, von ihrem Gesicht und dem sorgsam frisierten Haar, das ihr ein vornehmes Aussehen verlieh.
Die schimmernde Wand aus blauem Obsidian – Leto hatte keine Kosten und Mühen gescheut, ihn von Hagal anliefern zu lassen – war eine wunderbare Ergänzung der Einrichtung von Burg Caladan. Leto bezeichnete die Wand als ihre ›Kontemplationsfläche‹, in der Kailea die schwachen Schatten der sie umgebenden Welt sah und über ihre Bedeutung nachsinnen konnte. Blauer Obsidian war so selten, dass manche Häuser des Landsraads bereits mit einem winzigen Stück protzten. Leto hingegen hatte für sie die ganze Wand damit auskleiden lassen – und den
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