Dune - Frühe Chroniken 03 - Das Haus Corrino
hatte er den Sexualtrieb und den wachen Verstand eines jungen Mannes behalten.
Die Krankheit war ein sorgsam gehütetes Geheimnis. Falls Shaddam jemals auf die Idee kommen sollte, dass der Baron zu schwach war, um die nötigen Aufgaben auf Arrakis zu erfüllen, würde das Haus Harkonnen sofort durch eine andere Adelsfamilie ersetzt werden. Daher bemühte sich der Baron nach Kräften – was ihm überhaupt nicht schwer fiel –, den Eindruck zu erwecken, dass seine Korpulenz eine Folge seiner ausschweifenden und hedonistischen Lebensweise war.
Mit einem stillen Lächeln beschloss er, nach seiner Rückkehr ein extravagantes Fest auf Burg Harkonnen anzukündigen. Um den Anschein zu wahren, wollte er seine Gäste ermutigen, sich genauso der Völlerei hinzugeben, wie er es tat.
Die verschiedenen Ärzte des Barons hatten vorgeschlagen, dass er sich häufig im trockenen Wüstenklima aufhielt, weil es angeblich seiner Gesundheit förderlich war. Aber er hasste Arrakis, auch wenn er seinen Reichtum der Melange zu verdanken hatte. Er kehrte so häufig wie möglich nach Giedi Primus zurück – und manchmal nur, um den Schaden zu beheben, den sein dummer Neffe Rabban, die »Bestie«, während seiner Abwesenheit angerichtet hatte.
Die Arbeiter beluden weiter das Schiff, und die Wachen bildeten einen Kordon zur Einstiegsschleuse. Piter de Vries begleitete den Baron über das warme Landefeld und dann die Rampe hinauf. An Bord der Fregatte goss sich der Mentat ein winzig kleines Glas mit Saphosaft ein und brachte seinem Herrn eine Karaffe mit teurem Kirana-Brandy. Der Baron saß zwischen dicken Kissen auf einer Couch, die eigens für seine Maße umgebaut worden war, und studierte den neuesten Geheimdienstbericht, den der Captain der Fregatte ihm überreicht hatte.
Während er den Text überflog, wurde seine Miene immer finsterer. Erst jetzt erfuhr der Baron vom empörenden Angriff der Atreides auf Beakkal – und von der überraschend positiven Reaktion des Landsraads. Die verfluchten Aristokraten sympathisierten tatsächlich mit Leto und begrüßten sogar seinen brutalen Vergeltungsschlag. Und nun hatte der Imperator Zanovar verwüstet.
Die Lage spitzte sich zu.
»Wir leben in unruhigen Zeiten, Baron, in denen es zu vielen aggressiven Aktionen kommt. Denken Sie nur an Grumman und Ecaz.«
»Dieser Herzog Atreides ...« – der Baron hob den Bericht mit blassen, beringten Fingern an – »hat keinen Respekt vor Recht und Ordnung. Wenn ich es jemals wagen sollte, Harkonnen-Truppen gegen eine andere Familie in Marsch zu setzen, würde Shaddam mir sofort seine Sardaukar auf den Hals schicken. Leto jedoch kommt mit dieser Mordtat ungeschoren davon.«
»Faktisch hat der Herzog gegen kein Gesetz verstoßen, Herr.« De Vries hielt kurz inne, um genauere Berechnungen anzustellen. »Leto ist bei den anderen Häusern sehr beliebt und wird von ihnen stillschweigend unterstützt. Unterschätzen Sie nicht die Popularität der Atreides, die sich von Jahr zu Jahr zu steigern scheint. Viele Häuser blicken voller Bewunderung zum Herzog auf. Sie betrachten ihn als Helden ...«
Der Baron kippte den Brandy hinunter und schnaufte widerwillig. »Aus völlig unverständlichen Gründen.« Brummend lehnte er sich auf der Couch zurück und stellte zu seiner Zufriedenheit fest, dass endlich die Maschinen der Fregatte anliefen. Das Schiff erhob sich vom glasartigen Boden und verschwand in der schwarzen Nacht.
» Denken Sie nach, Baron.« De Vries erlaubte sich nur selten einen solchen Tonfall. »Der Tod von Letos Sohn mag auf kurze Sicht ein Triumph für uns gewesen sein, aber jetzt wird sogar das zu einem Sieg für das Haus Atreides. Die Tragödie hat dem Herzog viel Sympathie und Mitgefühl eingebracht. Der Landsraad wird seine Handlungen mit Nachsicht beurteilen. Er kann Dinge tun, die sich niemand sonst erlauben dürfte. Beakkal ist ein einschlägiger Fall.«
Verärgert über den Erfolg seines Widersachers blies der Baron schnaufend die Backen auf. Durch die Fenster der Fregatte war zu sehen, dass sie fast den Orbit erreicht hatten und die Atmosphäre den Sternen auf indigofarbenem Hintergrund wich. Verzweifelt wandte er sich wieder de Vries zu. »Aber warum mögen sie Leto so sehr, Piter? Warum ihn und nicht mich? Was hat ein Atreides jemals für sie getan?«
Der Mentat runzelte die Stirn. »Popularität kann eine kostbare Münze sein, wenn sie angemessen verteilt wird. Leto Atreides bemüht sich aktiv um die Unterstützung des Landsraads.
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