Dune-Stories: Träume vom Wüstenplaneten
Anarchie. Und als es vorbei war, verbot man den Menschen, jemals wieder solche Maschinen herzustellen.«
»Ihr habt mir immer noch nicht gesagt, wo Ihr herkommt.«
Sie lachte laut, ein kurzer Ausbruch voller Wärme. »Ach, mein Lieber, das tue ich doch gerade. Manches, was diese sogenannten Denkmaschinen getan hatten, musste nach wie vor getan werden, verstehst du? Also erinnerte sich jemand daran, dass bestimmte Menschen auf die gleiche Art denken konnten.«
»Auf welche Art?«
»Sie konnten alle möglichen Informationen aufnehmen und sie jederzeit wiedergeben. Sie hatten das, was man als eidetisches Gedächtnis bezeichnet. Und mehr. Sie konnten komplizierte Fragen beantworten. Mathematische Fragen. Militärische Fragen. Gesellschaftliche Fragen. Fragen der Wahrscheinlichkeit. Sie konnten alle möglichen Arten von Informationen schlucken und Antworten ausspucken, wenn man Antworten brauchte.«
»Sie waren Menschen«, sagte er.
»Das waren sie, zumindest die meisten.«
»Was meint Ihr mit ›die meisten‹?«
»Das ist nicht weiter wichtig, Junge. Deine Mutter kann dir von Inselbegabungen und ähnlichen Dingen erzählen, wenn du sie fragst. Ich will gerade erklären, wo ich herkomme. So war es. Man gründete Schulen, um diese spezielle Art von Menschen auszubilden. Eine solche Schule war die der Bene Gesserit. Darin gab es einen Menschen, der die Notwendigkeit sah, Menschen von Tieren zu trennen. Als Zuchtbestand. Doch unter den Tieren wurden immer wieder zufällig Menschen geboren, aufgrund von ... Vermischung.« Sie glaubte, seine Aufmerksamkeit nachlassen zu sehen, und blaffte: »Begreifst du all das?«
»Ich weiß, wie wir die besten Stiere aussuchen«, sagte er. »Durch die Kühe. Wenn die Kühe stattlich sind, werden die Stiere es auch sein.«
»Ja, natürlich«, sagte sie. »Das ist eine allgemeine Regel. Männer sind die Macher, und Menschenmänner kommen zu den Bene Gesserit. Jedenfalls war die Bene-Gesserit-Schule erfolgreich. Wir haben vor allem Frauen produziert ... als Zuchtmütter. Stattliche Frauen. Schöne Frauen. Aber im Neuen Imperium konnten wir uns nur in bestimmter Weise betätigen. Einiges von dem, was wir taten, musste geheim bleiben. Du weißt, dass das, was ich dir erzähle, geheim ist, nicht wahr?«
Er nickte geistesabwesend. Es war offensichtlich, dass sie von Geheimnissen sprach. Er machte sich über andere Dinge Gedanken. Einen davon sprach er aus: »Aber ich bin ein Junge.«
Vielleicht ist er derjenige, dachte die Alte. So reif für sein Alter. So aufmerksam.
Sie sagte: »Männer haben ihren Nutzen. Und wir haben schon immer nach einer besonderen Art von Mann gesucht.«
»Was für eine Art von Mann?«
»Wir haben zu wenig Zeit«, sagte sie. »Deine Mutter wird es dir erklären müssen. So viel kann ich dir in Kürze sagen: Der Mann, den wir brauchen, wird selbst wissen, dass er dieser Mann ist. Wenn er das über sich herausfindet, wird es das Ende seiner Lehrzeit sein.«
»Ihr haltet mich nur hin«, sagte Paul. Er war wütend. Nichts an der Welt der Erwachsenen war ihm verhasster als diese Form von Enttäuschung.
»Ja, das tue ich«, gab sie zu. »Aber du wirst mir vorerst vertrauen müssen. Es ist mir nicht nur unmöglich, deine Frage hier und jetzt zu beantworten, es könnte dir auch schaden. Das Wissen muss sozusagen in dir wachsen, bis zu dem Tag, an dem du sein Erblühen spürst. Man kann es nicht erzwingen. Wir glauben zu wissen, welches Klima es braucht, aber ...« Sie schüttelte den Kopf.
Die offensichtliche Unsicherheit der Alten erschütterte Paul. Eben noch war sie eine Göttin, Quell allen Wissens gewesen. Und jetzt ... sah er, wie sie ihm offenbarte, dass sie etwas nicht wusste. Und dieses Etwas hatte mit ihm zu tun. Er fasste diesen Eindruck nicht in Worte. Er spürte ihn nur. Es war, als hätte er sich verirrt.
»Es wird Zeit, dass du deine Mutter hereinrufst«, sagte sie. »Du hast einen anstrengenden Tag vor dir.«
PAUL UND THUFIR HAWAT
Paul starrte den alten Mann weiter an. »Thufir, mir ist gerade etwas eingefallen.«
»Hm?«
»Ich weiß eigentlich nur sehr wenig über dich.«
»Was meinst du damit?« Hawat musterte Paul prüfend und fragte sich: Will mich dieser Flegel etwa beleidigen? Zweifelt er an meiner Loyalität?
»Ich meine, ich weiß nichts Ernsthaftes über dich«, sagte Paul, »zum Beispiel, ob du jemals verheiratet warst, oder ...«
»Ich hatte Frauen«, knurrte der Alte.
»Und Kinder?«
»Kann sein.«
»Aber keine
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