Dune - Frühe Chroniken 03 - Das Haus Corrino
nur, wie sie die langen Finger anspannte. Ihre Fingernägel konnten zu rasiermesserscharfen Krallen werden, die ihm die Augen herausrissen oder die Kehle aufschlitzten. Er spürte seinen pochenden Herzschlag.
Er hielt das Baby etwas höher, um sein Gesicht zu schützen.
»Wenn Sie mir das Kind geben, lasse ich Sie vielleicht entkommen«, sagte Mohiam. »Dann können sich die Sardaukar mit Ihnen befassen.«
Sie kam näher, und de Vries erstarrte. Er beobachtete sie genau und war bereit, sofort zu reagieren. Soll ich ihr glauben?
Sie berührte die Decke mit starken Fingern und blickte dem Mentaten fest in die Augen. Doch bevor sie ihm das Kind entreißen konnte, flüsterte er heiser: »Ich kenne Ihr Geheimnis, Hexe. Ich weiß, wer dieses Kind ist. Und ich kenne auch Jessicas wahre Herkunft.«
Mohiam erstarrte, als hätte er die Stimme gegen sie eingesetzt.
»Weiß die Hure, dass sie in Wirklichkeit die Tochter von Baron Wladimir Harkonnen ist?« Als er ihre überraschte Reaktion bemerkte, sprach er immer schneller, weil er nun wusste, dass seine Schlussfolgerungen korrekt waren. »Ist sich Jessica bewusst, dass Sie auch Ihre Tochter ist – oder halten die Hexen solche Tatsachen vor ihren Kindern geheim, die sie wie Schachfiguren in einem großen genetischen Plan behandeln?«
Mohiam gab keine Antwort, sondern entriss ihm das Kind. Der verderbte Mentat trat mit erhobenem Kopf zurück. »Bevor Sie etwas gegen mich unternehmen, sollten Sie mir zuhören. Als ich von diesen Dingen erfuhr, habe ich eine detaillierte Dokumentation zusammengestellt und versiegelt. Im Fall meines Todes wird sie an Baron Harkonnen und den Landsraad weitergeleitet. Wäre Herzog Leto Atreides nicht entzückt, wenn er erfährt, dass seine hübsche kleine Geliebte die Tochter seines Todfeindes ist?«
Mohiam legte das Baby neben einer Trophäe mit der Statue eines Bogenschützen ab, die in einer mit Velva ausgeschlagenen und mit safrangelbem Licht beleuchteten Nische stand.
Er redete hastig weiter, um sie zu verunsichern. »Ich habe mehrere Kopien dieser Dokumente an geheimen Orten deponiert. Sie können nicht verhindern, dass die Wahrheit bekannt wird, wenn Sie mich töten.« De Vries machte zuversichtlich einen Schritt in Richtung der Tür, seinem einzigen Fluchtweg. »Sie dürfen es nicht wagen, mir etwas anzutun, Hexe!«
Nachdem das Baby in Sicherheit war, drehte sich Mohiam wieder zu ihm um. »Wenn das, was Sie sagen, wahr ist, Mentat ... dann muss ich Sie am Leben lassen.«
De Vries atmete erleichtert auf. Die Ehrwürdige Mutter durfte nicht riskieren, dass die Wahrheit ans Licht kam. Wenn auch nur die geringste Chance bestand, dass er nicht bluffte, waren ihr die Hände gebunden. Sie musste ihn laufen lassen.
Plötzlich griff Mohiam ihn mit der Wildheit eines verletzten Panthers an. Sie schlug mit Händen und Füßen auf ihn ein. De Vries wurde zurückgeworfen und versuchte sich zu verteidigen. Er hob einen Arm, um einen kräftigen Fußtritt abzuwehren.
Der Schlag brach ihm das Handgelenk, aber er riss sich sofort zusammen und blockte die Schmerzimpulse ab. Gleichzeitig holte er mit dem anderen Arm aus. Mohiam stürzte sich erneut auf ihn. Sie bewegte sich so schnell, dass er gar nicht alle Hiebe sah und sie erst recht nicht parieren konnte. Ihr Angriff war ein verschwommener Hagel aus Schlägen, Tritten und Stichen.
Ihre Ferse traf ihn in den Bauch. Eine stahlharte Faust stieß gegen sein Brustbein. Er spürte, wie seine Rippen brachen und innere Organe zerplatzten. Er versuchte sie anzuschreien, doch aus seinem Mund kam nur Blut. Die Saphoflecken auf seinen Lippen wurden von einem noch helleren Rot überdeckt.
Er trat mit dem Fuß nach ihr und wollte ihre Kniescheibe zertrümmern, aber Mohiam wich geschickt zur Seite aus. De Vries hob seinen intakten Arm, um einen neuen Stoß abzufangen, doch dabei brach die Bene Gesserit ihm auch das zweite Handgelenk.
Er wandte sich zur Flucht, wollte dem Kampf ausweichen und lief zum Ausgang. Doch Mohiam erreichte die Tür zuerst. In einer blitzschnellen Bewegung riss sie die Ferse hoch und traf seinen Unterkiefer. Der Schlag brach dem Mentaten das Genick. Piter de Vries stürzte zu Boden. Sein Gesicht zeigte den Ausdruck maßlosen Erstaunens.
Mohiam stand reglos da und rang nach Atem. Sie brauchte nur einen kurzen Moment, um sich zu erholen. Dann holte sie das gerettete Atreides-Baby.
Bevor sie das Trophäenzimmer verließ, warf sie noch einen Blick auf die Leiche und gönnte sich für
Weitere Kostenlose Bücher