Dune Legenden 03 - Die Schlacht von Corrin
wenigstens noch ein paar gemeinsame Jahre vor sich gehabt. Hätte er nur seine Enkelin Raquella zu Leronica bringen können, damit sie sich ihrer annahm. Falls Raquella überhaupt noch am Leben war ...
Wieder verzog Leronica die pergamentartigen Lippen zu einem Lächeln, und sie drückte seine Hand. »Ich bin dreiundneunzig, Vorian. Du magst einen Weg gefunden haben, das Alter von dir fern zu halten, aber mir bleibt so etwas ein Rätsel.« Sie schaute ihm aus der Nähe ins Gesicht und wischte ihm ein wenig von der Altersschminke vom Mundwinkel. Ihre Finger beseitigten die vorsätzlich hinzugefügten Fältchen. Seine Versuche, sie zu täuschen, hatten sie schon immer amüsiert. »Du hast dich kein bisschen verändert.«
»Und du bist für mich so schön wie eh und je«, sagte Vorian.
An diesem und am folgenden Tag wich Vorian kaum von ihrer Bettkante. Währenddessen drängten sich Estes, Kagin und ihre Familien in der Wohnung, und alle gaben sich beträchtliche Mühe, ihre Anspannung zu verhehlen. Auch die Zwillingsbrüder merkten, dass Leronica sich in Vorians Gegenwart viel lebhafter zeigte.
Sie hatte geringe Ansprüche, bat nur gelegentlich um Süßigkeiten, nach denen sie einen lebenslangen Hang gehabt hatte, und Vorian gönnte ihr alles, was sie wünschte, achtete nicht auf die Blicke der Missbilligung, die ihm Kagin zuwarf, wenn er sich auf die ärztlichen Anweisungen berief. Vorian klammerte sich an einen Hoffnungsfaden, der jedoch mit jeder Stunde dünner wurde.
Am zweiten Tag saß Vorian gegen Abend, als durch die Fenster rötlicher Sonnenschein ins Schlafzimmer drang, an Leronicas Bett und betrachtete die Greisin, die in unruhigem Schlaf lag. In der vergangenen Nacht war er auf einer unbequemen Liege im Zimmer immer nur kurz eingenickt, und nun spürte er die Übermüdung am ganzen Körper. Er erinnerte sich daran, auf verwüsteten Schlachtfeldern in kargen Unterständen schon besser geschlafen zu haben. Doch während das Sonnenlicht in schrägen Strahlen auf Leronicas faltiges Gesicht fiel, sah er sie in seiner Erinnerung so, wie er sie kennen gelernt hatte, als Kellnerin, die Tang-Bier und Mahlzeiten in einer Hafenschenke auf Caladan servierte.
Sie bewegte sich und öffnete die Augen. Vorian beugte sich vor und küsste sie auf die Stirn. Im ersten Moment erkannte Leronica ihn nicht, aber dann klärten sich ihre Sinne, und sie schenkte ihm ein melancholisches Lächeln. Ihre dunklen, nussbraunen Augen waren unvermindert schön, und darin spiegelte sich die tiefe, selbstlose Liebe, die sie in all den Jahrzehnten für ihn empfunden hatte.
»Nimm mich in die Arme, Liebster«, sagte sie. Ihre Stimme erstickte durch die Anstrengung, die ihr die wenigen Wörter verursachten. Dann spürte Vorian, während ihm in seiner Hilflosigkeit das Herz zu brechen drohte, wie sie in seinen Armen starb. Im letzten Augenblick rang sie noch einmal nach Atem und flüsterte seinen Namen, und er dankte es ihr, indem er langsam, wie eine zärtliche Berührung, ihren Namen nannte.
Als er die Tränen nicht mehr unterdrücken konnte, brach Vorian in leises Weinen aus.
Kagin erschien an der Tür. »Quentin Butler ist da und möchte dich sprechen. Es betrifft den Djihad, er behauptet, es sei wichtig.« Dann sah er seine Mutter und Vorians Tränen, begriff plötzlich, was geschehen war. Sein Gesicht wurde bleich. »Oh nein! Nein ...!« Kagin stürzte ans Bett und kniete neben Leronica nieder, doch sie rührte sich nicht mehr, und Vorian ließ sie nicht los.
Als Kagin in lautes, krampfhaftes Schluchzen verfiel, sah er so bemitleidenswert aus, dass Vorian endlich doch von ihr abließ und seinem Sohn einen Arm um die Schultern legte. Kurz wechselte Kagin mit ihm einen Blick der gemeinsamen Trauer. Estes kam ins Schlafzimmer und blieb ruckartig stehen, zögerte unwillkürlich, als hoffte er, die Wahrheit noch einige Sekunden lang leugnen zu können.
»Sie ist tot«, stellte Vorian fest. »So traurig es auch ist ...« Fassungslos schaute er die beiden dunkelhaarigen Männer an, die sich so stark ähnelten.
Estes stand starr wie eine Skulptur da. Kagin warf seinem Vater einen kalten Blick zu. »Geh und kümmere dich mit Primero Butler um deinen Militärkram. So ist es doch immer gewesen. Warum sollte es heute, da sie tot ist, anders sein? Lass uns mit unserer verstorbenen Mutter allein.«
Benommen erhob sich Vorian – er konnte sich kaum bewegen – und schlurfte ins Wohnzimmer. Dort erwartete ihn sichtlich schockiert, aber in
Weitere Kostenlose Bücher