Dune Legenden 02 - Der Kreuzzug
seine Frau und eine komplette Gewürzkarawane in einem grausamen Sandsturm verloren. Dann war sein Sohn Mahmad an einer üblen Krankheit gestorben, die von einer anderen Welt eingeschleppt worden war. Inzwischen hatte er sich an den Kummer gewöhnt. Doch der Tod seines geliebten Enkels Aziz, der alles getan hatte, um seinen Großvater zufrieden zu stellen, trieb ihn tiefer in die Verzweiflung als alles andere. Und in diesem Fall wusste Dhartha genau, wer daran die Schuld trug.
Der Gedanke an Rache hatte ein ganzes Jahr lang an ihm genagt, und jetzt war er zum Handeln bereit.
Er saß in einer Versammlungshöhle und blickte finster die Stammesältesten an. Dies war keine Zusammenkunft des Rats oder eine Debatte, sondern eine Bekanntmachung, und alle Anwesenden wussten, dass sie dem Naib nicht widersprechen sollten. Seine gewürzblauen Augen waren rot unterlaufen, als hätte ihn jemand mit einem stumpfen Messer angegriffen.
»Selim war ein Waisenjunge, ein undankbares Kind und – was das Schlimmste war – ein Wasserdieb. Er war noch jung, als unser Dorf ihn verbannt hat, im Bewusstsein, dass ihn schon bald ein Wüstendämon verschlingen würde. Doch seit er allein davonging, war er wie Sand, der über eine Fleischwunde reibt. Selim versammelt kriminelle Elemente um sich, um unsere Dörfer zu plündern und unsere Karawanen zu überfallen.«
Er blickte in die Runde. »Wir haben versucht, mit ihm zu verhandeln. Mein eigener Enkelsohn hat ihm eine Nachricht überbracht, in der wir Selim baten, sich wieder unserer Gemeinschaft anzuschließen. Aber dieser verlorene Sohn unseres Stammes hat einen Pakt mit Shaitan persönlich geschlossen. Er hat nur über mein Angebot gelacht und Aziz mit leeren Händen zurückgeschickt.«
Die Ältesten sahen Dhartha erwartungsvoll an. Sie nippten an kleinen Tassen mit gewürztem Kaffee. Er bemerkte, dass die meisten Kleidung trugen, die von fremden Welten stammte.
»Selim Wurmreiter gab sich nicht damit zufrieden, meine Einladung zurückzuweisen, er wagte es obendrein, den Kopf meines unschuldigen Jungen mit törichten Ideen zu füllen. Es war von Anfang an die Absicht des Gesetzlosen, Aziz zu diesem waghalsigen Versuch zu verleiten, obwohl er genau wusste, dass Shaitan ihn verschlingen würde. Es war Selims Rache an mir.« Er sah sich erneut um und zitterte am ganzen Körper. »Ist hier irgendjemand anderer Ansicht?«
Die Männer schwiegen, bis einer der Ältesten zu antworten wagte. »Aber was sollen wir dagegen tun, Naib Dhartha?«
»Wir haben seine Schikanen jahrelang geduldet. Es ist Selims erklärtes Ziel, die Gewürzernte zu behindern und unsere Geschäfte mit den Weltraumhändlern zu stören – die Geschäfte, die unserem Dorf Wohlstand verschafft haben. Ich sage, dass es tausend Gründe gibt, warum wir Selim und seine Banditen vernichten müssen. Wir müssen diese Räuber ausrotten, solange sich unsere Männer noch an die rauen Sitten der Wüste erinnern. Wir müssen unsere Krieger zusammenrufen und die Festung des Wurmreiters angreifen.«
Er reckte die Faust und erhob sich. »Ich rufe zu einem Kanly-Rachefeldzug auf! Unsere besten Krieger sollen mir folgen und Selim ein für alle Mal vernichten!«
Alle Versammelten standen ebenfalls auf, einige zögernd, aber alle reckten die Faust in die Luft. Wie Naib Dhartha erwartet hatte, gab es niemanden, der Einwände vorbrachte.
* * *
Die Vision von Shai-Hulud war noch nie so klar gewesen. Selim setzte sich in der Dunkelheit auf seiner Pritsche auf. Ein paar schwach glimmende Leuchtgloben, die sie von Gewürzkarawanen erbeutet hatten, hingen im Korridor und verbreiteten trübes Licht, doch er schätzte, dass es draußen noch finster und der Morgen fern war. Er blinzelte und verschob seinen Blick von der prophetischen Vision auf die weltliche Umgebung.
Jetzt sehe ich es ganz deutlich!
Neben ihm schlief Marha friedlich. Sie fühlte sich warm, weich und vertraut an. Sie waren jetzt seit einem Jahr verheiratet, und sie war bereits mit ihrem ersten Kind schwanger. Doch ihm kam es so vor, als wäre sie schon immer ein Teil seines Lebens und seiner Legende gewesen. Er beobachtete sie, als sie sich rührte, obwohl er nichts getan hatte, das ihren Schlaf hätte stören können. Marha hatte ein so genaues Gespür für ihren Mann, dass es ihr nicht entging, wenn sich seine Stimmung änderte.
Als Schlafnische hatte sich Selim eine der inneren Höhlen ausgesucht, in deren Wände Muadru-Runen eingeritzt waren, die unentzifferbaren
Weitere Kostenlose Bücher