Dune Legenden 02 - Der Kreuzzug
kräftig auf die Welt kommt.«
Er musste nicht fragen, wie sie das bewerkstelligen wollte. Er hatte nie behauptet, die vielen erstaunlichen Dinge zu verstehen, zu denen Norma imstande war – weder vor noch nach ihrer seltsamen Metamorphose.
Vor kurzem war ihre Mutter in die Höhlenstadt auf dem nahen Rossak zurückgekehrt, um dort den letzten Monat ihrer Schwangerschaft zu verbringen. Trotz neuer Medikamente, die sein pharmazeutisches Unternehmen aus der Dschungelvegetation entwickelt hatte, machte sich Zufa Cevna Sorgen, dass etwas mit ihrem Kind passieren könnte, das von Iblis Ginjo gezeugt worden war. Sie verfügte nicht über Normas Fähigkeiten der zellularen und biochemischen Manipulation.
Venport reagierte immer noch mit gemischten Gefühlen, wenn er Zufa ansah. Während sie sich auf der Schiffswerft aufgehalten hatte, war ihm gelegentlich ein trauriger Blick in den blassen Augen der Zauberin aufgefallen. Vor langer Zeit hatte sie ihm wirklich etwas bedeutet, doch Zufa hatte ihn immer nur verachtet und sich mit anderen Dingen beschäftigt. Ihre ganze Leidenschaft hatte nicht ihm, sondern den Kriegsbemühungen und ihren persönlichen Fortschritten gegolten ...
Ganz anders als Norma – zum Glück.
Venport hörte krachende telekinetische Explosionen in der Ferne. Für dieses ungewöhnliche und äußerst wichtige Unternehmen hatte Zufa vierzehn ihrer mächtigsten jungen Zauberinnen nach Kolhar geholt, um während ihrer Abwesenheit über die Baustelle zu wachen. Die begabten Frauen sorgten für einen »telepathischen Verteidigungsschild«, indem sie nach außen horchten und nach Gefahren Ausschau hielten. Obwohl die Anlagen auf der Ebene und der Raumschiffsverkehr in der Nähe des Planeten von Söldnern überwacht wurde, standen den Zauberinnen ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung.
Gerüchten zufolge führten die Cymeks nun Krieg gegen Omnius, aber niemand konnte das Verhalten dieser Hybriden vorhersagen. Kein Cymek auf Raubzug würde einen Angriff auf Kolhar überleben. Kein Spion der Maschinen konnte mit den Geheimnissen der Schiffswerft entkommen. Norma setzte alles daran, dieses Projekt nicht zu verlieren, wie es mit ihrer Forschungsanlage auf Poritrin geschehen war.
Sie würde es trotz aller Widrigkeiten schaffen.
* * *
Als ihre Schwangerschaft über den achten Monat hinausging, wünschte sich Zufa Cevna, sie könnte ganz auf Männer verzichten und sich selbst befruchten, um androgyn ein Kind auf die Welt zu bringen, genauso wie die antike Göttin Sophia von der Alten Erde. Doch die Höchste Zauberin des Djihad musste mit den Unvollkommenheiten ihres sterblichen Körpers leben. Für ihre Tochter Norma mit ihren erweckten mentalen und kreativen Fähigkeiten schienen ganz andere Bedingungen zu gelten.
Nach der Folter und nahezu vollständigen Zellzerstörung hatte Norma ihren Körper von Grund auf neu erschaffen. Nachdem sie nun Aurelius Venport geheiratet hatte – dessen genetische Ausstattung sehr vorteilhaft war, wie Zufa wusste –, würde Norma zweifellos ein völlig neues Potenzial ihrer Reproduktionsfähigkeit entdecken ...
Außerdem hatte Norma einen Weg gefunden, den telepathischen Sturm, mit dem sich die Cymeks auslöschen ließen, so zu beherrschen, dass sie selbst nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde. Zufa wünschte sich, sie könnte diese Fähigkeit erlernen und sie an ihre telepathischen Einsatzkommandos weitergeben ...
Zufa stand vor einer Fensteröffnung in den Lavahöhlen und blickte auf das Blätterdach hinaus und nahm die Mischung feuchter, lebendiger Gerüche wahr. Sie war in die geschützten Städte heimgekehrt, um hier ihre Schwangerschaft zu Ende zu bringen. Sie erinnerte sich nur zu gut an die vielen schmerzhaften Fehlgeburten, die Missbildungen und die katastrophalen Enttäuschungen.
Welche Ironie, dass Norma nun wider Erwarten zu diesem makellosen, talentierten Kind geworden war. Zufa dachte mit gemischten Gefühlen an ihre Tochter. Sie empfand Stolz auf das, was sie geworden war und sich vorgenommen hatte, aber auch Verwirrung und sogar Furcht. Zufa fürchtete sich vor allem, was sie nicht verstand. Und sie hatte Schuldgefühle, weil sie die junge Frau all die Jahre ungerecht behandelt hatte.
Der Funke, das Potenzial muss die ganze Zeit da gewesen sein – aber ich konnte ihn nicht sehen. Ich, die größte Zauberin, war blind für die Möglichkeiten meines eigenen Fleisches und Blutes.
Jetzt wollte Zufa den grandiosen Traum ihrer Tochter unterstützen,
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