Dune-Stories: Träume vom Wüstenplaneten
ich draußen im Regen stand und das Burgtor verschlossen war und die Hunde in ihren Käfigen bellten und Gurney und Duncan Idaho neben mir standen, und Duncan stolperte und stieß gegen mich, sodass ich mich am Arm verletzte. Es tat nicht besonders weh, aber Duncan tat es furchtbar leid. Und genau das geschah dann, als ich zehn war.«
»Wann hast du das geträumt?«
»Ach, das ist lange her. Bevor ich ein eigenes Zimmer hatte. Das war, als ich noch klein war und in einem Raum mit meiner Amme neben mir schlief.«
»Erzähl mir, wann das noch geschehen ist.« Der Tonfall der alten Frau war angespannt.
Sie räusperte sich. »Diejenigen von uns, die nicht den Status der Ehrwürdigen Mutter erreicht haben, wissen nur das über die Suche, was wir ihnen sagen. Dir werde ich jetzt ein wenig mehr erzählen. Eine Ehrwürdige Mutter kann spüren, was in ihren eigenen Körperzellen vorgeht – in jeder einzelnen. Wir können in den zellularen Kern des Selbst schauen, doch dort finden wir ...« Sie holte tief und zitternd Luft. »Jenes, wovon ich bereits gesprochen habe. Die Leere, der wir nicht gegenübertreten können. Sie ist furchteinflößend. In dieser Richtung liegt Dunkelheit ... Der Ort, den wir nicht betreten können. Vor langer Zeit hat eine der Unsrigen erahnt, dass eine männliche Kraft nötig ist, um an diesen Ort zu schauen. Seitdem hat jede von uns beim Erreichen der Ehrwürdigkeit erkannt, dass dies der Wahrheit entspricht.«
»Was ist daran so wichtig?«, fragte Paul in verdrießlichem Tonfall.
»Stell dir vor, du hättest einen Truppentransporter mit nur einem halben Antrieb«, antwortete sie. »Wenn du die andere Hälfte findest, hast du die vollständige Einheit, die du brauchst, um den Transporter in Bewegung zu setzen.«
»Man muss beide Hälften immer noch zusammensetzen und zum Laufen bringen«, höhnte Paul. »Kann ich jetzt gehen?«
»Willst du nicht hören, was sie dir über den Kwisatz Haderach erzählen kann?«, sagte Jessica zu Paul und lächelte der Ehrwürdigen Mutter zu.
»Die Männer, die versucht haben, diesen Ort ... zu betreten«, setzte Paul noch einmal an, »sind das diejenigen, von denen Ihr sagtet, dass Sie gestorben sind?«
»Es gibt eine letzte Hürde, die sie offenbar nicht überwinden können«, antwortete die Alte.
Seine Stimme war nun keine Kinderstimme mehr, sondern klang trotz ihrer hohen Tonlage alt und grimmig. »Was für eine Hürde?«
»Wir können es dir nur andeuten.«
»Dann deutet es an.«
»Ich soll es andeuten und verdammt sein?« Sie lächelte ironisch. »Nun gut: Das, was sich unterwirft, herrscht .«
»Das ist eine Andeutung?«
Sie nickte. »Indem man sich unterwirft, herrscht man.«
»Herrschen und sich unterwerfen stehen im Gegensatz zueinander«, sagte er.
»Ist der Raum dazwischen leer?«
»Oh.« Er schaute sie an. »Das ist das, was meine Mutter als Spannung-mit-Bedeutung bezeichnet. Ich werde darüber nachdenken.«
»Tu das.«
»Warum mögt Ihr mich nicht?«, fragte Paul. »Liegt es daran, dass ich kein Mädchen bin?«
Die Ehrwürdige Mutter warf Jessica einen strengen, fragenden Blick zu.
»Ich habe ihm nichts davon erzählt«, sagte Jessica.
»Das ist es also«, sagte Paul. »Kann eine Frau etwas dafür, wenn ihr Kind ein Junge ist?«
»Frauen haben schon immer das Geschlecht ihrer Nachkommen bestimmt«, erklärte die Ehrwürdige Mutter, »indem sie Spermien annehmen oder zurückweisen. Selbst als sie den entsprechenden Mechanismus noch nicht kannten, waren sie dazu in der Lage. Das ist in gewisser Weise notwendig zur Arterhaltung, und die Männer müssen sich dem unterwerfen.«
Er nickte. »Indem wir uns unterwerfen, herrschen wir.«
»Das ist ein Teil davon.«
Hinter ihm sagte Jessica: »Aber Menschen dürfen sich niemals Tieren unterwerfen.«
Er blickte zu seiner Mutter und dann wieder zur Alten.
»Konzentriere dich auf deine Ausbildung, Junge, auf alles, was du gelernt hast«, sagte die Alte. »Das ist deine einzige Chance, zu einem Herrscher zu werden.«
»Was ist mit meinem Vater?«, fragte Paul. »Sind wir nur ...?«
»Deine Mutter hat ihn gewarnt«, erwiderte die Alte. »Und zwar entgegen ihrer eindeutigen Anweisungen, wie ich hinzufügen möchte. Aber das ist nicht die erste Regel der Bene Gesserit, die sie gebrochen hat.«
Jessica wandte den Blick ab.
Ohne sie zu beachten, fuhr die Ehrwürdige Mutter fort. »Natürlich liebst und respektierst du deinen Vater. Wenn es etwas gibt, das du tun kannst, um
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